Erbschaftsteuerliche Begünstigung eines land- und forstwirtschaftlichen Nießbrauchsbetriebs
Kernaussage
Der bewertungsrechtliche Begriff des luf Betriebs ist tätigkeitsbezogen. Einen luf Betrieb kann auch derjenige unterhalten, dem weder am Grund und Boden noch am Besatz das Eigentum zusteht. Ein solcher Betrieb ist nach der aktuellen Entscheidung des BFH begünstigungsfähig nach §§ 13a, b ErbStG.
Sachverhalt
Die Klägerin ist Alleinerbin nach ihrem 2014 verstorbenen Ehemann (Erblasser). Der Erblasser war u. a. Eigentümer eines luf Betriebs, den er mit Vertrag vom 12.10.2013 auf den gemeinsamen Sohn übertragen hatte. Er hatte sich auf Lebensdauer ein unentgeltliches Nießbrauchrecht vorbehalten, das nach seinem Ableben der Klägerin auf deren Lebenszeit zustehen sollte.
Das FA erfasste bei der Berechnung der Erbschaftsteuer den Nießbrauch als nicht nach §§ 13a, 13b ErbStG a. F. begünstigtes Vermögen mit dem nach § 14 Abs. 1 BewG kapitalisierten Wert. Nach erfolglosem Einspruch- und Klageverfahren wurde Revision eingereicht.
Entscheidung
Die Zuwendung der Nießbrauchrechte nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG auf den 2.5.2014 ist steuerbar und zu Recht in den Erbschaftsteuerbescheid auf den Todestag als Stichtag einbezogen worden.
Hinsichtlich der Frage der Steuerbegünstigung sei das FG aber von unzutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Die von ihm getroffenen Feststellungen ermöglichten keine abschließende Entscheidung dieser Frage im Revisionsverfahren, weshalb eine Zurückverweisung ans FG erfolgte.
Die Begünstigungen u. a. für Betriebe der Land? und Forstwirtschaft richten sich für Erwerbe, für die die Steuer vor dem 1.7.2016 entstanden ist, nach §§ 13a, 13b ErbStG i. d. F. des Gesetzes vom 22.12.2009 (BGBl I 2009, 3950).
Welche Vermögenswerte Teil des begünstigten luf sind, richtet sich nach bewertungsrechtlichen Maßstäben. Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG a. F. bleibt der Wert von luf Vermögen insgesamt außer Ansatz (Verschonungsabschlag). Nach § 13b Abs. 4 ErbStG a. F. sind begünstigt 85 % des in § 13b Abs. 1 ErbStG a. F. genannten Vermögens. Zum begünstigten Vermögen gehören der Wirtschaftsteil des luf Vermögens, mit Ausnahme der Stückländereien und selbst bewirtschaftete Grundstücke i. S. d. § 159 BewG. Mit dieser Verweisungstechnik stellt das ErbStG laut BFH klar, dass sich der Umfang des begünstigten luf Vermögens aus dem Bewertungsrecht ergibt. Im Ergebnis finden aber auch ertragsteuerliche Kriterien Anwendung, da die bewertungsrechtliche Begriffsbestimmung des luf Betriebs eine entsprechende Öffnung enthält. Einen Betrieb der LuF hat derjenige inne, der LuF betreibt. Damit ist der Betriebsbegriff tätigkeitsbezogen. Auch die Finanzverwaltung definiert die wirtschaftliche Einheit des luf Vermögens tätigkeitsbezogen nach einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen (R B 158.1 Abs. 1 Satz 2 ErbStR 2011/2019). Zivilrechtlichen Eigentums an Grund und Boden oder Besatz bedarf es nicht. Gesetzlich wird nur an die Nutzung entsprechenden Vermögens angeknüpft. Damit ist ein luf Betrieb ohne jegliche im Eigentum des Betriebsinhabers stehende oder anderweitig diesem zivilrechtlich zuzurechnenden Wirtschaftsgüter denkbar, solange er die Tätigkeitsanforderungen erfüllt, somit auch als reiner Pachtbetrieb, der nicht über eigene Flächen verfügt (H B 164 Abs. 3 ErbStR 2011 "Beispiel Pachtbetrieb").
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die den bewirtschafteten Boden betreffende Nutzungsbefugnis über einen schuldrechtlichen Pachtvertrag oder über dingliche Nießbrauchrechte nach §§ 1030, 1035, 1068 BGB vermittelt wird.
