Grunderwerbsteuer: Übernahme Erschließungskosten bei Grundstückskauf
Kernaussage
Bei Erwerb eines Grundstücks wird Grunderwerbsteuer fällig. Die Steuer bemisst sich gemäß § 8 Abs. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) nach dem Wert der Gegenleistung für das Grundstück. Als Gegenleistung gilt jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb von Grundstücken gewährt. Diese sehr allgemein gehaltene Begriffsdefinition führt in der Praxis nicht selten zu divergierenden Ansichten von Finanzämtern und Steuerpflichtigen hinsichtlich der Frage, ob eine Leistung als Gegenleistung für einen Grundstückserwerb anzusehen ist oder nicht. Jüngst musste sich das Finanzgericht Münster der Frage annehmen, ob die vom Erwerber vertragsgemäß zu übernehmenden Erschließungskosten für das Grundstück Bestandteil der grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage sind.
Sachverhalt
Die Kläger erwarben von einer Immobiliengesellschaft ein unbebautes Grundstück. Gemäß Kaufvertrag beinhaltete der Kaufpreis neben dem Grundstückskaufpreis auch die Kosten für die Erschließung des Grundstücks. Das Finanzamt setzte die Grunderwerbsteuer auf Basis des vertraglich vereinbarten Kaufpreises fest, also einschließlich der von den Klägern zu tragenden Erschließungskosten. Die Kläger hingegen waren der Ansicht, ein unerschlossenes Grundstück gekauft zu haben; daher seien die Erschließungskosten nicht in die Bemessung der Grunderwerbsteuer einzubeziehen.
Entscheidung des Finanzgerichts Münster
Die Argumentation der Kläger teilte das Finanzgericht Münster nicht. Ob Erschließungskosten in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einfließen, beurteilt sich grundsätzlich danach, ob das Grundstück unerschlossen oder erschlossen bzw. mit der Verpflichtung des Veräußerers, es erschlossen zu übergeben, Gegenstand des Kaufvertrags ist. Im vorliegenden Fall war das Grundstück zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht erschlossen, aus den Vereinbarungen des Kaufvertrags ließ sich nach Ansicht des Gerichts aber ableiten, dass Vertragsgegenstand die Übereignung eines erschlossenen Grundstücks war. Ein wesentliches Indiz dafür sahen die Richter:innen in der Vereinbarung eines einheitlichen und festen Kaufpreises für den Kaufgegenstand, wobei ausdrücklich festgehalten wurde, dass in diesem Kaufpreis die Kosten für die von der Verkäuferin noch durchzuführenden Erschließung enthalten waren. Damit werde dokumentiert, dass die Vertragsparteien weder eine reine Abgeltungsvereinbarung der Erschließungskosten noch eine Übernahmevereinbarung bezüglich der Erschließungsbeiträge getroffen haben.
Konsequenz
Der Fall ist mittlerweile beim Bundesfinanzhof anhängig. Das Finanzgericht Münster ließ die Revision auch deshalb zu, weil ein ähnlicher Sachverhalt bereits seit Dezember 2020 dem Bundesfinanzhof zur Klärung vorliegt. Betroffene Käufer sollten in vergleichbaren Fallgestaltungen Einspruch gegen ihren Steuerbescheid einlegen und mit Verweis auf das Aktenzeichen das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung beantragen.
Finanzgericht Münster, Urteil vom 18.3.2021, 8K 1438/19 GrE