E-Rechnung und steuerliches IKS bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts
Mit dem Wachstumschancengesetz wurde die obligatorische Verwendung der elektronischen Rechnung (E-Rechnung) bei Umsätzen zwischen inländischen Unternehmern ab dem 01.01.2025 beschlossen. Wir hatten darüber in unserer letzten Ausgabe bereits berichtet. Die Einführung trifft nicht nur Unternehmen in Privatrechtsform, an denen juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) beteiligt sind, sondern auch unmittelbar die jPöR auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene. Eine Relevanz für öffentliche Auftraggeber und somit auch Kommunen und kommunale Einrichtungen ergibt sich grundsätzlich nur für den fiskalischen Bereich bei einer umsatzsteuerrelevanten Leistung von jPöR an Unternehmen.
In erster Linie sind Vorkehrungen zu treffen, um künftig E-Rechnungen empfangen und verarbeiten zu können, und ferner sind Vorkehrungen zu treffen, E-Rechnungen erstellen zu können, soweit die jPöR über steuerbare und steuerpflichtige Lieferungen oder sonstige Leistungen abrechnet. Denn die Pflicht zur Erteilung einer E-Rechnung besteht unabhängig davon, ob eine umsatzsteuerbare Leistung auf zivilrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Grundlage ausgeführt wird. Das macht es erforderlich, dass man sich auf der einen Seite eingehend mit den bisherigen Prozessen zum Empfang und zur Verarbeitung von eingehenden Rechnungen und auf der anderen Seite mit den Prozessen auf der Ausgangsseite (Leistungserstellung – Fakturierung) intensiv auseinandersetzt, um diese Prozesse für die Zukunft E-rechnungstauglich auszugestalten.
Die Herausforderung für die jPöR wird es sein, die technische Infrastruktur für einheitliche elektronische Prozesse zum Umgang mit E-Rechnungen zu schaffen, die sicherstellen, dass die (umsatz-)steuerlichen Regeln von der jPöR eingehalten werden. Der Schwerpunkt sollte zunächst auf der Eingangsseite liegen, da es hier, anders als bei der Pflicht zur Erstellung von E-Rechnungen, keine Übergangsfristen gibt. Durch die (verpflichtende) Einführung der E-Rechnung könnte ein neuer Schub entstehen – hin zur digitalen Rechnungsverarbeitung.
Bedeutung des steuerlichen IKS
Um die steuergesetzlichen Anforderungen einschließlich der GoBD auch künftig erfüllen und potenzielle steuerliche Risiken von den jPöR abwenden zu können, rückt das steuerliche interne Kontrollsystem (IKS) mit der Einführung der E-Rechnung wieder stark in den Fokus. Gerade in der Übergangsphase zur Einführung der E-Rechnung wird es einen Mix aus E-Rechnungen und sonstigen Rechnungen in Papierform oder PDF-Form geben, die von der jPöR zu verarbeiten und zu archivieren sind. Das gilt umso mehr, je dezentraler die jPöR organisiert ist. Der Erfüllung sämtlicher steuerlicher Pflichten einschließlich des Erkennens und der zutreffenden Deklaration steuerlich relevanter wirtschaftlicher Betätigungen der jPöR ist daher vermehrte Aufmerksamkeit zu widmen, um sich seitens der Finanzverwaltung nicht den Vorwürfen leichtfertiger Steuerverkürzung oder sogar einer Steuerhinterziehung auszusetzen.
Ein organisatorisches Konzept, das die jPöR bei der Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten unterstützt und sicherstellt, dass sie die Steuergesetze und -vorschriften ordnungsgemäß einhält, wird auch als Tax Compliance Management System (TCMS) bezeichnet. Ein TCMS umfasst sowohl inhaltliche Aspekte (z. B. die Definition von steuerlichen Pflichten und Aufgaben) als auch ein Managementsystem (z. B. die Organisation, Delegation und Überwachung von Verantwortlichkeiten). Das TCMS muss auf die Bedürfnisse, Größe und Anforderungen einer öffentlichen Verwaltung und deren Spezifika zugeschnitten sein und neben der Aufdeckung, Eindämmung und Beherrschung von steuerlichen Risiken auch die Einhaltung von Steuerge-setzen, die Erfüllung von steuergesetzlichen Pflichten und die Vermeidung von Haftungsrisiken gewährleisten. Im Zuge der Einführung des § 2b UStG und der E-Rechnung hat sich die Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand wesentlich geändert und stellt die jPöR vor große Herausforderungen. Die Neuregelungen wirken wie Durchlauferhitzer für die Weiterentwicklung eines bereits bestehenden oder den erstmaligen Aufbau eines TCMS. Gerade jetzt bedarf es strukturierter Prozesse, die sich sowohl auf die Ausgangsseite (Umsatzsteuer) als auch auf die Eingangsseite (Vorsteuerabzug) konzentrieren. Letztendlich bedarf es der strukturierten Einbeziehung der gesamten Verwaltungsorganisation. Das macht die Einführung von Vertragsmanagement und Datenbank sowie die Einbeziehung von zentralen Ansprechpartnern in Steuerfragen erforderlich.
Empfohlene Maßnahmen zur Etablierung und Fortentwicklung
Für die Etablierung eines TCMS empfehlen wir, die folgenden Maßnahmen festzulegen und umzusetzen:
- Grundsätze für regelkonformes Verhalten (Kultur, Verwaltungsstrategie) der gesetzlichen Vertreter und Mitarbeiter definieren und
- dokumentieren,
- Istzustand analysieren, Ziele des Tax-CMS festlegen und potenzielle Risiken identifizieren, beispielsweise durch steuerfachliches Screening des bisherigen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Verwaltungshandelns und der dabei betroffenen möglichen steuerrelevanten Sachverhalte,
- Organisationsrichtlinien, Dienstanweisungen und Ähnliches in schriftlicher Form als gemeinsame Basis erarbeiten, in der Verantwortlichkeiten, Aufbau- und Ablauforganisation, Zusammenarbeit zwischen Abteilungen etc. konkret beschrieben sind,
- Monitoring zur Einhaltung von steuergesetzlich normierten Pflichten (Programm) entwickeln,
- weitere Mitarbeitersensibilisierung und Schulung von Mitarbeitern sowie regelmäßige Kommunikation,
- Einrichtung von Prozesskontrollen zur Fehlervermeidung.
Bei der Einführung bzw. Weiterentwicklung eines TCMS sollte sichergestellt werden, dass die aufgestellte TCMS-Verfahrensdokumentation die grundlegenden Bausteine zum Aufbau eines TCMS beinhaltet und angemessene Maßnahmen zur Wirksamkeit des Systems eingeführt wurden. Zu erwähnen sei, dass das TCMS und die entsprechende Verfahrensdokumentation einer stetigen Weiterentwicklung und Anpassung unterliegen und insoweit ergriffene Maßnahmen und Prozesse regelmäßig im Rahmen eines Monitorings einer Wirksamkeitsprüfung unterzogen werden müssen. Für die Akzeptanz der Implementierung eines TCMS in der eigenen Verwaltung, mithin der Mitarbeitenden, die jene Einführung erstellen und unterstützen sollten, ist es aus unserer Sicht jedoch auch wichtig hervorzuheben, dass die internen Verwaltungsprozesse durch die Aufnahme und Verbesserung von Prozessen, die nicht ausschließlich durch steuerliche Implikationen getrieben sind, zu einem effizienten, digital gestalteten Verwaltungshandel beitragen.