Ermittlung der AfA-Bemessungsgrundlage für Gebäude bei teilweiser Schenkung
Kernaussage
Bei der Ermittlung der AfA-Bemessungsgrundlage für Gebäude, die von den Eltern gekauft, die Kaufpreise aber nicht gezahlt, sondern als Schenkung gewährt werden, liegt im Umfang der Schenkung keine wirtschaftliche oder finanzielle Belastung der Erwerber vor, die bei Ihnen zu Anschaffungskosten der Gebäude führen.
Sachverhalt
Mit notariellem Grundstückskaufvertrag v. 8.12.2016 erwarb die Klägerin (T) zum 31.12.2016 von ihren Eltern bzw. ihrer Mutter die bebauten, vermieteten Grundstücke W und O. Der für das Objekt W vereinbarte Kaufpreis i.H.v. 519.000 € wurde dergestalt geleistet, dass die T. dingliche Lasten i.H.v. 133.120 € übernahm und die Eltern ihr den verbleibenden Kaufpreis schenkten. Den für das Objekt O vereinbarten Kaufpreis i.H.v. 143.000 € schenkte ihr ihre Mutter. Die Notar- und Grundbuchkosten trug jeweils T. In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre (2016 bis 2019) machte T bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Gebäude-AfA auf der Grundlage eines (voll-)entgeltlichen Erwerbs der Objekte W und O als Werbungskosten geltend. Bei der Festsetzung der Einkommensteuern für die Streitjahre ging das FA beim Objekt W von einem teilentgeltlichen und beim Objekt O von einem voll unentgeltlichen Erwerb aus und minderte die jeweilige Gebäude-AfA unter Verweisung auf § 11d Abs. 1 EStDV entsprechend. Die hiergegen gerichteten Einsprüche blieben ohne Erfolg.
Zur Begründung führte T im Wesentlichen aus, der Erwerb der streitgegenständlichen Grundstücke sei voll entgeltlich erfolgt. Ein isolierter Rückgriff auf die ursprünglichen Anschaffungskosten für Zwecke der Ermittlung der AfA stelle eine ungerechtfertigte Benachteiligung dar. Die Grundstücke seien zu den aktuellen Verkehrswerten erworben worden. Anschließend sei ihr von den Verkäufern der Kaufpreis im Rahmen einer Schenkung erlassen worden. Es liege kein Fall des § 42 AO vor, da keine missbräuchliche Gestaltung gegeben sei. Ursächlich für diese Gestaltung der Transaktion seien wirtschaftliche Gründe gewesen.
Nachdem der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen wurde, legte T Klage ein.
Entscheidung
Das FG wies die Klage als unbegründet ab.
Das Objekt W sei von T teilentgeltlich angeschafft worden. In der Übernahme der dinglichen Lasten i.H.v. 133.120 € lägen Anschaffungskosten. Zudem seien der T für den Erwerb des Objekts W Anschaffungsnebenkosten (Notar- und Grundbuchkosten) entstanden, die nach § 255 Abs. 1 S. 2 HGB ebenfalls zu den Anschaffungskosten rechnen. Für das Vorliegen von Anschaffungskosten sei auf eine tatsächliche finanzielle Belastung der T abzustellen. Selbst bei getrennter Betrachtung der in dem notariellen Vertrag vereinbarten Rechtsgeschäfte in Form eines Kaufvertrages und einer Schenkung läge keine höhere Belastung der T vor, da diese keine eigenen Mittel aufgewendet habe, um das vorgenannte Objekt zu erwerben. Unter Berücksichtigung des Verkehrswertes des Grundstücks i.H.v. 519.000 € und der Aufwendungen der T. i.H.v. 133.120 € habe der entgeltliche Anteil lediglich 25,65 % betragen. Die Anschaffungsnebenkosten seien dabei in voller Höhe den Anschaffungskosten des Gebäudes zuzurechnen. Hinsichtlich des unentgeltlichen Teils habe T nach § 11d Abs. 1 EStDV anteilig (= zu 74,35 %) die AfA der Eltern fortzuführen. Ihre Anschaffungskosten habe sie nach § 7 Abs. 1, 4 EStG abzusetzen.
Das Objekt O sei von T ebenfalls teilentgeltlich angeschafft worden, T hatte ausschließlich Anschaffungsnebenkosten; einen Kaufpreis für das Objekt hat T nicht tatsächlich aufgewendet. T habe einen Kaufpreis für das Objekt nicht aufgewendet. Die Vertragsparteien hätten zwar einen Kaufpreis i.H.v. 143.000 € vereinbart, jedoch habe ihr ihre Mutter diesen Betrag geschenkt. T habe somit lediglich die Anschaffungsnebenkosten tatsächlich aufgewendet. Diese seien im Wege der AfA abziehbar, da sie der Überführung des bebauten Grundstücks von der fremden in die eigene Verfügungsmacht und damit der Verwirklichung des Tatbestands der Erzielung der Einkünfte der T aus Vermietung und Verpachtung dienten. Die AfA ermittele sich daher aus einer nach § 11d EStDV fortgeführten AfA und einer eigenen AfA der Kl. nach § 7 Abs. 1, 4 EStG.
Hinweis
Das Besprechungsurteil stellt erneut klar, dass die AfA-Befugnis nicht nur voraussetzt, dass der Steuerpflichtige den Tatbestand der Einkunftserzielung erfüllt, sondern es müssen von ihm auch die Anschaffungs- oder Herstellungskosten getragen worden oder ihm zumindest steuerrechtlich (z.B. nach § 11d Abs. 1 EStDV) zuzurechnen sein.
Bei einem teilentgeltlichen Erwerb im Privatvermögen ist die Übertragung des Grundstücks in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil nach dem Verhältnis der Anschaffungskosten zu den Verkehrswerten aufzuteilen. Bezüglich des unentgeltlichen Teils hat der Steuerpflichtige die AfA des Rechtsvorgängers nach § 11d Abs. 1 EStDV fortzuführen. Hinsichtlich des entgeltlichen Teils hat er seine Anschaffungskosten nach § 7 Abs. 1, 4 EStG abzuschreiben. Es kommt zu zwei eigenständigen AfA-Reihen.
Das FG hat die Revision nicht zugelassen, da es keine Zulassungsgründe sah. Jedoch wurde zwischenzeitlich eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, die unter dem Az. IX B 39/23 beim BFH anhängig ist.
Fundstelle
FG Münster, Urt. v. 24.3.2023 – 2 K 1801/22 E