Betriebsrätemodernisierungsgesetz – Stärkung des Betriebsrats?
Zum 18.6.2021 ist das Betriebsrätemodernisierungsgesetz in Kraft getreten. Ziel des Gesetzes ist die Ausweitung von Rechten des Betriebsrats sowie die Schaffung von Erleichterungen für die Gründung und Wahl eines solchen.
Erleichterung von Betriebsratsgründungen und -wahlen
Die Erleichterung der Gründung und Wahl soll durch folgende Maßnahmen erreicht werden:
- die Reduzierung von notwendigen Stützunterschriften,
- die Ausweitung des vereinfachten Wahlverfahrens und
- die Erweiterung des Kündigungsschutzes bei Neugründungen.
Des Weiteren wird das Mindestalter für die aktive Wahlberechtigung auf 16 herabgesetzt.
Nach der Gesetzesänderung fällt das Erfordernis von Stützunterschriften in kleinen Betrieben weg, in Betrieben mit 20 bis 100 Arbeitnehmern erfolgt eine Absenkung auf mindestens zwei Unterschriften. In Betrieben mit mehr als 100 Arbeitnehmer müssen Wahlvorschläge von mindestens einem Zwanzigstel der Arbeitnehmer unterzeichnet werden. Unabhängig von der Größe des Betriebs ist das Erfordernis erfüllt, wenn 50 Arbeitnehmer unterzeichnet haben. Das Erfordernis der schriftlichen Stützunterschrift entfällt, wenn die Unterstützung auf einer Wahlversammlung per Handzeichen kundgetan wurde.
Das vereinfachte Wahlverfahren unter Geltung längerer Fristen wird auf Betriebe mit bis zu 100 Arbeitnehmern ausgeweitet. Die freiwillige Vereinbarung mit dem Arbeitgeber ist in Betrieben mit bis zu 200 Arbeitnehmern möglich.
Zukünftig sind die ersten sechs Arbeitnehmer, die auf der Einladung zur Betriebsratswahl stehen, nicht ordentlich kündbar. Die Vorfeldinitiatoren der Wahl werden in unbegrenzter Zahl für maximal drei Monate von der ordentlichen Kündbarkeit ausgeschlossen, wenn Sie eine öffentlich beglaubigte Erklärung abgeben, dass sie einen Betriebsrat gründen möchten. Die Kündigung der genannten Personen ist damit nur fristlos oder betriebsbedingt möglich.
Digitalisierung der Betriebsratsarbeit und Einsatz von künstlicher Intelligenz
Zum Zwecke der Digitalisierung sind Betriebsratssitzungen ausnahmsweise auch per Video- oder Telefonkonferenz zulässig. In der Regel sollen jedoch weiterhin Präsenzsitzungen stattfinden. Betriebsvereinbarungen sowie Beschlüsse der Einigungsstelle sollen mit einer qualifizierten elektronischen Signatur abgeschlossen werden können. Sofern der Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben die Einführung oder Anwendung von künstlicher Intelligenz zu beurteilen hat, gilt in Zukunft die Hinzuziehung eines Sachverständigen als erforderlich. Hier sind hohe Kosten für die Unternehmen zu erwarten.
Mitbestimmungsrecht bei mobiler Arbeit
Dem Betriebsrat kommt ein zusätzliches Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung von mobiler Arbeit zu. Zu beachten ist, dass sich das Mitbestimmungsrecht lediglich auf die Ausgestaltung, nicht aber auf die Einführung von mobiler Arbeit erstreckt. Dennoch wird kritisiert, dass die Gesetzesänderung den Eindruck eines „Rechts auf Homeoffice“ erwecken und damit Druck auf Arbeitgeber ausüben könnte.
Datenschutzrecht
Um das Datenschutzrecht zu konkretisieren, wird der Arbeitgeber als Verantwortlicher für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch den Betriebsrat benannt. Damit treffen den Arbeitgeber hohe Haftungsrisiken. Es wird klargestellt, dass der Datenschutzbeauftragte gegenüber dem Arbeitgeber zur Verschwiegenheit hinsichtlich Informationen, die Rückschlüsse auf den Meinungsbildungsprozess des Betriebsrats zulassen, verpflichtet ist. Die Beziehung zwischen Datenschutzbeauftragtem und Betriebsrat bleibt ansonsten ungeklärt.
Ausweitung des Versicherungsschutzes im Homeoffice
Das Betriebsrätemodernisierungsgesetz beinhaltet auch eine Ausweitung des Unfallversicherungsschutzes. Der Schutz Versicherter, die im Homeoffice tätig sind, wird dem Schutz der im Betrieb Tätigen gleichgestellt. Dadurch sind nunmehr auch Wege zum Zwecke der Nahrungsaufnahme oder der Toilettengang von der gesetzlichen Unfallversicherung gedeckt. Des Weiteren wird der Schutz mit der Kinderbetreuung zusammenhängender Wege ausgeweitet. Der Weg zur außerhäuslichen Betreuung wird künftig unabhängig davon, ob der Weg von der Arbeitsstätte oder vom Homeoffice aus zurückgelegt wird, gedeckt.
Fazit
Die Gesetzesänderung erfährt aufgrund der Belastungen des Arbeitgebers und der nur bedingt verbesserten Rechtslage für Betriebsräte viel Kritik. Insbesondere die finanziellen Belastungen durch die Regelungen zur künstlichen Intelligenz stellen Arbeitgeber in einer bereits schwierigen Zeit vor weitere Herausforderungen.