Bundesfinanzhof erweitert den Anwendungsbereich der grunderwerbsteuerlichen Konzernklausel

Hintergrund

Die in § 6a GrEStG verankerte grunderwerbsteuerliche Konzernklausel sieht in Umwandlungsfällen eine Befreiung von der Grunderwerbsteuer vor, sofern ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und abhängige Gesellschaften betroffen sind. Seit Jahren führte die Vorschrift in der Beratungspraxis jedoch ein Schattendasein. Hintergrund waren zunächst beihilferechtliche Bedenken, die der Europäische Gerichtshof im Dezember 2018 beseitigte. Auch im Anschluss an das Urteil des Europäischen Gerichtshofs stellte sich jedoch eine Vielzahl an Auslegungsfragen, die in der Beratungspraxis zu nicht unerheblichen Rechtsunsicherheiten führten. Beim Bundesfinanzhof war diesbezüglich eine Reihe von Verfahren anhängig. Jüngst erfolgte nun die Veröffentlichung der Urteile des Bundesfinanzhofs, in denen dieser zu den anhängigen Rechtsfragen Stellung bezieht. Konkret geht es zum einen um die Auslegung des Begriffs des herrschenden Unternehmens. Strittig war darüber hinaus die Auslegung der Vor- und Nachbehaltensfristen des § 6a GrEStG in Fällen, in denen diese aufgrund der Natur der Umwandlung nicht eingehalten werden können.

Bundesfinanzhof vertritt weite Auslegung

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs knüpft der Begriff des herrschenden Unternehmens weder an den umsatzsteuerlichen Unternehmerbegriff, noch wird dieser von der ertragsteuerlichen Einordnung der Beteiligung als Privat- oder Betriebsvermögen berührt. Erforderlich sei ausschließlich, dass sich das herrschende Unternehmen wirtschaftlich betätige. Die wirtschaftliche Betätigung könne jedoch bereits über das Halten der Beteiligung vermittelt werden. Damit ist der Anwendungsbereich des § 6a GrEStG auch für natürliche Personen und gemeinnützige Stiftungen als herrschende Unternehmen eröffnet. Im Hinblick auf die Vor- und Nachbehaltensfristen des § 6a GrEStG teilt der Bundesfinanzhof die restriktive Auslegung der Finanzverwaltung ebenfalls nicht. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs ist § 6a GrEStG dahingehend auszulegen, dass die dort genannten Vor- und Nachbehaltensfristen nur insoweit eingehalten werden müssen, als sie aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs auch eingehalten werden können. Für den Fall, dass eine Gesellschaft umwandlungsbedingt untergeht, bedeutet dies mithin, dass ausschließlich die Vorbehaltensfrist von Relevanz ist, während die Nachbehaltensfrist nicht eingehalten werden muss. Entsteht eine abhängige Gesellschaft erst im Zuge der Umwandlung (z.B. Ausgliederung zur Neugründung), ist hingegen ausschließlich die Nachbehaltensfrist von Relevanz.

Ausblick

Die Urteile des Bundesfinanzhofs sind zu begrüßen. Die vom Bundesfinanzhof vorgenommene teleologische Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 6a GrEStG ist auf einer Linie mit der Systematik und der Zielsetzung der Vorschrift, konzerninterne Transaktionen von der Grunderwerbsteuer zu befreien. Durch die Urteile gewinnen Steuerpflichtige und Beratungspraxis bei Umstrukturierungen mit Immobilienbezug an Rechtssicherheit. Obgleich die Reaktion der Finanzverwaltung auf die Urteile derzeit noch abzuwarten bleibt, ist davon auszugehen, dass diese die Urteilsgrundsätze des Bundesfinanzhofs uneingeschränkt anwenden wird.

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