Größere Gestaltungsfreiheit bei Übertragungen von und auf Mitunternehmerschaften
Steuerneutrale Übertragungsmöglichkeiten und ihre Grenzen
Während Übertragungen von Einzelwirtschaftsgütern auf Kapitalgesellschaften regelmäßig zur steuerpflichtigen Aufdeckung stiller Reserven führen, sieht die Vorschrift des § 6 Abs. 5 EStG für Übertragungsvorgänge auf und von Mitunternehmerschaften weitgehende Begünstigungen vor. Diese ermöglichen für eine Vielzahl von Übertragungsvorgängen zwischen Mitunternehmer:innen und Mitunternehmerschaft die Fortführung der Buchwerte und mithin die Vermeidung einer steuerpflichtigen Aufdeckung der stillen Reserven.
Die Inanspruchnahme dieser sogenannten Buchwertprivilegien knüpft jedoch an diverse Sperr- und Nachbehaltensfristen an: Zum einen darf das steuerneutral übertragene Wirtschaftsgut nicht zeitnah veräußert oder entnommen werden (Sperrfrist des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG). Zum anderen darf weder im Zuge der Übertragung selbst noch innerhalb der folgenden sieben Jahre der unmittelbare oder mittelbare Anteil eines Körperschaftsteuersubjekts, etwa einer GmbH oder AG, am übertragenen Wirtschaftsgut begründet werden oder sich erhöhen (sogenannte Körperschaftsklausel des § 6 Abs. 5 Satz 5, 6 EStG). Bei einem Verstoß gegen diese Voraussetzungen kommt es zu einer rückwirkenden Besteuerung der vormals steuerneutralen Übertragung.
Teleologische Reduktion der Körperschaftsklausel
Dem Bundesfinanzhof lag jüngst der folgende Sachverhalt zur Entscheidung vor. Nachdem ein Wirtschaftsgut unter Anwendung des oben genannten Buchwertprivilegs auf eine 100-prozentige Tochter-Kommanditgesellschaft (KG) übertragen worden war, erfolgte bereits im Folgejahr und somit innerhalb der siebenjährigen Frist eine Veräußerung von 51 % der Anteile an der Tochtergesellschaft an eine KG, deren Anteilseigner ausschließlich Körperschaften waren. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung verneinte der Bundesfinanzhof eine Anwendung der Körperschaftsklausel. Zwar sei der Wortlaut der Vorschrift erfüllt, da sich der mittelbare Anteil einer Körperschaft am übertragenen Wirtschaftsgut durch die Veräußerung erhöht habe, nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift sei allerdings eine teleologische Reduktion geboten. Das dem Gesetzgeber bei Konzeption der Körperschaftsklausel zugrunde liegende Anliegen, eine Ausnutzung der steuerlichen Statusverbesserung nach Übertragung stiller Reserven auf Körperschaftsteuersubjekte zu unterbinden, ergäbe sich bei vollentgeltlichen Übertragungen nicht. Im Zuge vollentgeltlicher Veräußerungsgeschäfte würden ohnehin sämtliche stillen Reserven aufgedeckt, sodass kein Anlass für eine rückwirkende Versagung der Steuerneutralität bestehe.
Ausblick
Das Urteil des Bundesfinanzhofs ist sehr zu begrüßen. Die Entscheidung liegt auf einer Linie mit den jüngst zu § 6 Abs. 5 EStG ergangenen Urteilen. Insbesondere bestätigte der Bundesfinanzhof erneut, dass die Veräußerung von Mitunternehmeranteilen nicht mit der Veräußerung des übertragenen Wirtschaftsguts selbst gleichgestellt werden könne und mithin kein Anwendungsfall der Sperrfrist des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG vorliege. Die jüngeren Urteile des Bundesfinanzhofs zeugen von einer am Sinn und Zweck orientierten Auslegung des § 6 Abs. 5 EStG und der zu beachtenden Einschränkungen. Dies erweitert zum einen die im Zuge von Umstrukturierungen gegebenen Gestaltungsmöglichkeiten und macht zum anderen Hoffnung für die Auslegung weiterer derzeit noch ungeklärter Rechtsfragen im Anwendungsbereich der Vorschrift. Unter Berücksichtigung der teleologischen Reduktion des Bundesfinanzhofs erstreckt sich der Anwendungsbereich der Körperschaftsklausel nun insbesondere auf Folgeumwandlungen, im Zuge derer es gerade nicht zur Aufdeckung der stillen Reserven im vormals übertragenen Wirtschaftsgut kommt. Darunter fallen insbesondere nicht zum gemeinen Wert erfolgende Einbringungsvorgänge sowie der Rechtsformwechsel der übernehmenden Gesellschaft in eine Körperschaft.