Umsatzsteuer bei Bilanzgestaltung mittels Sale-and-Lease-Back

 

Der zugrunde liegende Fall

Die I-GmbH entwickelte elektronische Systeme. Da es sich hierbei um selbst erstellte immaterielle Wirtschaftsgüter handelt, konnten diese nicht aktiviert werden. Um mehr Eigenkapital in der Bilanz auszuweisen, initiierte die I-GmbH ein Sale-and-Lease-Back-Geschäft. Sie verkaufte im Dezember 2006 die Systeme an die A-GbR (Klägerin) für 960.000 € zzgl. Umsatzsteuer und leaste diese anschließend für 48 Monate zurück. Für den Kauf gewährte die I-GmbH der A-GbR ein Darlehen. Hierdurch konnte die I-GmbH eine Forderung gegenüber der A-GbR in der Bilanz ausweisen. Im März 2007 rechnete die Klägerin die gesamten Leasinggebühren gegenüber der I-GmbH ab und unterwarf die monatlichen Leasingraten der Umsatzsteuer. Die I-GmbH zahlte die erste Rate für Februar 2007 und leistete anschließend keine weiteren Zahlungen mehr. Die A-GbR kündigte daraufhin den Vertrag im Januar 2008, im Juli 2008 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der I-GmbH eröffnet.

Der Streitpunkt zwischen Finanzamt und Finanzgericht

Im Gegensatz zur Klägerin sah das Finanzamt den gesamten Vorgang nicht als umsatzsteuerpflichtige Leasingleistung nebst Darlehensgewährung an, sondern als steuerfreie Kreditgewährung; entsprechend versagte es den Vorsteuerabzug aus dem Ankauf der Systeme. Die ausgewiesene Umsatzsteuer auf die Leasingraten schuldete die Klägerin weiter, da diese nun als unberechtigt ausgewiesen galt. Insgesamt forderte das Finanzamt ca. 52.000 € nach. Die hiergegen gerichtete Klage wurde vom zuständigen Finanzgericht abgewiesen. Der Bundesfinanzhof hob diese Entscheidung auf und verwies den Fall an das Finanzgericht zurück. Denn die Klägerin habe keine Kreditgewährung erbracht, sondern eine „Mitwirkungsleistung“, die darin bestand, der I-GmbH bei der bilanziellen Gestaltung zu helfen. Im zweiten Rechtsgang gab das Finanzgericht der Klage statt, es qualifizierte die Mitwirkungsleistung als einmalige Leistung, die schon im Jahr 2006 also vor dem Streitjahr erbracht wurde. Nun ging das Finanzamt in Revision, da die A-GbR keine einmalige Leistung, sondern zu einer Dauerleistung führende Teilleistungen in 2007 erbracht habe.

Entscheidung des Bundesfinanzhofs

Der Bundesfinanzhof stimmt dem Finanzamt zwar zu, dass es sich um eine Dauerleistung handelt, weist die Revision aber dennoch zurück. Denn die Dauerleistung sei nicht im Jahr 2006, auch nicht im Streitjahr 2007, sondern erst im Jahr 2008 erbracht worden. Zur Begründung verweist der Bundesfinanzhof darauf, dass Dauerleistungen erst mit Beendigung des entsprechenden Rechtsverhältnisses erbracht werden, also im vorliegenden Fall mit der Kündigung im Jahr 2008. Auch wurden 2007 keine steuerpflichtigen Teilleistungen erbracht, da eine Mitwirkungsleistung nicht teilbar ist; die Vereinbarung monatlicher Raten ist insoweit unerheblich. Ferner stellt der Bundesfinanzhof klar, dass die Klägerin ihre Leistung auf der vertraglichen Grundlage mehrerer Rechtsverhältnisse, eines Kauf- eines Darlehens- und eines Leasingvertrages erbracht hat, diese jedoch umsatzsteuerlich in eine Mitwirkungsleistung umqualifiziert werden. Daher ist als Entgelt für die Mitwirkungsleistung auch nicht die Summe der „Leasingraten“ anzusetzen, sondern der Saldo aus Leasingraten, Kaufpreis und Darlehenszinsen. Aus diesem Grund verneint der Bundesfinanzhof auch das Vorliegen von steuerpflichtigen Anzahlungen im Jahr 2007, da die von der Klägerin vereinnahmte Rate, den an die I-GmbH gezahlten Kaufpreis nicht überstiegen hat, im Saldo also zu diesem Zeitpunkt mehr ausgezahlt als vereinnahmt wurde.

Konsequenzen

Wer Sale-and-Lease-Back-Geschäfte abschließt, sollte sich über die komplexen umsatzsteuerlichen Folgen im Klaren sein bzw. diese im Vorfeld klären lassen. Ansonsten besteht die Gefahr erheblicher Steuernachforderungen, sollte die gewählte Gestaltung umsatzsteuerlich – abweichend vom Zivilrecht - nicht korrekt qualifiziert werden. Zu differenzieren ist zwischen den steuerpflichtigen Leistungen normales Leasing sowie der Mitwirkung bei bilanzpolitischen Gestaltungen einerseits und der steuerfreien Kreditgewährung andererseits. Auch wenn die beiden erstgenannten Leistungen der Umsatzsteuer unterliegen, ist im Hinblick auf die zutreffende Ermittlung des Zeitpunkts der Entstehung der Umsatzsteuer sowie der Bemessungsgrundlage eine korrekte Abgrenzung zwischen beiden Fällen nötig. Angesichts der Komplexität des Themas sollte im Zweifel steuerlicher Rat eingeholt werden. Ggf. ist auch die Absicherung durch das Einholen einer verbindlichen Auskunft sinnvoll, um Risiken zu vermeiden. Unsere Umsatzsteuer-Experten helfen Ihnen hier gerne weiter.

Gert Klöttschen

Steuerberater

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