„Corona-Anhuster“ als Grund für eine fristlose Kündigung

 

Vorsätzliches Anhusten oder spontaner Hustenreiz?

Im konkreten Fall war der Kläger seit 2015 als Auszubildender und seit 2019 als Jungzerspannungsmechaniker bei der Beklagten beschäftigt und Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung. Als die Beklagte im März 2020 ihren internen Pandemieplan aktivierte, wurden die betreffenden Schutzmaßnahmen im Rahmen von verschiedenen E-Mails, einer Abteilungsversammlung sowie Zetteln im Betrieb erläutert. Kurze Zeit später kam es zu einer Begegnung zwischen dem Kläger und einem Kollegen, bei der der Kläger Letzteren anhustete. Nach Zustimmung des Betriebsrats wurde dem Kläger fristlos gekündigt.

Im anschließenden Kündigungsschutzverfahren erklärte der beklagte Arbeitgeber, der Kläger habe von vornherein verdeutlicht, die Schutzmaßnahme nicht ernst zu nehmen. Er habe seinen Kollegen absichtlich und aus einem Abstand von maximal einer Armlänge angehustet. Daraufhin habe er geäußert, dieser würde sich hoffentlich mit Corona infizieren. Der Kläger bestritt die Vorwürfe. Er habe in der Situation einen spontanen Hustenreiz verspürt und genügend Abstand gehalten. Danach habe er dem Kollegen entgegnet er solle „chillen, er würde schon kein Corona bekommen“. Allgemein habe er, soweit es ihm möglich war, die Schutzmaßnahmen stets eingehalten.

Bewiesener Sachverhalt hätte Kündigung gerechtfertigt

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf führte eine Beweisaufnahme durch, gab letztlich der Kündigungsschutzklage statt und erklärte die Kündigung im konkreten Fall für unwirksam.

Nach der Beweisaufnahme und der Würdigung der Zeugenaussagen konnte der Vortrag der Beklagten nicht bewiesen werden. Da der Arbeitgeber jedoch die Beweislast für den Kündigungsgrund trägt, entschied das Landesarbeitsgericht zu Lasten der Beklagten. Dennoch führte das Gericht aus, dass das Geschehen, das die Beklagte vorgetragen hatte, bei bewiesenem Sachverhalt eine fristlose Kündigung gerechtfertigt hätte. Das Anhusten eines Kollegen aus nächster Nähe verbunden mit der Äußerung, er solle Corona bekommen, verletze die Rücksichtnahmepflichten aus dem Arbeitsverhältnis in erheblicher Weise. Sofern ein Arbeitnehmer verdeutlicht, allgemein nicht mit den Arbeitsschutzvorschriften einverstanden zu sein, sei auch keine Abmahnung erforderlich.

Konsequenz

Das Urteil ist eine Einzelfallentscheidung. Trotzdem zeigt es deutlich, dass Arbeitsgerichte bei Verstößen gegen Corona-Regelungen eine fristlose Kündigung durchaus für gerechtfertigt bewerten könnten. Entscheidend ist aber auch immer die Schwere des jeweiligen Verstoßes. Bei leichteren Verstößen werden auch weiterhin vorherige Abmahnungen erforderlich sein. Deutlich wurde außerdem, dass eine weitere Hürde in jedem Verfahren immer ist, dass das Fehlverhalten letztlich auch nachgewiesen werden muss.

Alexandra Hecht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Michael Huth

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Alexander Kirsch

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht

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