Erlass eines delegierten Rechtsakts zur Anhebung der Schwellenwerte für die Größenkriterien von Unternehmen und Gruppen

Hintergrund

Am 17.10.023 hat die Europäische Kommission einen delegierten Rechtsakt zur Änderung der monetären Schwellenwerte in Art. 3 der Richtlinie (EU) 2013/34 (EU-Bilanzrichtlinie) für die Bestimmung der Größenkriterien von Unternehmen und Konzernen erlassen. 

Inflationsbedingte Bereinigung der monetären Schwellenwerte erforderlich

Die EU-Bilanzrichtlinie bildet den rechtlichen Rahmen für die Aufstellung, die Darstellung, die Offenlegung und die Prüfung von Jahres- und Konzernabschlüssen von Unternehmen mit Sitz in der EU. Gemäß Art. 3 Abs. 13 der EU-Bilanzrichtlinie muss die Kommission die monetären Größenkriterien zur Einstufung von Kleinstunternehmen, kleinen, mittleren und großen Unternehmen oder Konzernen alle fünf Jahre überprüfen und gegebenenfalls inflationsbedingt anpassen. Zuletzt wurden die Schwellenwerte im Jahr 2013 angepasst. Angesichts der jüngsten Inflationsentwicklung hält die Kommission eine inflationsbedingte Bereinigung der monetären Schwellenwerte „Umsatzerlöse“ und „Bilanzsumme“ um aufgerundet 25 % für erforderlich.

Neue inflationsbereinigte Schwellenwerte

Der delegierte Rechtsakt der Kommission sieht eine Änderung auf folgende Schwellenwerte vor:

Größenkriterien

Kleinst-
unternehmen

Kleine Unternehmen

Mittelgroße Unternehmen

Große Unternehmen

Bilanzsumme ≤ 450.000 € ≤ 5.000.000 € ≤ 25.000.000 € > 25.000.000 €
Umsatzerlöse ≤ 900.000 € ≤ 10.000.000 € ≤ 50.000.000 € > 50.000.000 €
Zahl der Arbeitnehmer:innen unverändert (≤ 10) unverändert (≤ 50) unverändert (≤ 250) unverändert (> 250)

 

Wie schon zuvor werden die Mitgliedstaaten weiterhin das Wahlrecht haben, die Schwellenwerte für kleine Unternehmen über die oben genannten Werte hinausgehend festzulegen. Allerdings dürfen sie eine Bilanzsumme von 7.500.000 € und Umsatzerlöse von 15.000.000 € nicht überschreiten. Deutschland hat das Wahlrecht bisher zugunsten der maximal möglichen Schwellenwerte ausgeübt.

Auswirkungen der Anpassung der Schwellenwerte

  • Die Anhebung der monetären Schwellenwerte für die Bestimmung der Größenklasse eines Unternehmens (§ 267 Handelsgesetzbuch – HGB) verhindert, dass insbesondere Kleinst- und kleine Unternehmen angesichts der erheblichen Inflation in den Jahren 2021 und 2022 den für größere Unternehmen geltenden strengeren Rechnungslegungsvorschriften unterworfen werden. 
  • Kleine oder mittelgroße Unternehmensgruppen werden trotz inflationsbedingt angewachsener Größenmerkmale weiterhin die größenabhängige Befreiung von der Konzernrechnungslegungspflicht (§ 293 HGB) in Anspruch nehmen können.
  • Mit der Anpassung der Schwellenwerte verringert sich auch der Anwenderkreis der von der Nachhaltigkeitsberichterstattung betroffenen Unternehmen. Einige bislang als „große Kapitalgesellschaften“ eingestufte Unternehmen fallen zukünftig nicht mehr in den unmittelbaren Anwendungsbereich der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und unterliegen damit auch nicht mehr der Berichterstattung nach Art. 8 der EU-Taxonomie-Verordnung.

Ausblick

Die Änderungsrichtlinie zur EU-Bilanzrichtlinie tritt erst am dritten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft. Zuvor können das EU-Parlament und der Europäische Rat zwei Monate lang Einwände erheben. Nach Inkrafttreten haben die Mitgliedstaaten zwölf Monate Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Dabei haben die Mitgliedstaaten ein Wahlrecht, den Unternehmen zu gestatten, die neuen Schwellenwerte bereits auf Geschäftsjahre anzuwenden, die am oder nach dem 1.1.2023 begonnen haben. Andernfalls sollen die neuen Schwellenwerte erstmals für Geschäftsjahre gelten, die am oder nach dem 1.1.2024 beginnen.

Andreas Stamm

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

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Thomas Bernhardt

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

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