Masterstudium als vorweggenommene Werbungskosten? – Kürzung um Stipendium?
Steuervorteile im Zweitstudium
Studenten mit abgeschlossener Berufsausbildung oder im Zweitstudium können Studienkosten als vorweggenommene Werbungskosten beim Finanzamt zur Verrechnung mit späteren Einkünften geltend machen. Der Antrag erfolgt durch die Abgabe einer Einkommensteuererklärung. Wichtig ist, dass es sich hierbei um eigene Aufwendungen handelt. Für die Kosten der Eltern gibt es in deren Steuererklärung Abzugsmöglichkeiten. Typische Aufwendungen für das Studium sind
- der Semesterbeitrag,
- Fahrtkosten zur Uni im Rahmen der Entfernungspauschale,
- Fachliteratur und Arbeitsmittel (Computer, Schreibtisch, Internet),
- bei doppelter Haushaltsführung Verpflegungsmehraufwendungen für die ersten drei Monate, wöchentliche Familienheimfahrten und Unterkunftskosten.
Die Kosten werden als sogenannter negativer Gesamtbetrag der Einkünfte durch Bescheid festgestellt. Werden während des Studiums andere steuerpflichtige Einkünfte erzielt, kürzen diese die Verluste. Ein Minijob ist unschädlich. Die angesammelten Verluste führen dann im Idealfall beim ersten Job nach dem Studium durch Verrechnung mit den Einnahmen zum gewünschten Steuereffekt. Wird ein Stipendium gewährt, stellt sich die Frage nach der Anrechnung auf die Werbungskosten. Hierüber muss jetzt erstmalig der Bundesfinanzhof entscheiden.
Finanzamt kürzt Werbungskosten um Stipendium
Eine Studentin der Rechtswissenschaften absolvierte ein Masterstudium in den USA. Hierfür erhielt sie ein steuerfreies Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Das Stipendium umfasste einen Betrag von 9.000 €, einen Reisekostenzuschuss von 1.075 € und die Übernahme der Studiengebühren bis zu einer Höhe von 18.000 €. Die Studentin machte in ihren Einkommensteuererklärungen ungekürzte Fortbildungskosten als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt kürzte die Kosten um die Erstattungen des DAAD, weil das Stipendium ausschließlich zur Finanzierung des Masterstudiums gewährt worden sei und keine Minderung der objektiven Leistungsfähigkeit eintrete. Da die Kosten des Masterstudiums in vollem Umfang Werbungskosten in Zusammenhang mit den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit darstellten, sei auch das Stipendium in voller Höhe anzurechnen. Die Studentin sah hierin weder eine Gegenleistung im Rahmen eines Dienstverhältnisses zum DAAD noch für eine selbstständige Tätigkeit. Ein erwerbswirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Durchführung des Masterstudiums und den erzielten Vermögenszuflüssen lasse sich nicht erkennen. Zudem wurde der Betrag von 9.000 € als Lebenshaltungsstipendium gewährt. Das Finanzgericht Köln hat im Jahr 2018 entschieden, dass eine Kürzung von Werbungskosten nur erfolgt, soweit Bildungsaufwendungen – nicht aber Lebenshaltungskosten – ausgeglichen werden (vgl. Blog-Beitrag vom 18.3.2019)
Entscheidung des Finanzgerichts
Das im Klageverfahren angerufene Finanzgericht München wies die Klage als unbegründet zurück. Die Revision beim Bundesfinanzhof ließen die Richter zu, weil die steuerliche Behandlung von Stipendienleistungen bisher höchstrichterlich nicht abschließend geklärt ist. Dem Grunde nach bestehen an der Abzugsfähigkeit der Kosten des Masterstudiums als vorweggenommene Werbungskosten keine Zweifel. Die Einkommensteuer knüpft an die persönliche Leistungsfähigkeit an, sodass nach dem Kostenprinzip grundsätzlich nur derjenige Werbungskosten abziehen kann, der die Aufwendungen selbst wirtschaftlich getragen hat. Dies setzt voraus, dass der Steuerpflichtige mit den Aufwendungen wirtschaftlich belastet ist. Demnach war die Kürzung des Finanzamts korrekt, denn insoweit war die Studentin wirtschaftlich nicht belastet. Das gilt auch für die Stipendienleistungen zur Abgeltung der allgemeinen Lebenshaltungskosten, denn diese kürzten die geltend gemachten Kosten für Miete und Möbel für das Studentenwohnheim sowie die Verpflegungsmehraufwendungen.
Divergierende Rechtsprechung: Jetzt muss der Bundesfinanzhof ran
Innerhalb von 18 Monaten haben zwei Finanzgerichte auf den ersten Blick die Behandlung von Stipendienleistungen unterschiedlich bewertet. Während die Kölner Richter eine steuerschädliche ausbildungsspezifische Anrechnung nur in Höhe von 30 % der Leistungen sehen, rechnen die Münchner alles an. Aber auch das ergibt Sinn, wenn lebenshaltungsspezifische Kosten wie Miete und Verpflegungsmehraufwand zum Werbungskostenabzug gelangen. Nach dem Kölner Urteil hat die Finanzverwaltung den Weg vor den Bundesfinanzhof gescheut. Jetzt wird der oberste Gerichtshof erstmalig mit dem Thema befasst, denn die Revision ist bereits anhängig geworden. Bis zu einer Entscheidung sollten ähnliche Verfahren offengehalten werden.