Was tun, wenn sich GmbH-Gesellschafterlisten im Handelsregister widersprechen?
Kernaussage
Wer Gesellschafter einer GmbH ist, entscheidet sich anhand der im Registerordner des Handelsregisters aufgenommenen Gesellschafterliste. Auch wenn die Liste nicht korrekt ist, weil der Betreffende z.B. längst aus der GmbH ausgeschieden ist, gilt er im Rechtsverkehr dennoch so lange als Gesellschafter, bis eine korrigierte Liste im Handelsregister hinterlegt ist. Das Berliner Kammergericht hatte sich in diesem Zusammenhang jüngst mit der Frage zu befassen, welche Gesellschafterliste gilt, wenn mehrere Listen am selben Tag in den Registerordner einer GmbH aufgenommen werden: Falls mehrere Gesellschafterlisten gleichen Datums vorhanden sind, ist die Liste entscheidend, die zuletzt vom Rechtspfleger in den betreffenden Registerordner aufgenommen wurde.
Sachverhalt
In der eingereichten Gesellschafterliste der betroffenen GmbH waren die Gesellschafterin A mit einer 27-prozentigen und die CH UG (haftungsbeschränkt) mit einer 73-prozentigen Beteiligung am Stammkapital ausgewiesen. Der Geschäftsführer der GmbH war zugleich Geschäftsführer und Alleingesellschafter der CH UG (haftungsbeschränkt). Mit Datum vom 2.11.2020 übermittelte ein Notar eine geänderte Gesellschafterliste zum Handelsregister der GmbH, nach der nur noch die Gesellschafterin A alleinige Anteilseignerin war. Drei Tage später, am 5.11.2020, reichte der Geschäftsführer der GmbH eine neue Liste beim Handelsregister ein; diese wies wiederum beide ursprünglichen Gesellschafter, nämlich die A und die CH UG (haftungsbeschränkt) als Anteilseigner mit der jeweils ursprünglichen Beteiligungsquote aus. Sie enthielt den Hinweis „Korrektur unrichtiger Eintragung“. Beide Gesellschafterlisten wurden sodann am 11.11.2020 in den Registerordner beim Handelsregister der GmbH aufgenommen. Ende Dezember 2020 führte die Gesellschafterin A allein eine Gesellschafterversammlung durch, in deren Verlauf der Geschäftsführer abberufen und eine dritte Person als Liquidator bestellt wurde. Der neue „Liquidator“ meldete seine Bestellung zur Eintragung in das Handelsregister an und scheiterte: Mangels Beteiligung der CH UG (haftungsbeschränkt) an der Beschlussfassung versagte das Registergericht die begehrte Eintragung, denn maßgeblich sei die Gesellschafterliste vom 5.11.2020, nach der sowohl die A als auch die CH UG (haftungsbeschränkt) Gesellschafter der GmbH seien. Die hiergegen erhobene Beschwerde hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Das Kammergericht entschied, dass bei zwei einander widersprechenden Gesellschafterlisten, die am selben Tag in den Registerordner aufgenommen werden, die jüngere Liste als zuletzt aufgenommene Liste anzusehen ist. Diesem Grundsatz entsprechend wurde die Beschwerde zurückgewiesen. Die Richter:innen erklärten, dass weder der Geschäftsführer abberufen noch eine dritte Person wirksam zum Liquidator bestellt worden sei. Der diesbezügliche Beschluss war unwirksam, weil die CH UG (haftungsbeschränkt) als Gesellschafterin bei der Fassung – entgegen der geltenden Gesellschafterliste vom 5.11.2020 – nicht beteiligt worden war.
Konsequenz
Die Entscheidung bestätigt die geltenden Regeln, wie mit konkurrierenden Gesellschafterlisten umzugehen ist: Auch bei taggleicher Einreichung neuer Listen gilt immer die zuletzt in den Registerordner des Handelsregisters aufgenommene Liste. Das kann insbesondere in Streitfällen folgenreich sein. Hier kommt der Gesellschafterliste eine besondere Bedeutung zu, denn sie legt fest, wer in der GmbH die Gesellschafterrechte ausüben darf (z.B. Stimmrechtsausübung bei Beschlüssen einer Gesellschafterversammlung). Es empfiehlt sich daher, die Gesellschafterliste bei Veränderungen im Gesellschafterkreis umgehend zu aktualisieren und turnusmäßig zu prüfen, ob die aktuell hinterlegte Liste noch die tatsächlichen Verhältnisse widerspiegelt.