Bedarfsbewertung von Grundstücken

Kernaussage

Dem FG Niedersachsen lag die Frage vor, ob ein niedrigerer gemeiner Werts i.S.d. § 198 BewG vorrangig durch ein Sachverständigengutachten oder durch stichtagsnahe Veräußerung nachgewiesen werden kann.

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige erwarb von Todes wegen ein freistehendes Einfamilienhaus, das vom Erblasser bis zu seinem Tod selbst bewohnt wurde. Das Haus wurde von der Steuerpflichtigen zu einem Kaufpreis in Höhe von 460.000 € veräußert. In der Erbschaftsteuererklärung setzte die Steuerpflichtige einen Wert i.H.v. 220.000 € an und fügte ein Gutachten über den ermittelten Verkehrswert bei. Das Finanzamt berücksichtige in seinem Erbschaftsteuerbescheid einen Wert i.H.v. 320.000 €, basierend auf einer Immobilienpreiskalkulation des Gutachterausschusses für Grundstücke in Niedersachsen. Das Gutachten wurde vom Finanzamt hingegen nicht anerkannt, da das Grundstück für 460.000 € verkauft worden sei.

Gegen den Grundbesitzwert legte der Steuerpflichtige Einspruch ein und begehrte den Grundbesitzwert i.H.v. 220.000 € festzulegen. Während des Einspruchsverfahrens fragte das Finanzamt beim Gutachterausschuss Grundstückswerte für das streitige Grundstück an. Dieser ermittelte für das Grundstück einen Betrag i.H.v. 480.000 €. Gleichzeitig wurde die baufachliche Stellungnahme des Bausachverständigen eingeholt, ob das Gutachten für den Nachweis eines geringeren Wertes anerkannt werden könne. Der Bausachverständige verneinte dies. Gegen die Einspruchsentscheidung legte die Steuerpflichtige Klage ein.

Entscheidung

Das FG hat entschieden, dass die Klage unbegründet ist. Nach Auffassung des FG ist die vom Finanzamt vorgenommene Bewertung nach dem Vergleichswertverfahren nicht zu beanstanden. Nach § 182 Abs. 2 Nr. 3 BewG sind Ein- und Zweifamilienhäuser, wie im Streitfall gegeben, für Zwecke der Erbschaftsteuer grundsätzlich mit dem Vergleichswert zu bewerten. Grundlage hierfür sind vorrangig die von den Gutachterausschüssen i.S.d. § 192 ff. des Baugesetzbuch mitgeteilten Vergleichspreise.

Die gerichtliche Überprüfung ist darauf beschränkt, ob dem Gutachterausschuss offensichtliche Unrichtigkeiten unterlaufen sind. Die Aufgabe der Ermittlung der Vergleichspreise und -faktoren ist dem FG zufolge explizit den Gutachterausschüssen aufgrund der Ortsnähe aufgetragen worden. Dem FG zufolge würde eine fachliche Überprüfung durch Dritte mit geringerer Sachkunde dem widersprechen. Das FG kommt im Streitfall zu der Erkenntnis, dass keine offensichtlichen Unrichtigkeiten erkennbar waren.

Zudem vertritt das FG die Auffassung, dass die im Streitfall gewählten Vergleichsobjekte auch nicht, wie vom Steuerpflichtigen vorgetragen, ungeeignet seien. Geringfügige Abweichungen der zu vergleichenden Objekte seien unabdingbar, da kaum nahezu identische Grundstücke existieren. Auch der Auffassung der Steuerpflichtigen, dass die zugrunde gelegte mittlere Ausstattung nicht angemessen sei, folgte das FG nicht.

Im Streitfall konnte die Steuerpflichtige einen niedrigeren gemeinen Wert nach § 198 BewG i.H.v. 460.000 € nachweisen. Dieser kann immer dann angesetzt werden, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass der gemeine Wert der wirtschaftlichen Einheit am Bewertungsstichtag deutlich geringer ist, als der Wert, der sich nach den bewertungsrechtlichen Vorschriften ergibt. Dabei ist der Steuerpflichtige grundsätzlich darin frei zu wählen, welches Mittel er für den Nachweis eines geringeren Wertes i.S.d § 198 BewG wählt.

Die Steuerpflichtige hatte den niedrigeren Wert aufgrund eines innerhalb von zwölf Monaten nach dem Bewertungsstichtag erfolgten Verkaufs (Kaufpreis 460.000 €) nachgewiesen. Einen niedrigeren Wert als die zu Grunde gelegten 460.000 € konnte die Klägerin hingegen nicht nachweisen. Unabhängig davon, ob der Wert i.H.v. 220.000 € laut Gutachten gerechtfertigt ist, vertritt das FG die Auffassung, dass der Wert des Gutachtens nicht zum Ansatz kommt, weil vielmehr der Kaufpreis den zutreffenden gemeinen Wert darstellt.

Im Streitfall kommt das FG, unter Abwägung aller relevanten Umstände, zu der Überzeugung, dass der gemeine Wert des Grundstücks zutreffend vom Finanzamt auf 460.000 € festgestellt wurde. Das FG begründet dies damit, dass der Kaufpreis, der durch die Veräußerung an einen fremden Dritten erzielt wurde, den sichersten Anhaltspunkt für den gemeinen Wert eines Wirtschaftsguts abbilden kann. Nach den Sachverhaltsangaben hat die Käuferin das Objekt besichtigt und es sind keine Anhaltspunkte gegeben, wonach sich die Erwerberin über den wahren Wert des Kaufobjektes getäuscht haben könnte. Insbesondere ist der renovierungsbedürftige Zustand des Hauses vertraglich aufgenommen worden, sodass auch keine Täuschung über den wahren Zustand gegeben sein konnte.

Hinweis

Der Ansicht der Klägerin, dass einem Sachverständigengutachten stehts Vorgang vor einem stichtagsnahen Veräußerungspreis zu geben sei, ist das FG ausdrücklich nicht gefolgt, insbesondere da sich ein solcher Vorgang weder aus dem Gesetz noch der Rechtsprechung ergebe.

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