Vorbehaltsnießbrauch bei unentgeltlicher Übertragung eines verpachteten luf Betriebs
Kernaussage
Der BFH bestätigt, dass bei den Einkünften aus Land- und Fortwirtschaft die Bestellung eines Nießbrauchs – auch bei einem verpachteten Betrieb - zur Folge hat, dass zwei Betriebe entstehen, nämlich ein ruhender Betrieb in der Hand des Nießbrauchsverpflichteten und ein wirtschaftender Betrieb in der Hand des Nießbrauchsberechtigten.
Sachverhalt
Der Ehemann (E) der Klägerin (K) war Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs, den er an fremde Dritte verpachtet hatte. Aus der Betriebsverpachtung erzielte er Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Im November 2002 übertrug E den Hof unentgeltlich an seinen Sohn (S). E behielt sich auf seine Lebensdauer das Nießbrauchsrecht an dem übertragenen Grundbesitz vor. Nach seinem Tod sollte K nießbrauchsberechtigt sein. E verstarb im Jahr 2006. Mit seinem Tod wurde K Nießbrauchsberechtigte und erklärte aus der Verpachtung Einkünfte aus § 13 EStG.
Im Dezember 2008 veräußerte S die Hofstelle sowie einen Teil des Grund und Bodens mit Wirkung zum 01.07.2009 an H. Der Erwerber löste zudem gegen Zahlung eines Geldbetrags das Nießbrauchsrecht der K ab. K erfasste die Zahlung in ihrer Gewinnermittlung nicht als Betriebseinnahme, sondern vertrat die Auffassung, dass es sich bei der Ablösung des Nießbrauchs um ein privates Veräußerungsgeschäft handele, das nicht zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft führe.
Im Anschluss an eine Außenprüfung setzte das FA die streitige Zahlung jedoch als Betriebseinnahme an und erhöhte den Gewinn der K entsprechend. Das FG wies die hiergegen nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage ab.
Entscheidung
Die Revision der K wies der BFH zurück. Dabei bestätigt der BFH seine Rechtsprechung. Wird ein luf Betrieb unentgeltlich (im Wege der vorweggenommenen Erbfolge) übertragen, so liegt weder eine Entnahme noch eine Betriebsaufgabe vor. Der Betrieb wird vielmehr steuerrechtlich unverändert durch den Rechtsnachfolger fortgeführt. Dieser ist an die Buchwerte des Rechtsvorgängers gebunden (§ 6 Abs. 3 Satz 1 EStG). Auch ein ruhender, verpachteter und noch nicht aufgegebener Betrieb kann Übertragungsgegenstand i. S. d. § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG sein. Bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft hat die Bestellung eines Nießbrauchs nach ständiger Rechtsprechung des BFH zur Folge, dass zwei Betriebe entstehen, nämlich ein ruhender Betrieb in der Hand des nunmehrigen Eigentümers (des Nießbrauchsverpflichteten) und ein wirtschaftender Betrieb in der Hand des Nießbrauchsberechtigten und bisherigen Eigentümers.
Diese Rechtsprechung zur (unentgeltlichen) Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs unter Vorbehalt des Nießbrauchs ist auch bei der Übertragung eines Verpachtungsbetriebs anwendbar. Es ist nach Auffassung des BFH insoweit unerheblich, ob ein aktiv betriebener oder ein ruhender Betrieb übertragen wird. Eine Zwangsbetriebsaufgabe tritt deshalb auch bei Übertragung eines Verpachtungsbetriebs unter Nießbrauchsvorbehalt nicht ein.
Der Steuerpflichtige hat nach ständiger Rechtsprechung im Fall der Verpachtung seines Betriebs ein Wahlrecht, ob er den Vorgang als Betriebsaufgabe i. S. d. § 16 Abs. 3 EStG behandeln und damit die Wirtschaftsgüter seines Betriebs unter Auflösung der stillen Reserven in sein Privatvermögen überführen oder das Betriebsvermögen während der Verpachtung fortführen und daraus betriebliche Einkünfte erzielen will.
