Umsatzsteuer: Neues zur Organschaft und zu Holding-Gesellschaften
Hintergrund
Nachdem das Bundesministerium der Finanzen im Dezember 2016 bereits einen Entwurf veröffentlicht und eine Verbandsanhörung gestartet hatte, wurde nunmehr am 26.5.2017 das endgültige Schreiben zur umsatzsteuerlichen Organschaft und zum Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit dem Erwerb beziehungsweise dem Halten von Beteiligungen veröffentlicht. Hiermit reagiert die Finanzverwaltung auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesfinanzhofs, insbesondere jene zur Eingliederung einer Personengesellschaft als Organgesellschaft in eine umsatzsteuerliche Organschaft sowie weitere im Zusammenhang mit der Organschaft stehende Entscheidungen.
Wesentliche Inhalte des Schreibens
Eingliederung von Personengesellschaften in Organschaften
- Die wohl bedeutendste Änderung im Vergleich zu der Entwurfsfassung ist in der Übergangsfrist zu sehen. Der Entwurf sah noch vor, dass Personengesellschaften bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen ab dem 1.1.2018 zwingend in eine umsatzsteuerliche Organschaft einzubeziehen seien. Nach lauter Kritik an dieser kurzen Übergangsfrist gelten die Änderungen nunmehr erst für Umsätze, die nach dem 31.12.2018 ausgeführt werden.
- Im Übrigen haben sich lediglich redaktionelle Änderungen ergeben, sodass die an dieser Stelle beschriebenen Auswirkungen weiterhin Geltung haben.
Eingliederungsvoraussetzungen bei der Organschaft
- Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs erfordert die finanzielle Eingliederung nunmehr die so genannte „Eingliederung mit Durchgriffsrechten“. Dabei handelt es sich jedoch letztlich lediglich um eine Umbenennung der bislang als „Über-/Unterordnungsverhältnis“ bekannten Voraussetzung. Grundsätzliche Änderungen sollten daher mit dieser Umbenennung nicht einhergehen.
- Stimmrechtsbindungsvereinbarungen oder Stimmrechtsvollmachten sind bei der Bestimmung der finanziellen Eingliederung im Interesse der Rechtsklarheit ab 2019 nur noch dann zu berücksichtigen, wenn sie sich aus der Satzung ergeben.
- Hat die Organgesellschaft mit dem Organträger einen Beherrschungsvertrag nach § 291 AktG abgeschlossen oder ist die Organgesellschaft nach §§ 319, 320 AktG in die Gesellschaft des Organträgers eingegliedert, ist von dem Vorliegen einer organisatorischen Eingliederung auszugehen. Dies gilt für den Beherrschungsvertrag jedoch erst ab dem Zeitpunkt seiner Eintragung in das Handelsregister.
- Die organisatorische Eingliederung erfordert nunmehr, dass der Organträger durch die Art und Weise seiner Geschäftsführung die Organgesellschaft beherrscht und seinen Willen in der Organgesellschaft durchsetzen kann. Nicht ausreichend ist, dass eine vom Organträger abweichende Willensbildung in der Organgesellschaft ausgeschlossen ist.
- Dies kann auch ohne personelle Verflechtung in den Leitungsgremien des Organträgers und der Organgesellschaft gegeben sein, wenn der Anstellungsvertrag mit dem Geschäftsführer der Organgesellschaft eine Beherrschung derselben ermöglicht.
Organschaft und Insolvenz
- Mit der Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Organträgers oder der Organgesellschaft endet die Organschaft.
- Dies gilt jeweils auch bei Bestellung eines Sachwalters im Rahmen der Eigenverwaltung nach §§ 270 f. InsO.
Vorsteuerabzug einer Holding
- Das Recht auf Vorsteuerabzug aus Leistungen im Zusammenhang mit dem Einwerben von Kapital zur Anschaffung einer Beteiligung soll nicht bestehen, soweit das eingeworbene Kapital in keinem Verhältnis zu der im unternehmerischen Bereich gehaltenen Beteiligung steht oder wenn die Umsätze, die dieses Recht begründen sollen, eine missbräuchliche Praxis darstellen. Dies soll in allen offenen Fällen anzuwenden sein.
Konsequenzen
Handlungsbedarf besteht insbesondere hinsichtlich der Frage nach der Eingliederung von Personengesellschaften in Organkreise. Es ist zu prüfen, ob durch die Neuregelung ab dem 1.1.2019 Organschaftsverhältnisse entstehen und die Deklaration entsprechend umzustellen ist. Ebenso können innerhalb dieser Frist noch Maßnahmen ergriffen werden, um eine Eingliederung zu vermeiden. Führt die Eingliederung einer Personengesellschaft in einen Organkreis zu umsatzsteuerlichen Vorteilen, ist eine einheitliche Berufung auf die vorteilhafte Rechtsprechung bereits heute möglich. Auch insoweit sind Gestaltungsalternativen zu prüfen.
Zu beachten ist ferner die Einschränkung des Vorsteuerabzugs bei einer Holding. Die Frage der Verhältnismäßigkeit dürfte künftig zu Diskussionen mit dem Betriebsprüfer führen. Fraglich ist jedoch, ob es hierauf überhaupt ankommt, denn der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs lässt sich diese restriktive Auslegung der Finanzverwaltung nicht entnehmen.