GmbH-Geschäftsführer: Sind Wettbewerbsverbote fast immer unwirksam?

Wettbewerbsverbote dürfen berufliches Fortkommen nicht beeinträchtigen

In nahezu jedem Geschäftsführer-Dienstvertrag ist ein (nachvertragliches) Wettbewerbsverbot zulasten des GmbH-Geschäftsführers zu finden. Ziel der Klausel ist es, die vertraulichen Unternehmensinformationen, die der Betreffende während seiner Tätigkeit für die Gesellschaft erlangt hat, zu schützen. Ob dieses legitime Ziel rechtlich wirksam umgesetzt ist, bestimmt sich im Streitfall nach der Vorschrift im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zur Sittenwidrigkeit von Rechtsgeschäften (§ 138 BGB). Hierzu stellte das Kölner Oberlandesgericht (OLG) aktuell klar, dass die Interessen von Vorständen, Geschäftsführer:innen und leitenden Angestellten den Unternehmensinteressen in der Praxis vorgehen.

Geschäftsführer: Nachvertraglichen Wettbewerbsverboten nicht schutzlos ausgeliefert

Die ehemalige Geschäftsführerin einer GmbH stritt mit dieser um die Wirksamkeit des in ihrem Anstellungsvertrag geregelten nachvertraglichen Wettbewerbsverbots. Das Verbot untersagte ihr die direkte oder indirekte Ausübung von Geschäftsaktivitäten, die mit den Geschäftstätigkeiten der GmbH in deren Tätigkeitsgebiet am Tag der Kündigung des Anstellungsvertrags konkurrierten, und verbot ihr weiterhin, „als Mitglied der Geschäftsführung oder als Angestellte, Beraterin oder Vertreterin oder auf sonstige Weise für ein Unternehmen direkt oder indirekt tätig zu sein, das eine Konkurrenztätigkeit zur GmbH ausführte“. Die Geschäftsführerin meinte, dies komme einem Berufsverbot gleich, und fühlte sich inakzeptabel in ihren Rechten eingeschränkt. Sie zog vor Gericht und wollte – zunächst vorläufig – festgestellt wissen, dass das nachvertragliche Wettbewerbsverbot unwirksam ist und der Aufnahme der von ihr beabsichtigten Tätigkeit als Geschäftsführerin einer anderen GmbH nicht im Wege steht. 

Gerichte schützen Geschäftsführer 

Zur Überraschung der GmbH gab das OLG Köln der Geschäftsführerin recht und urteilte, dass das nachvertragliche Wettbewerbsverbot jede Tätigkeit der Geschäftsführerin bei einem Wettbewerber verhindere, sie deshalb unangemessen benachteiligt und die Klausel nichtig sei. Die Richter:innen hoben dabei deutlich hervor, dass Wettbewerbsverbote nur dann zulässig sind, wenn sie für das Unternehmen sachlich, räumlich und zeitlich unerlässlich sind und die Berufsausübung des Geschäftsführers nicht unbillig erschweren. Insbesondere darf ein Wettbewerbsverbot nicht zur Ausschaltung des ehemaligen Geschäftsführers als potenziellem Wettbewerber eingesetzt werden. 

Wettbewerbsverbot versus Kundenschutzklausel

Die Entscheidung zeigt, dass die genaue Formulierung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots nicht auf die leichte Schulter genommen werden darf. Neben dem immer notwendigen berechtigten Interesse der GmbH ist klar, dass ein Wettbewerbsverbot nicht zeitlich dauerhaft wirken darf; als Faustformel gilt eine maximale Geltungsdauer von zwei Jahren. Auch eine räumliche Einschränkung (wo sitzen die Kunden?) ist unbedingt erforderlich. Grundsätzlich kann die Zahlung einer Karenzentschädigung helfen, sie vermag – etwa durch ihre Höhe – ein unwirksames Wettbewerbsverbot aber nicht zu heilen. Bei der Ausgestaltung des Dienstvertrags kann es daher sinnvoll sein, den Geschäftsführer ausdrücklich als Kundenschutzverpflichteten in eine Kundenschutzvereinbarung einzubeziehen, die jedenfalls das berufliche Fortkommen des Verpflichteten nicht beeinträchtigt. 

Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 1.6.2023 – 18 U 29/23

Dr. Olaf Lüke

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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