Geht ein verpachteter Betrieb unter Fortbestand des Pachtvertrags im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf den Rechtsnachfolger über, so tritt dieser hinsichtlich des Wahlrechts, die Betriebsaufgabe zu erklären, in die Rechtsstellung des bisherigen Verpächters ein. Diese Grundsätze sind auch bei unter Vorbehalt des Nießbrauchs übertragenen ruhenden Verpachtungsbetrieben anwendbar. Für die Verpachtung an Dritte gilt nichts anderes.
Die Bestellung eines Nießbrauchs an einem, einem Dritten verpachteten Betrieb führt dazu, dass drei Betriebe entstehen, ein ruhender in der Hand des nunmehrigen Eigentümers (und Nießbrauchsverpflichteten) sowie ein ruhender in der Hand des Nießbrauchsberechtigten und bisherigen Eigentümers und ein wirtschaftender in der Hand des Pächters. Diese Dreiteilung zwingt nicht zu der Annahme, dass der bisherige Betriebsinhaber dadurch seinen ruhenden Verpachtungsbetrieb zwangsweise aufgegeben hat.
Zwar erlosch der Nießbrauch des E gemäß § 1061 Satz 1 BGB mit dessen Tod. Gleichzeitig erstarkte aber der aufschiebend bedingte Nießbrauch der K, den sich E im Übertragungsvertrag ebenfalls vorbehalten und der K unentgeltlich zugewandt hatte, zum Vollrecht. Zum (notwendigen) Betriebsvermögen des hiernach (fortbestehenden) luf Verpachtungsbetriebs der K gehörte insbesondere der ihr von E zugewandte Nießbrauch. Denn K konnte den auf sie unentgeltlich übergegangenen Verpachtungsbetrieb nur aufgrund des ihr zugewandten Nießbrauchs betreiben. K konnte in ihrer Bilanz für das Nießbrauchsrecht zwar keinen Wert ansetzen, sie trat jedoch, was die Nutzung des Betriebsvermögens zur Einkunftserzielung betraf, wie ein Rechtsnachfolger an die Stelle des die Nutzungsberechtigung Überlassenden. Der in § 6 Abs. 3 EStG zum Ausdruck gebrachte Grundsatz findet auch auf die unentgeltliche Übertragung des Rechts zur Nutzung eines Betriebs in der Form der Bestellung eines dinglichen Nießbrauchs am Unternehmen entsprechende Anwendung. Da K noch betriebliche Einkünfte erzielte führte die Zahlung zur Pfandfreigabe bei ihr zu betrieblichen Einkünften.
Hinweis
Soweit der X. Senat des BFH in seiner Entscheidung v. 25.01.2017 – X R 59/14 zur Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs unter Nießbrauchsvorbehalt abweichende Auffassung vertritt, hat der VI. Senat erhebliche Bedenken, ob er sich dem anschließen könnte. Dies konnte hier jedoch dahinstehen. Denn die Rechtsprechung des X. Senats führt im Streitfall zu keinem abweichenden Ergebnis. Der X. Senat geht nämlich ebenfalls davon aus, dass die Betriebsübertragung unter Nießbrauchsvorbehalt --auch bei einem Verpachtungsbetrieb-- keine Aufgabe des Betriebs des vormaligen Eigentümers und nunmehrigen Nießbrauchsberechtigten auslöst. Eine Betriebsaufgabe liegt in einer solchen Konstellation bereits deshalb nicht vor, weil der Nießbrauchsberechtigte --hier E-- seine bisherige land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit --hier in Form der Betriebsverpachtung-- nicht einstellt, sondern die wesentlichen Betriebsgrundlagen aufgrund des ihm vorbehaltenen Nießbrauchs weiterhin selbst verpachtet. Allerdings war der X. Senat der Auffassung, dass die Eigentumsübertragung am Gewerbebetrieb zur Entnahme des Gaststättengrundstücks führte. Bisher liegt zu dieser Entscheidung noch keine Anwendungsregelung der FinVerw vor.