Bundestag und Bundesrat beschließen Jahressteuergesetz 2018
Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften
Das Jahressteuergesetz 2018, im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens umbenannt in „Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“, ist am 8.11.2018 vom Bundestag und anschließend am 23.11.2018 vom Bundesrat verabschiedet worden. Es ist davon auszugehen, dass das Gesetz noch in diesem Jahr im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird. Hervorzuheben sind insbesondere die Einigungen bei den Änderungen zur Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen und zum Verlustabzug bei Kapitalgesellschaften.
Inkrafttreten der Steuerbegünstigung von Sanierungsgewinnen
Verzichtet ein Gläubiger zum Zwecke der Sanierung auf seine Forderung gegenüber einem Unternehmen bzw. erfolgt der Forderungsverzicht durch Umwandlung der Forderung in Eigenkapital (sogenannter „Debt-Equity-Swap“), kann durch den Wegfall der Verbindlichkeit bei dem Gläubiger ein Sanierungsgewinn entstehen. Der für den Steuerpflichtigen vorteilhafte Sanierungserlass, wonach die Ertragsteuern auf Sanierungsgewinne aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen sind, wurde mit Beschluss vom 28.11.2016 vom Großen Senat des Bundesfinanzhofs als rechtswidrig qualifiziert, weil er gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstoße (dhpg Meldung vom 1.3.2017).
Der Gesetzgeber reagierte durch eine gesetzliche Regelung in § 3a EStG, deren Wirksamkeit von einem positiven „Beschluss“ der EU-Kommission hinsichtlich der Vereinbarkeit mit europäischem Beihilferecht abhängt. Da die gesetzliche Neuregelung nur Fälle nach der Veröffentlichung des Beschlusses des Großen Senats (ab 9.2.2017) erfasst, ordnete das Bundesministerium der Finanzen mit Schreiben vom 27.4.2017 die weitere Anwendung des Sanierungserlasses auf die Fälle an, in denen der Forderungsverzicht davor endgültig vollzogen wurde. Der Bundesfinanzhof stellte daraufhin in zwei Verfahren fest, dass auch die Übergangsregelung einen Verstoß gegen die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung darstellt. Die Finanzverwaltung zeigte sich davon unbeeindruckt und wendet die Urteile über die entschiedenen Einzelfälle hinaus nicht an (dhpg Meldung vom 4.6.2018). Im August sprach sich schließlich die EU-Kommission im Rahmen eines informellen „Comfort Letters“ für die Vereinbarkeit der Steuerbegünstigung von Sanierungsgewinnen in § 3a EStG aus (dhpg Meldung vom 14.8.2018). Mangels Beschluss trat damit das Gesetz allerdings immer noch nicht in Kraft.
Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2018 soll nun die aufschiebende Bedingung des Inkrafttretens der Steuerbegünstigung für Sanierungserträge aufgehoben werden. Zudem ist vorgesehen, dass auf Antrag des Steuerpflichtigen die Steuerbegünstigung auch in den Fällen anzuwenden ist, in denen die Schulden vor dem 9.2.2017 erlassen wurden.
Streichung des quotalen Verlustuntergangs bei Anteilseignerwechsel
Ein schädlicher Beteiligungserwerb kann bei einer Körperschaft (insbesondere bei einer Kapitalgesellschaft) zu einem Untergang von steuerlichen Verlustvorträgen und laufenden Verlusten führen. Schädlich ist ein Beteiligungserwerb, wenn damit innerhalb von fünf Jahren unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 % der Kapitalanteile oder Stimmrechte auf einen Erwerber oder eine Erwerbergruppe übertragen werden. In diesem Fall gehen die Verluste quotal im Umfang des schädlichen Beteiligungserwerbs unter (§ 8c Abs. 1 Satz 1 KStG). Bei einer Übertragung von mehr als 50 % der Anteile gehen die Verluste sogar vollständig unter (§ 8c Abs. 1 Satz 2 KStG). Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 29.3.2017 entschieden, dass der quotale Verlustuntergang bei unmittelbaren Anteilsübertragungen an einer Kapitalgesellschaft, die nach dem 31.12.2007 und vor dem 1.1.2016 stattgefunden haben, also vor Einführung des fortführungsgebundenen Verlustvortrags (§ 8d KStG), verfassungswidrig ist (dhpg Meldung vom 1.6.2017).
Zur Umsetzung dieses Beschlusses ist im Jahressteuergesetz 2018 die Streichung des quotalen Verlustuntergangs vorgesehen - und zwar nicht nur für den vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Zeitraum, sondern auch darüber hinaus. Die Abschaffung von Satz 1 soll erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008 und auf sämtliche Anteilsübertragungen nach dem 31.12.2007 anzuwenden sein.
Positive Entwicklungen
Das Inkrafttreten der Begünstigung für die Besteuerung von Sanierungsgewinnen und die Beschneidung der Verlustuntergangsvorschrift beim Anteilseignerwechsel sind zwei positive Entwicklungen im Unternehmenssteuerrecht. Offensichtlich hat der Gesetzgeber befürchtet, dass die Verfassungswidrigkeit des quotalen Verlustuntergangs auch nicht durch die Einführung des fortführungsgebundenen Verlustvortrags geheilt werden könne. Sein proaktives Handeln ist für die Steuerpflichtigen zu begrüßen. In der Praxis ist nun zu prüfen, welche einschlägigen Steuerbescheide noch offen sind.