Bundesfinanzhof kippt den Sanierungserlass

Hintergrund

Verzichtet ein Gläubiger zum Zwecke der Sanierung auf seine Forderung gegenüber einem Unternehmen bzw. erfolgt der Forderungsverzicht durch Umwandlung der Forderung in Eigenkapital (sog. „Debt-Equity-Swap“), kann durch den Wegfall der Verbindlichkeit bei dem Gläubiger ein Sanierungsgewinn entstehen. Dieser war gem. § 3 Nr. 66 EStG a. F. steuerfrei, wenn das Unternehmen sanierungsbedürftig war, die Schulden voll oder teilweise erlassen wurden, der Gläubiger mit Sanierungsabsicht handelte und der Schuldenerlass zur Sanierung des Unternehmens geeignet war. Durch die Aufhebung dieser Vorschrift mit Wirkung für den Veranlagungszeitraum 1998 sind Sanierungsgewinne nach geltendem Recht allerdings grundsätzlich steuerpflichtig, es sei denn die Steuerbefreiung wird durch Billigkeitsmaßnahme im Einzelfall gewährt.

Mit Schreiben vom 27.3.2003 hatte das Bundesministerium der Finanzen angewiesen, Ertragsteuern auf Sanierungsgewinne aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen, sofern ein Antrag gestellt wurde und bestimmte Voraussetzungen – ähnlich denen des § 3 Nr. 66 EStG a. F. – vorlagen (sog. „Sanierungserlass“). Die Vorlage eines Sanierungsplans reichte in der Regel aus, um die Billigkeitsmaßnahme in Anspruch zu nehmen. Über die Rechtmäßigkeit dieser Verwaltungsanweisung hat nun der Große Senat des Bundesfinanzhofs geurteilt.

Sachverhalt

Geklagt hatte ein Einzelunternehmer, der in den Veranlagungszeiträumen 2001 bis 2006 Verluste erlitten hatte. Im Jahr 2007 verzichtete daraufhin eine Sparkassen und Bankengruppe auf „nicht bedienbare Forderungen“. Das zuständige Finanzamt legte für die Ermittlung der Einkommensteuer den erklärten Jahresabschluss 2007 inklusive des Sanierungsgewinns zugrunde und setzte die Steuer entsprechend fest. Der hiergegen eingelegte Einspruch und der Antrag auf „Erlass der anfallenden Steuern auf den Sanierungsgewinn“ blieben erfolglos. Die Finanzverwaltung berief sich auf die Folgejahre 2008 und 2009, in denen wieder Verluste erwirtschaftet wurden, und verneinte deswegen die für den Billigkeitserlass notwendige Sanierungseignung der Forderungsverzichte. Auch im Klageverfahren konnte das Sächsische FG nicht von dem Anspruch auf die Steuerbegünstigung überzeugt werden. Der für das Revisionsverfahren zuständige zehnte Senat des Bundesfinanzhofs legte daraufhin dem Großen Senat die Frage vor, ob der Sanierungserlass gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstoße.

Entscheidung

Der Große Senat des Bundesfinanzhofs hat nun mit Beschluss vom 28.11.2016 den Sanierungserlass als rechtswidrig qualifiziert. Mit dem Sanierungserlass als typisierende Regelung für einen Steuererlass außerhalb der nach §§ 163 und 227 AO im Einzelfall möglichen Billigkeitsmaßnahmen nehme das Bundesministerium der Finanzen eine strukturelle Gesetzeskorrektur vor und verstoße damit gegen das Legalitätsprinzip. Das Gericht betont allerdings auch, dass im Einzelfall ein Erlass von Steuern auf Sanierungsgewinne aus persönlichen Billigkeitsgründen grundsätzlich möglich sei.

Hinweis

Ein Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen erfordert, dass der Steuerpflichtige als erlassbedürftig und -würdig angesehen wird. Es bleibt abzuwarten, welche Kriterien hier die Finanzverwaltung in Zukunft für Sanierungsfälle heranziehen wird. Fachkreise hoffen derweil auf das Einschreiten des Gesetzgebers. Die Entscheidung des Großen Senats erschwert in jedem Fall laufende Sanierungsprojekte.

Benno Lange

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

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