Leichtfertige Steuerverkürzung bei Kaufleuten

Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs setzt sich insbesondere mit der Frage auseinander, welche Anforderungen bei Prüfung der Leichtfertigkeit an Kaufleute zu stellen sind. 

Auslöser war Unterbleiben einer grunderwerbsteuerlichen Anzeige 

Im zugrunde liegenden Fall bekam der Sohn von seinen Eltern in mehreren Tranchen alle Anteile an einer grundbesitzenden GmbH geschenkt. Keiner der Beteiligten zeigte den Vorgang ordnungsgemäß beim Finanzamt an, obwohl der Notar darauf hinwies, dass unter gewissen Voraussetzungen eine Grunderwerbsteuerpflicht bestehen könne. 

Mehrere Jahre später erlangte das Finanzamt Kenntnis von dem grunderwerbsteuerlich relevanten Vorgang und setzte Grunderwerbsteuer fest. Da nur die verlängerte Festsetzungsfrist bei Vorliegen einer leichtfertigen Steuerverkürzung diese Steuerfestsetzung erlaubte, kam es entscheidend darauf an, ob dem Sohn leichtfertiges Handeln vorzuwerfen war. 

 

Kriterien der Leichtfertigkeit 

Wer einer Anzeigepflicht nicht nachkommt, lässt im Allgemeinen Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis und kann deshalb grundsätzlich eine leichtfertige Steuerverkürzung begehen. 

Leichtfertigkeit bedeutet einen erheblichen Grad an Fahrlässigkeit. Ein derartiges Verschulden liegt vor, wenn ein Steuerpflichtiger nach den Gegebenheiten des Einzelfalls und seinen individuellen Fähigkeiten in der Lage gewesen wäre, den aus den einschlägigen gesetzlichen Regelungen sich im konkreten Fall ergebenden Sorgfaltspflichten zu genügen. 

Erkundigungen bei Auskunftspersonen 

Bei Prüfung der Leichtfertigkeit ist zunächst zu berücksichtigen, dass sich der Steuerpflichtige bei rechtlichen Zweifeln über seine steuerlichen Pflichten bei qualifizierten Auskunftspersonen zu erkundigen hat. 

Höhere Anforderungen bei Kaufleuten und ihrem kaufmännischen Tätigkeitskreis

Zu beachten sind immer Ausbildung, Tätigkeit und Stellung des Steuerpflichtigen. Der Erfahrungssatz, dass Kaufleute regelmäßig weitergehende Fähigkeiten als Nichtkaufleute besitzen, ist lediglich eine Ausprägung des Grundsatzes, dass auf die individuellen Fähigkeiten abzustellen ist. Der Umstand, dass ein Steuerpflichtiger über eine bestimmte Ausbildung oder Stellung verfügt, hat Indizwirkung, kann für sich genommen aber noch nicht die Leichtfertigkeit begründen. Es sind vielmehr die persönlichen Fähigkeiten des Steuerpflichtigen im Bereich der betreffenden Steuern zu bewerten. Irrelevant ist, ob privates oder geschäftliches Handeln vorliegt. 

Materiell-rechtlicher Kaufmannsbegriff maßgeblich 

Der Bundesfinanzhof stellt mit diesem Urteil klar, dass kein rein formeller Kaufmannsbegriff gilt. Lediglich aus der formalen Qualifikation (z.B. akademischer Grad) können keine erhöhten Sorgfaltsanforderungen abgeleitet werden. Es ist vielmehr erforderlich, bei den Anforderungen Ausbildung und Tätigkeit des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen. 
 

Dr. Sebastian Brinkmann

Rechtsanwalt / Steuerberater

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