Freibetrag bei der Vermögensübertragung auf eine Familienstiftung
Ob zur Verfolgung wohltätiger Zwecke, als Vehikel zur Vermeidung von Wegzugssteuer oder zum Vermögenserhalt: Die Gründung gemeinnütziger und nichtgemeinnütziger Stiftungen erfreut sich weiterhin großer Beliebtheit. Dass bei der Ausgestaltung der Satzung einer nichtgemeinnützigen Familienstiftung größte Sorgfalt geboten ist, hat der Bundesfinanzhof mit seiner am 31.5.2024 veröffentlichten Entscheidung erneut aufgezeigt.
Der Fall
Die Stifter – ein Ehepaar – hatten eine Tochter. Weitere Abkömmlinge, z.B. Enkel, existierten zum Zeitpunkt der Stiftungserrichtung nicht. Neben der angemessenen Versorgung der Stifter und der finanziellen Unterstützung der Tochter, sah die Stiftungssatzung wörtlich die „angemessene finanzielle Unterstützung weiterer Abkömmlinge des Stammes der Stifter, jedoch erst nach Wegfall der vorherigen Generationen“ als weiteren Stiftungszweck vor.
Im Rahmen der Festsetzung von Schenkungssteuer für die erstmalige Vermögensausstattung gewährte das Finanzamt der Stiftung lediglich einen Freibetrag von 100.000 €. Es begründete seine Entscheidung mit Verweis auf die von den Stiftern errichtete Satzung, wonach als entfernteste Berechtigte eigene Stammesabkömmlinge anzusehen seien. Dies gelte auch für den Fall, dass Enkel und Urenkel zum Zeitpunkt der Stiftungserrichtung noch nicht existiert hätten. Hiergegen wendeten sich die Stifter im Einspruchs- und anschließenden Klageverfahren und vertraten die Ansicht, dass der Stiftung ein Freibetrag von 400.000 € zu gewähren sei. Sie argumentierten, dass es darauf ankomme, dass der entferntest Berechtigte im Sinne des Gesetzes bereits leben müsse und daher unmittelbar Ansprüche gegenüber der Stiftung geltend machen könne. Dies sei im vorliegenden Fall allein ihre Tochter. Dementsprechend müsse derjenige Freibetrag zur Anwendung gelangen, der im Verhältnis zwischen den Stiftern und der Tochter gelten würde, nämlich 400.000 €.
Entscheidung des Bundesfinanzhofs
Die Revision der Kläger hatte keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof bestätigt die Rechtsauffassung der Vorinstanz, dass zwecks Identifizierung des Freibetrags und der Steuerklasse beim Vermögensübergang auf eine Familienstiftung als „entferntest Berechtigter“ derjenige anzusehen sei, der nach der Satzung potenziell Vermögensvorteile aus der Stiftung ziehen könne. Dies seien im vorliegenden Fall etwaige Enkel und Urenkel. Ob solche Personen bereits bei Errichtung der Stiftung existierten oder jemals geboren werden, ist nach Ansicht des Bundesfinanzhofes ebenso irrelevant wie die Einschränkung in der Satzung, dass solche Personen erst nach Ableben der vorherigen Generation – hier der Tochter – begünstigt werden sollten.
Entferntest Berechtigte und Steuerklassenprivileg – Einordnung des Urteils
Das Steuerklassenprivileg und die Frage, wer der entferntest Berechtigte ist, gilt lediglich für Vermögensübertragungen in den Fällen eines lebzeitigen Stiftungsgeschäfts oder auf Grund einer vom Stifter letztwilligen angeordneten Errichtung einer Stiftung von Todeswegen. Für andere Übertragungen wie z.B. Zustiftungen, gilt lediglich ein Freibetrag von 20.000 €.
Das Urteil ist insbesondere in den Fällen von Bedeutung, in denen das im Rahmen einer erstmaligen Stiftungsausstattung übertragene Vermögen nicht oder nicht vollständig einer sachlichen Erbschaft- und Schenkungssteuerbefreiungsvorschrift unterliegt. Durch gezielte Formulierungen in der Satzung kann der Stifter jedoch die Steuerklasse und den anzuwendenden Freibetrag bestimmen. Beschränkt sich der Kreis der Begünstigten auf Abkömmlinge, kommt zumindest ein Freibetrag von 100.000 € in der Steuerklasse I zur Anwendung.
Neben steuerlichen Aspekten sollte bei der Bestimmung des entferntest Berechtigten aber auch die Langlebigkeit der Stiftung im Auge behalten werden: Je weiter der Kreis der Begünstigten laut Satzung gefasst ist, desto länger kann die Stiftung - wenn keine Abkömmlinge des Stifters vorhanden sind - ihren Satzungszwecken nachkommen. Dies gilt es mit steuerlichen Nachteilen einer ungünstigeren Steuerklasse in Abhängigkeit der Höhe des nicht steuerbefreiten Vermögens abzuwägen.
Fazit
Wenngleich die Entscheidung des Bundesfinanzhofs nicht zu überraschen vermag, zeigt sie, dass beim Entwurf einer Familienstiftungssatzung erhöhte Sorgfalt geboten ist und sämtliche Formulierungen vorab mit dem Mandanten abgestimmt werden sollten. Generell empfiehlt es sich, bei der Errichtung der Stiftungssatzung die steuerlichen Rechtsfolgen der Vermögensübertragung unter Berücksichtigung von Steuerbefreiungen und Wahlrechten vorab zu simulieren und diese Erkenntnisse in die Satzungserstellung mit einfließen zu lassen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 28.02.2024, II R 25/21