Sozialversicherungspflicht von Gesellschafter-Geschäftsführern in Dreieckskonstellationen

Kein Ausschluss von Sozialversicherungspflicht durch Vertragsbeziehung

Am 20.7.2023 hat das Bundessozialgericht (BSG) in drei Fällen entschieden, dass ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis auch dann bestehen kann, wenn Verträge nur zwischen Auftraggeber und einer Kapitalgesellschaft bestehen, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer eine natürliche Person ist, und auch nur in diesem Verhältnis Vergütungen gezahlt werden. Dem BSG zufolge sind für die Kategorisierung des Beschäftigungsverhältnisses als abhängige oder selbstständige Tätigkeit insbesondere die tatsächlichen Gegebenheiten maßgebend, nicht das Vorhandensein entsprechender Verträge. 

Die Entscheidungsfälle

In allen drei Fällen wurden zwischen dem Auftraggeber und der Kapitalgesellschaft Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen geschlossen. Die Erbringung der Tätigkeit erfolgte ausschließlich durch die natürliche Person, die alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Kapitalgesellschaft war. Das BSG entschied, dass es auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls ankommt. Der alleinige Vertragsschluss zwischen Auftraggeber und Kapitalgesellschaft reiche nicht aus, um die Sozialversicherungspflicht des Geschäftsführers auszuschließen. Vielmehr ist für die Beurteilung der Tätigkeit von Bedeutung, ob der Geschäftsführer der Kapitalgesellschaft in seiner Tätigkeit in die Organisation des Auftraggebers eingegliedert wurde.

Die Problematik der Scheinselbstständigkeit

Wurde fälschlicherweise eine selbstständige Tätigkeit angenommen – trotz tatsächlichem Vorliegen einer abhängigen Tätigkeit –, handelt es sich um eine Scheinselbstständigkeit. Diese hat zur Konsequenz, dass der Auftraggeber unter Berücksichtigung der Grenzen der Verjährung Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile der Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen muss und diese auch in voller Höhe alleine zu tragen hat.
Der in der Praxis häufig verfolgte Ansatz der Gründung einer Kapitalgesellschaft zur Vermeidung der Scheinselbstständigkeit und damit der Sozialversicherungspflicht ist nach den neuesten Entscheidungen des BSG nun endgültig nicht mehr zu empfehlen. 

Tipps für die Praxis

Kann eine abhängige Tätigkeit nicht konkret verneint werden, sollte bereits bei Beauftragung eines selbstständigen Dienstleisters ein Statusfeststellungsverfahren bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund durchgeführt werden. Doch auch hier ist Achtung geboten, denn ein Statusfeststellungsverfahren kann nur dann eine endgültige Sicherheit über den Sozialversicherungsstatus geben, wenn alle Angaben vollständig und richtig gemacht wurden und den tatsächlich gelebten Tatsachen entsprechen. Ändern sich die Verhältnisse oder weicht die gelebte Praxis von den schriftlichen Vereinbarungen ab, ist ein neues Statusfeststellungsverfahren anzustoßen.

Unternehmen sollten die Urteile zum Anlass nehmen, bereits bestehende vertragliche Beziehungen und deren Verwirklichung in der Praxis zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen, um Nachzahlungen und rechtliche Konsequenzen einer Scheinselbständigkeit zu vermeiden.

Sarah Müngersdorff

Steuerberaterin

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Björn Spilles

Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

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Wilma Koch

Steuerberaterin, Fachberaterin für Internationales Steuerrecht

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