BEFIT & Co. – EU-Kommission legt Vorschläge zur Unternehmensbesteuerung vor

Steuerliche Initiativen der EU-Kommission vom 12.9.2023

Über viele Jahre hinweg beschränkte sich eine europaweite Harmonisierung der Steuersysteme weitgehend auf die Umsatzsteuer auf Basis der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie. Mit der Initiative der OECD und G-20-Staaten zur Bekämpfung von aggressiver Steuervermeidung und künstlicher Gewinnverlagerung (BEPS) hat sich dies geändert. Viele der Maßnahmen aus den 15 BEPS-Berichten wurden in EU-Richtlinien umgesetzt, zuletzt insbesondere der Plan zu einer globalen Mindestbesteuerung (Pillar Two) von 15 % für multinationale Unternehmensgruppen mit einem konsolidierten Jahresumsatz von mindestens 750 Mio. €. Der steuerliche Gestaltungswille der EU-Kommission scheint damit aber noch nicht abgeschlossen zu sein, wie drei parallel am 12.9.2023 veröffentlichte Papiere belegen.

BEFIT-Initiative

Der Vorschlag „Business in Europe: Framework for Income Taxation (BEFIT)“ beinhaltet ein neues, einheitliches Regelwerk zur Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage von Konzernen, die in der EU tätig sind und einen jährlichen Gesamtumsatz von mindestens 750 Mio. € haben. Der Vorschlag baut auf der EU-Richtlinie zur globalen Mindestbesteuerung auf und beinhaltet drei Kernelemente:

  • Gemeinsame Regeln für die Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage auf Ebene der Rechtsträger: Jedes Mitglied einer BEFIT-Gruppe ermittelt sein vorläufiges steuerliches Ergebnis auf Basis seines buchhalterischen Nettogewinns oder -verlusts, korrigiert um bestimmte Hinzurechnungen und Kürzungen. Bei einem in der EU ansässigen obersten Mutterunternehmen ist der Rechnungslegungsstandard, der bei der Erstellung des konsolidierten Abschlusses des obersten Mutterunternehmens verwendet wird, maßgeblich.
  • Aggregation der Steuerbemessungsgrundlage der Gruppe auf EU-Ebene: Die steuerlichen Ergebnisse aller Mitglieder der Gruppe werden in einer einzigen Steuerbemessungsgrundlage zusammengefasst. Dies soll zu einem grenzüberschreitenden Verlustausgleich führen, da Verluste in einem Land automatisch gegen Gewinne in einem anderen Land aufgerechnet werden.
  • Aufteilung der aggregierten Steuerbemessungsgrundlage: Für jedes Mitglied der BEFIT-Gruppe wird ein prozentualer Anteil an der aggregierten Steuerbemessungsgrundlage berechnet, der dem Durchschnitt der zu versteuernden Ergebnisse der drei vorangegangenen Steuerjahre entspricht. Diese Aufteilung ist als Übergangsmaßnahme geplant und soll nur für Wirtschaftsjahre zwischen dem 1.7.2028 und dem 30.6.2035 zur Anwendung kommen. Anschließend soll die EU-Kommission einen endgültigen Allokationsmechanismus entwickeln.

Die Vorschriften sollen am 1.7.2028 (BEFIT) in Kraft treten. 

Richtlinienentwurf zu Verrechnungspreisen

Ebenfalls als Teil des BEFIT-Pakets hat die EU-Kommission einen Richtlinienvorschlag zur Vereinheitlichung der Verrechnungspreisregeln innerhalb der EU vorgelegt. Ausgangspunkt der Überlegungen sind drei identifizierte Problemfelder im Bereich der Verrechnungspreise:

  • Gewinnverlagerung und folglich Steuervermeidung durch falsche Verrechnungspreise,
  • Doppelbesteuerung durch eine unterschiedliche Würdigung durch die involvierten Staaten und
  • hohe Compliance-Kosten sowohl bei der Preissetzung als auch der Dokumentation.

Die EU-Kommission möchte die bestehende Komplexität und die Unterschiede in den Standortbedingungen reduzieren, die durch eine unterschiedliche Übernahme und Anwendung der OECD-Richtlinien entstanden sind. Zu diesem Zweck sollen der Fremdvergleichsgrundsatz fest im europäischen Recht verankert, wesentliche Verrechnungspreisregeln harmonisiert, die Rolle der OECD-Richtlinien klargestellt und verbindliche Regeln zu spezifischen Verrechnungspreisfragen innerhalb der EU entwickelt werden.

Der Richtlinienvorschlag besteht aus drei Bereichen:

  • Beschreibung des Fremdvergleichsgrundsatzes,
  • detaillierte Verrechnungspreisregeln und
  • Entwicklung eines Rahmens zur weiteren Vereinfachung der Durchführung von Verrechnungspreisanalysen.  

Es ist beabsichtigt, dass die verabschiedete Richtlinie bis zum 31.12.2025 in nationales Recht überführt wird und ab dem 1.1.2026 gilt.  

Richtlinienentwurf „Head Office Tax System“

Der Richtlinienentwurf der EU-Kommission mit dem Titel „Head Office Tax System (HOT)“ sieht für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die in der EU grenzüberschreitend nur über Betriebsstätten (nicht in Form von Tochtergesellschaften) tätig sind, eine Option vor, die zu entrichtenden Steuern ausschließlich auf der Grundlage der Steuervorschriften des Mitgliedstaats zu berechnen, in dem das Unternehmen seinen Hauptsitz hat, und auch lediglich eine Steuererklärung in dem Mitgliedstaat des Hauptsitzes abzugeben. Die Regelungen sollen ab dem 1.1.2026 zur Anwendung kommen.  

Ausblick

Die Vorschläge der EU-Kommission sind ehrgeizig – und zugleich auch nicht der erste Versuch, das System der direkten Steuern innerhalb der EU zu vereinheitlichen. Doch während bislang Pläne zur Implementierung einer Gemeinsamen (Konsolidierten) Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage politisch nicht durchsetzbar waren, könnten nun im Zuge der Pillar-Two-Umsetzung die Chancen besser stehen. Für die betroffenen Unternehmen könnte die BEFIT-Initiative neben weiterem Verwaltungsaufwand auch nicht zu unterschätzende Vorteile bieten, wie beispielsweise eine grenzüberschreitende Verlustverrechnung. Beachtung verdienen auch die Vorschläge zu den Verrechnungspreisen, die unabhängig von der Größe der Unternehmen gelten sollen. Wir werden über die weitere Entwicklung an dieser Stelle informieren.

EU-Kommission, BEFIT-Vorschlag, Richtlinienentwurf zu den Verrechnungspreisen, Entwurf des Richtlinientextes („HOT“) vom 12.9.2023

Benno Lange

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

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Nadine Sinderhauf

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