Das Nießbrauchrecht reicht dabei für sich genommen allerdings nicht aus. Der Nießbraucher muss vielmehr den Betrieb tatsächlich selbst bewirtschaften und durch die Bewirtschaftung die Tätigkeitsmerkmale des § 158 Abs. 1 Satz 1 BewG erfüllen. Besteht nach diesen Maßstäben ein bewertungsrechtlicher Betrieb der LuF, so gehören zum Wirtschaftsteil des luf Vermögens i. S. v. § 168 Abs. 1 Nr. 1 BewG i. V. m. § 160 Abs. 2 BewG Nießbrauchrechte an Wirtschaftsgütern zumindest dann, wenn diese – wären sie dem Betriebsinhaber unmittelbar zuzurechnen – ihrerseits nach § 160 Abs. 2 BewG zum Wirtschaftsteil gehörten.
Zum luf Vermögen gehören nach § 158 Abs. 1 Satz 2 BewG alle Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb der Luf zu diesem Zweck auf Dauer zu dienen bestimmt sind. Dazu gehört nach § 160 Abs. 1 Nr. 1 BewG u. a. der Wirtschaftsteil. Zu dem Wirtschaftsteil wiederum gehören nach § 160 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BewG u. a. die luf Nutzungen. Mit der missverständlichen Formulierung "Nutzung", die im Wortsinne kein Wirtschaftsgut ist oder enthält, sind alle Wirtschaftsgüter gemeint, die der jeweiligen Nutzung dienen. Diese Wirtschaftsgüter gehören allerdings nur dann zu dem Wirtschaftsteil des Betriebs der LuF, wenn sie dem Betriebsinhaber zivilrechtlich zustehen. Nur dann sind sie diesem zuzurechnen.
Ein dem Betriebsinhaber zustehendes Nießbrauchrecht gehört gemäß § 158 Abs. 1 Satz 2 BewG jedenfalls dann als immaterielles Wirtschaftsgut nach § 158 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BewG zu den Nutzungen i. S. d. § 160 Abs. 2 BewG und damit zum Wirtschaftsteil des Betriebs der LuF, wenn es sich auf ein Wirtschaftsgut bezieht, das zu diesen Nutzungen gehörte, wenn es unmittelbar dem Betriebsinhaber zivilrechtlich zuzurechnen wäre. Unter dieser Voraussetzung wird die luf Tätigkeit mittels des Nießbrauchs betrieben. Wurden Nießbrauchrechte an allen Wirtschaftsgütern einer funktionsfähigen luf Einheit bestellt, so ist es denkbar, dass der Wirtschaftsteil des in der Hand des Nießbrauchers befindlichen Betriebs ausschließlich die Nießbrauchrechte umfasst.
Die Steuerbegünstigungen des §§ 13a, 13b ErbStG a. F. sind für luf Vermögen nur zu gewähren, wenn das erworbene Vermögen durchgehend sowohl beim bisherigen als auch beim neuen Rechtsträger den Tatbestand des § 13b Abs. 1 Nr. 1 ErbStG a. F. erfüllt. Dafür müssen beide die tätigkeitsbezogenen Merkmale des bewertungsrechtlichen Betriebsbegriffs erfüllen. Nicht erheblich ist nach diesen Maßstäben, ob die Wirtschaftsgüter, um die es geht, von dem Erblasser/Schenker auf den Erwerber übergegangen oder mit dem Erwerb neu begründet worden sind. Ein Nießbrauch kann nicht Gegenstand der Universalsukzession nach § 1922 BGB sein, da er nach § 1061 Satz 1 BGB nicht vererblich ist. Es genügt, wenn das Nießbrauchrecht tauglicher Gegenstand eines steuerbaren Erwerbs ist, etwa nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG, und das Vermögen, zu dem es gehört, die genannten Kontinuitätsanforderungen erfüllt.
Hinweis
Die Zurückverweisung ist erforderlich, weil schon keine Feststellungen des FG dazu vorlagen, ob der Erblasser bis zu seinem Tode sowie anschließend die Klägerin nach den anzuwendenden tätigkeitsbezogenen Maßstäben einen Betrieb der LuF geführt hätten. Offen sei auch die Frage, ob alle Nießbrauchrechte zum luf Vermögen, und zwar zum Wirtschaftsteil, gehörten.
Des Weiteren sei die nach §§ 162 ff. BewG vorzunehmende Bewertung des etwaigen luf Vermögens und damit der Wert des entsprechenden Erwerbs nicht verifizierbar. Davon hinge aber über die quotale Begünstigung des § 13b Abs. 4 ErbStG a. F. und die Höhe des Abzugsbetrags nach § 13a Abs. 2 ErbStG a. F. der Umfang der etwaigen Steuerbefreiung ab.
Schließlich seien zu den weiteren Begünstigungsvoraussetzungen (z.B. Lohnsummengrenze nach § 13a Abs. 1 Sätze 2 bis 5 und Abs. 4 ErbStG a. F., Behaltensfrist nach § 13a Abs. 5 ErbStG a. F.) keine Feststellungen getroffen worden.
Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass die Entscheidungsgrundsätze des BFH auch im aktuellen Recht zu beachten sind.