Berücksichtigung der Corona-Folgen im Lagebericht
Hintergrund
Grundsätzlich haben mittelgroße und große Kapitalgesellschaften, bestimmte Personenhandelsgesellschaften und Konzerne die voraussichtliche Entwicklung des Unternehmens (Prognosebericht) sowie wesentliche Chancen und Risiken (Chancen- und Risikobericht) im Lagebericht zu erläutern. Hierbei sind die zugrunde liegenden Annahmen anzugeben. Inwieweit eine solche Berichterstattung getrennt oder gemeinsam erfolgt, richtet sich jeweils danach, welche Form der Darstellung aus Sicht des Unternehmens dem verständigen Adressaten die voraussichtliche Entwicklung sowie die Chancen und Risiken klarer vermittelt.
Risikobericht
Im Lagebericht für das Geschäftsjahr 2019 waren vor dem Hintergrund der ungewissen wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie in der Regel zusätzliche Erläuterungen im Risikobericht erforderlich. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Folgen aus der Ausbreitung des Coronavirus zu negativen Abweichungen von der erwarteten Entwicklung des Unternehmens führen und eine entsprechend angepasste Darstellung für die Adressaten ein zutreffenderes Bild von der Risikolage des Unternehmens vermittelt. Verzichteten Unternehmen auf die Darstellung der Corona-Pandemie im Risikobericht, ist dies regelmäßig dem Umstand geschuldet, dass die Abschlüsse bereits im Januar oder Februar 2020 erstellt wurden und zum Aufstellungszeitpunkt die möglichen erheblichen Auswirkungen nicht antizipiert worden sind.
Ein wichtiger Hinweis auch unabhängig von Corona: Sofern im Einzelfall Zweifel an der Fortführung der Unternehmenstätigkeit bestehen, muss überdies in jedem Fall über die bestandsgefährdenden Risiken berichtet werden.
Prognosebericht
Darüber hinaus ist im Prognosebericht über veränderte Erwartungen des Managements zu den prognostizierten Leistungsindikatoren Bericht zu erstatten. Infolge der bestehenden außergewöhnlichen Unsicherheit rund um das Coronavirus ist die Prognosefähigkeit von Unternehmen, deren Tätigkeiten wesentlich von der Ausbreitung des Coronavirus betroffen sind, in aller Regel erheblich beeinträchtigt.
Der Detaillierungsgrad diesbezüglicher Prognosen ist vom Gesetzgeber nicht expressis verbis festgelegt, wenngleich in der Literatur quantitative Prognosen aufgrund der Ex-post-Überprüfbarkeit gegenüber rein qualitativen Prognosen den Vorzug genießen. Hinsichtlich der Prognosegenauigkeit normieren die Deutschen Rechnungslegungs Standards (DRS) demgegenüber grundsätzlich strenge Maßstäbe.
Sofern besondere Umstände dazu führen, dass in Bezug auf die zukünftige Entwicklung aufgrund gesamtwirtschaftlicher Rahmenbedingungen außergewöhnlich hohe Unsicherheiten bestehen und daher die Prognosefähigkeit des Unternehmens wesentlich beeinträchtigt ist, erlaubt DRS 20, die Verwendung von „nur“ komparativen Prognosen (also z.B. die Angabe, dass ein Betrag „sinkt“), von qualifiziert komparativen Prognosen (z.B. die Angabe, dass ein Betrag „erheblich sinkt“) bzw. eine Darstellung in verschiedene Zukunftsszenarien unter Angabe ihrer jeweiligen Annahmen. Die Anwendung der Erleichterungen hinsichtlich der Prognosegenauigkeit ist allerdings zu erläutern, d.h., auf die Auswirkungen der Gesamtsituation auf die Prognosefähigkeit ist hinzuweisen.
Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat eine diesbezügliche Erleichterung für Unternehmen, deren Tätigkeit wesentlich von der Ausbreitung des Coronavirus betroffen ist, explizit bestätigt.
Ausblick
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Auswirkungen der Corona-Pandemie in den Lageberichten für das am 31.12.2019 endende Geschäftsjahr niedergeschlagen haben.
Im nicht börsennotierten Bereich beträgt die maximale Frist zur Offenlegung des testierten Abschlusses und Lageberichts zwölf Monate nach dem Abschlussstichtag. Insoweit dürfte eine umfassende retrospektive Analyse erst anschließend möglich sein.
Für Geschäftsjahre mit Stichtag nach dem 31.12.2019 empfiehlt sich unverändert ein intensiver Austausch zwischen Mandant und Wirtschaftsprüfer, um den Anforderungen gerecht zu werden.