Geschäftsleitende Holding-Personengesellschaft als Organträgerin
Personengesellschaften als Organträger
Auch eine Personengesellschaft im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG kann Organträger sein, wenn:
- die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung im Verhältnis zur Personengesellschaft selbst erfüllt ist,
- die Personengesellschaft eine gewerbliche Tätigkeit ausübt (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 KStG) und
- die Beteiligungen, die die finanzielle Eingliederung vermitteln, während der gesamten Dauer der Organschaft einer inländischen Betriebsstätte des Organträgers zuzurechnen sind.
Umfang der gewerblichen Tätigkeit
Nach der am 24.4.2025 veröffentlichten Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 27.11.2024 liegt eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 KStG einer Personengesellschaft auch dann vor, wenn sich die gewerbliche Tätigkeit der Organträger-Personengesellschaft ausschließlich auf Geschäftsleitungsfunktionen beschränkt. Die Erbringung anderer konzerninterner Dienstleistungen oder zusätzlicher gewerblicher Aktivitäten sind zur Erfüllung der gewerblichen Tätigkeit hingegen nicht erforderlich. Damit bestätigt das Gericht die Vorinstanz und positioniert sich gegen die Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 10.11.2005, BStBl. I 2005, 1038 Rn. 18 ff.).
Konkrete Ausgestaltung der Geschäftsführungstätigkeiten
Zunächst weisen die Richter:innen darauf hin, dass das Kriterium der wirtschaftlichen Eingliederung zur Begründung einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft seit dem Steuersenkungsgesetz vom 23.10.2000 (BGBl. I 2000, 1433) nicht mehr erforderlich sei. Daneben verweist der erkennende Senat auf seine ständige Rechtsprechung, nach der eine gewerbliche Tätigkeit einer Personengesellschaft auch in der Tätigkeit als geschäftsleitende Holding bestehen könne (z.B. Bundesfinanzhof vom 17.12.1969, BStBl. II 1970, 257).
Voraussetzung sei lediglich, dass die Organträger-Personengesellschaft eine durch äußere Merkmale erkennbare einheitliche Leitung über die Organgesellschaft(en) ausübe, mithin planmäßig Unternehmenspolitik betreibe. Diese Voraussetzung sei grundsätzlich erfüllt, wenn das herrschende Unternehmen Richtlinien über die Geschäftspolitik der von ihm abhängigen Unternehmen aufstelle oder ihnen schriftliche Weisungen erteile. Aber auch bereits das Aussprechen von Empfehlungen des herrschenden Unternehmens, gemeinsame Besprechungen und Beratungen könnten zur Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit genügen, wenn diese schriftlich dokumentiert werden. Nicht ausreichend sei es hingegen, wenn sich die einheitliche Leitung stillschweigend aus einer weitergehenden personellen Verflechtung der Geschäftsführungen der Konzernunternehmen ergebe. Ebenfalls keine gewerbliche Tätigkeit wird begründet, wenn sich die Tätigkeit der Personengesellschaft lediglich auf das Halten und Verwalten der Beteiligungen beschränkt. In diesem Fall liegt reine Vermögensverwaltung vor.
Praxishinweise und Ausblick
Die Entscheidung behandelt die äußerst praxisrelevante Frage, ob die Übernahme geschäftsleitender Funktionen originär gewerbliche Tätigkeiten im Sinne von § 15 EStG darstellen und eine Personengesellschaft dadurch die Voraussetzungen nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 KStG erfüllt. Eine Holding-Personengesellschaft wird unstreitig als gewerblich anerkannt, wenn sie gegenüber den von ihr abhängigen Organgesellschaften entgeltliche Leistungen erbringt (so auch BMF vom 10.11.2005, BStBl. I 2005, 1038 Rz. 18 ff.). Bislang nicht höchstrichterlich entschieden war die Frage, ob eine sogenannte geschäftsleitende Holding bereits als gewerbliches Unternehmen anzuerkennen ist. Das Urteil sorgt somit dahingehend für Rechtssicherheit, dass eine gewerbliche Tätigkeit auch dann gegeben ist, wenn sich die Tätigkeit lediglich auf Geschäftsführungsfunktionen beschränkt. Dabei komme es aber – wie immer – stets auf das Gesamtbild und die Umstände des Einzelfalles an. Eine schriftliche Dokumentation über die übernommenen Geschäftsleitungsfunktionen zwecks Beweisvorsorge ist dabei aber unerlässlich. Offengelassen hat der Bundesfinanzhof, ob eine geschäftsleitende Holding zwingend die Beteiligung an mindestens zwei Tochtergesellschaften voraussetzt, da die Klägerin im Streitfall über insgesamt neun Tochtergesellschaften verfügte.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.11.2024 – I R 23/21