EU einigt sich zur globalen Mindeststeuer
EU-Richtlinie ist in Kraft getreten
Am 22.12.2021 legte die EU-Kommission einen Richtlinienentwurf zur Umsetzung der Regelungen zur globalen Mindestbesteuerung (Pillar 2) in nationales Recht vor (Blogbeitrag vom 18.1.2022). Nach langen Diskussionen und politischen Verhandlungen, in denen zunächst Polen und zuletzt Ungarn ihr Veto gegen die Verabschiedung der Richtlinie eingelegt hatten, wurde gegen Jahresende eine Einigung erzielt. Die Richtlinie ist am 22.12.2022 im Amtsblatt der EU veröffentlicht worden und folglich am 23.12.2022 in Kraft getreten. Die Mitgliedstaaten sind nun verpflichtet, die Richtlinie bis zum 31.12.2023 in nationales Recht umzusetzen.
Vorbild: Musterregelungen der OECD
Die Richtlinie orientiert sich stark an den Vorgaben der OECD, die im Dezember 2021 sogenannte GloBE-Regelungen (Global Anti-Base Erosion) veröffentlicht hat. Diese sollen sicherstellen, dass große multinationale Unternehmensgruppen (das sind solche mit einem konsolidierten Umsatz von mindestens 750 Mio. €) ein Mindestmaß an Steuern auf die Einkünfte zahlen, die in jedem der Länder und Gebiete entstehen, in denen sie tätig sind. Die GloBE-Regeln umfassen eine vorrangig anzuwendende „Income Inclusion Rule“, die ähnlich wie eine Hinzurechnungsbesteuerung wirkt, und eine nachgelagert anzuwendende „Undertaxed Profits Rule“. Die Sicherstellung der Mindestbesteuerung erfolgt dabei durch die Erhebung einer Aufstockungssteuer (sogenannte Top-up Tax) auf Gewinne in Ländern, in denen der spezifisch effektive Steuersatz unter dem Mindestsatz liegt. Der effektive Mindeststeuersatz ist auf 15 % festgelegt.
Zeitliche Anwendung um ein Jahr verschoben
Der ursprüngliche Entwurf der Richtlinie sah eine Anwendung bereits ab dem 1.1.2023 bzw. 1.1.2024 für die Undertaxed Profits Rule vor. Durch die politische Verzögerung ist dieser Einführungstermin nicht zu halten und wurde daher um ein Jahr verschoben. Somit gilt die Mindeststeuer für Wirtschaftsjahre, die am oder nach dem 31.12.2023 beginnen (bzw. hinsichtlich der Undertaxed Profits Rule nach dem 31.12.2024). Gegenüber dem Entwurf wurden zudem noch weitere punktuelle Änderungen aufgenommen: So dürfen beispielsweise kleinere Mitgliedstaaten mit nur wenigen großen Mutterunternehmen für einen Übergangszeitraum von sechs Jahren auf die Umsetzung der Richtlinie verzichten.
Kurze Frist zur Umsetzung
Trotz der Verschiebung um ein Jahr ist die Frist für die betroffenen Unternehmen zur Vorbereitung auf die Neuerungen äußerst knapp bemessen. Insbesondere zur Ermittlung der landesspezifischen effektiven Steuersätze müssen eine Fülle von Informationen und Daten ermittelt und hochkomplexe Berechnungen angestellt werden. Steuerabteilung (oder externe Steuerberater:innen) und Konzern-Rechnungswesen müssen eng zusammenarbeiten, um die Vorgaben aus dem politisch ambitionierten Projekt umzusetzen. Dabei ist heute noch völlig offen, ob es durch die Mindestbesteuerung tatsächlich zu einem Ende des Steuerwettbewerbs zwischen den Staaten kommt oder ob es letztlich bei einem enorm hohen administrativen Aufwand zur Erfüllung einer weiteren Compliance-Norm bleibt.
Richtlinie (EU) 2022/2523 des Rates vom 14. Dezember 2022 zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union (EU ABl. L 328 vom 22.12.2022)