Verfassungs- und unionsrechtliche Zweifel an der Hinzurechnungsbesteuerung

Regelungsbereich der Hinzurechnungsbesteuerung

Die Hinzurechnungsbesteuerung verfolgt das Ziel der Missbrauchsvermeidung. Insbesondere sollen bestimmte (passive) Einkünfte, die eine im Ausland ansässige und niedrig besteuerte Gesellschaft erzielt, den beherrschenden Gesellschafter:innen im Inland als Einkünfte zugerechnet werden. 

Eine Niedrigbesteuerung wird in diesem Zusammenhang insbesondere dann angenommen, wenn die von der Gesellschaft erzielten Einkünfte einer Ertragsteuerbelastung im Ausland von weniger als 25 % unterliegen. 

Bundesfinanzhof äußert verfassungs- und unionsrechtliche Zweifel an der Hinzurechnungsbesteuerung

Der Bundesfinanzhof hat in einem jüngst ergangenen Beschluss verfassungs- und unionsrechtliche Zweifel an der derzeitigen Ausgestaltung der Hinzurechnungsbesteuerung gemäß §§ 7 ff. AStG geäußert. 

Hintergrund ist insoweit, dass der Gesetzgeber bei ausländischen Gesellschaften mit einer Ertragsteuerbelastung von weniger als 25 % von einer sogenannten Niedrigbesteuerung ausgeht. Problematisch erscheint in diesem Zusammenhang, dass die Ertragsteuerbelastung von in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften unterhalb dieser 25-prozentigen Niedrigsteuerschwelle liegen kann. Unter Einbeziehung der Gewerbesteuer lässt sich die in Deutschland niedrigste Gesamtsteuerbelastung in Gemeinden mit niedrigen Gewerbesteuerhebesätzen auf 22,825 % beziffern, unter Einbeziehung gewerbesteuerlicher Befreiungen kann die niedrigste Gesamtsteuerbelastung gar auf 15,825 % sinken. 

In der zu beurteilenden Sachverhaltskonstellation hatte der Bundesfinanzhof über die Beschwerde eines abgelehnten Antrags auf Aussetzung der Vollziehung zu entscheiden. In dem zu beurteilenden Sachverhalt hatten die Kläger von einer „Nullbesteuerung“ in Hongkong Gebrauch gemacht und sich im Rahmen des Beschwerdeverfahrens auf die verfassungs- und unionsrechtsrechtswidrige Gesetzeslage berufen. 

Der Bundesfinanzhof lehnte die Beschwerde ab. Mit Blick auf die Schwellen von 15,825 % bzw. 22,825 % hatte der Bundesfinanzhof insoweit ausgeschlossen, dass die Kläger angesichts der im Ausland erstrebten „Nullbesteuerung“ dem Grunde nach überhaupt von einer begünstigenden Rechtslage profitieren könnten, die einen Verfassungs- bzw. Unionsrechtsverstoß beseitigt.  

Auch wenn der Bundesfinanzhof die Beschwerde abgelehnt hat, so sind in der Beschlussbegründung ausdrückliche Zweifel an der verfassungs- und unionsrechtlichen Gesetzeskonformität geäußert worden. 

Einführung des Mindeststeuergesetzes

Bis zum Ende des Jahres 2023 ist die EU-Richtlinie 2022/2523 zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung und weiterer Begleitmaßnahmen in nationales Recht umzusetzen. In diesem Zusammenhang steht die Einführung des Mindeststeuergesetzes bevor, mit dem auch eine Absenkung der Niedrigsteuerschwelle von bislang 25 auf 15 % erfolgen soll. Verfassungs- und unionsrechtliche Zweifel könnten sich durch die Einführung des Mindeststeuergesetzes zukünftig etwas auflockern.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13.9.2023 – I B 11/22

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