Bundesfinanzhof: Erweiterte Grundstückskürzung bei umgekehrter Betriebsaufspaltung
Der Bundesfinanzhof hatte sich mit der Frage zu befassen, inwieweit bei einer umgekehrten Betriebsaufspaltung die gewerbliche Tätigkeit der Betriebspersonengesellschaft auf die Tätigkeit der Besitzkapitalgesellschaft durchgreift, mit der Folge, dass bei der Besitzkapitalgesellschaft für Zwecke der Gewerbesteuer nicht die erweiterte, sondern lediglich die einfache Grundstückskürzung Anwendung findet.
Der Fall
Die Klägerin war eine GmbH, deren Unternehmenszweck sich auf den Erwerb, das Halten und Verwalten sowie die Veräußerung von Immobilien beschränkte. Ihre Leistungen – insbesondere die mietweise Überlassung von Grundbesitz – erbrachte die Klägerin ausschließlich an verbundene Gesellschaften, so auch an die F-KG. Bei der F-KG handelte es sich um die Betriebsgesellschaft, die mittelbar über eine weitere GmbH zu 52,38 % an der Klägerin beteiligt war. Die restlichen Anteile an der Klägerin wurden mittelbar von einer natürlichen Person gehalten, die zugleich sämtliche Anteile an der F-KG hielt.
Die Finanzverwaltung argumentierte, dass der Klägerin die erweiterte Grundstückskürzung für Gewerbesteuerzwecke nicht zustünde, da im vorliegenden Fall aufgrund des Vorliegens einer sachlichen und personellen Verflechtung von einer Betriebsaufspaltung zwischen der Klägerin und der F-KG auszugehen sei. Bei einer Betriebsaufspaltung kommt die Gewährung der erweiterten Grundstückskürzung regelmäßig nicht in Betracht.
Durchgriffsverbot bei Kapitalgesellschaft als Besitzunternehmen
Die Klage hatte – wie auch schon in der Vorinstanz – Erfolg. Der Bundesfinanzhof bestätigt seine Rechtsprechung: Wenn eine Kapitalgesellschaft als Besitzunternehmen fungiert, komme es für die Erfüllung des Tatbestands der personellen Verflechtung darauf an, dass die Besitzkapitalgesellschaft selbst ihren geschäftlichen Betätigungswillen in der Betriebsgesellschaft durchsetzen kann. Davon sei auszugehen, wenn die Besitzkapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 % an der Betriebspersonengesellschaft beteiligt ist. Hingegen sei ein Rückgriff auf die hinter der Besitzkapitalgesellschaft stehenden Personen nicht zulässig.
Im entschiedenen Fall konnte die Klägerin ihren geschäftlichen Betätigungswillen nicht in der F-KG durchsetzen, da die Klägerin an der KG gar nicht beteiligt war, sondern umgekehrt. Das gewerbliche Gepräge der Tätigkeit der F-KG als Betriebsgesellschaft griff somit nicht auf die vermögensverwaltende Tätigkeit der Klägerin durch, mit der Folge, dass die erweiterte Grundstückskürzung für Zwecke der Gewerbesteuer zu gewähren war.
Rechtliche Einordnung des Urteils
Der Bundesfinanzhof betont, dass seine nun getroffene Entscheidung keine Abweichung zur Rechtsprechung aus dem Jahr 2021 darstellt. Seinerzeit hatte er entschieden, dass eine personelle Verflechtung auch dann gegeben sein kann, wenn die eine Betriebsaufspaltung vermittelnden, beherrschenden Gesellschafter:innen ihren einheitlichen, geschäftlichen Betätigungswillen in der Besitz- und der Betriebspersonengesellschaft lediglich mittelbar über eine Kapitalgesellschaft, die die Anteile an der Besitz- oder Betriebspersonengesellschaft hält, ausüben können. Demnach sind nunmehr folgende Fallkonstellationen zu unterscheiden:
- Immer dann, wenn zumindest die Besitzgesellschaft in der Rechtsform einer Personengesellschaft agiert, kann die mittelbare Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft einer Person oder Personengruppe eine entsprechende beherrschende Stellung vermitteln, ohne dass dadurch die rechtliche Selbstständigkeit der betreffenden Kapitalgesellschaft berührt wird. Eine Betriebsaufspaltung wäre die Folge und die erweiterte Grundstückskürzung nicht zu gewähren. Nach dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 21.11.2022 sind diese Grundsätze aus Gründen des Vertrauensschutzes jedoch erst ab dem Veranlagungs- und Erhebungszeitraum 2024 anzuwenden.
- Immer dann, wenn die Besitzgesellschaft in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft agiert und die Besitzkapitalgesellschaft nicht zugleich selbst ihren geschäftlichen Betätigungswillen in der Betriebsgesellschaft durchsetzen kann, greift – wie nun höchstrichterlich entschieden – das Durchgriffsverbot.
- Handelt es sich sowohl bei der Besitz- als auch der Betriebsgesellschaft um Schwesterkapitalgesellschaften, war bisher schon basierend auf der Rechtsprechung des Bundesfinanzhof aus dem Jahr 1979 eine Betriebsaufspaltung mangels personeller Verflechtung nicht anzunehmen. Diese Grundsätze waren aus Sicht der Finanzverwaltung auch nach dem Urteil aus dem Jahr 2021 gemäß gleichlautendem Ländererlass vom 22.11.2022 weiterhin anzuwenden.
Fazit und Ausblick
Das nun gefällte Urteil ist sehr zu begrüßen. Es sollte nunmehr hinreichend geklärt sein, wann in Konzernstrukturen unter Einbeziehung von Kapitalgesellschaften die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung gegeben sein können und wann nicht. Sind die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung nicht erfüllt, ist einer Besitzkapitalgesellschaft, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet, die erweiterte Grundstückskürzung für Zwecke der Gewerbesteuer zu gewähren.
Quellen: Bundesfinanzhof vom 22.2.2024 – Az. III R 13/23, Bundesfinanzhof vom 16.9.2021 – Az. IV R 7/18 und Bundesfinanzhof vom 1.8.1979 – Az. I R 111/78