Abfärbewirkung gilt auch bei gewerblichen Verlusten
Hintergrund
Eine Personengesellschaft erzielt nicht nur gewerbliche Einkünfte, wenn sie selbst einen Gewerbebetrieb unterhält. Gewerbliche Einkünfte kann eine Personengesellschaft auch dann und in vollem Umfang erzielen, wenn diese neben einer ansonsten rein vermögensverwaltenden oder freiberuflichen Tätigkeit auch eine in geringem Maße gewerbliche Tätigkeit ausübt. Die Gewerblichkeit färbt dann insgesamt auf die Einkünfte der Personengesellschaft ab, weshalb in diesem Zusammenhang auch von der Abfärbetheorie gesprochen wird. In unserem Blogbeitrag vom 22.8.2019 haben wir bereits zu einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs im Zusammenhang mit der Abfärbewirkung bei Beteiligungseinkünften Stellung genommen.
Abfärbewirkung auch bei gewerblichen Verlusten einer GbR
In einem jüngst ergangenen Urteil hatte der Bundesfinanzhof zu entscheiden, ob auch Verluste aus einer gewerblichen Tätigkeit Abfärbewirkung auf die ansonsten rein vermögensverwaltenden Einkünfte einer GbR entfalten können. Klägerin war in dem Streitfall eine GbR, die neben dem gewerblichen Betrieb einer Photovoltaikanlage ansonsten nur rein vermögensverwaltende Einkünfte erzielt hat. Der Bundesfinanzhof hat in der Vergangenheit für die Umqualifizierung der vermögensverwaltenden oder freiberuflichen Einkünfte in gewerbliche Einkünfte eine Bagatellgrenze ausgesprochen, die nur dann zu einer Abfärbung der übrigen Erlöse in ebenfalls gewerbliche Einkünfte führt, wenn die originär gewerblichen Nettoumsatzerlöse 3 % der Gesamtnettoerlöse der Gesellschaft oder den Betrag von 24.500 € pro Veranlagungszeitraum übersteigen.
In Bezug auf diese Bagatellgrenze hatte der Bundesfinanzhof in einem Urteil aus dem Jahr 2018 entschieden, dass allenfalls positive gewerbliche Einkünfte für Zwecke der Prüfung der Bagatellgrenze herangezogen werden können. Mit dem jüngst ergangenen Urteil hat der Bundesfinanzhof seine damalige Rechtsauffassung aufgegeben und bezieht fortan auch gewerbliche Verluste in die Prüfung der Bagatellgrenze mit ein. Dies hatte im Streitfall zur Folge, dass trotz eines insgesamt vorhandenen gewerblichen Verlusts das Überschreiten der Bagatellgrenze zu einer vollumfänglichen Abfärbung der Gewerblichkeit auf die übrigen Einkünfte führte.
Der Bundesfinanzhof stellte überdies klar, dass die Abfärbewirkung für gemischt tätige vermögensverwaltende Personengesellschaften nicht stärker einzuschränken sei, als dies bisher für gemischt tätige freiberufliche Personengesellschaften der Fall war. Eine höhere Bagatellgrenze für vermögensverwaltende Personengesellschaften ist nach Auffassung des Bundesfinanzhofs nicht gerechtfertigt. Überdies bejahte der Bundesfinanzhof auch die Verfassungsmäßigkeit der Abfärbetheorie.
Vermeidung der Abfärbetheorie durch Schwester-Personengesellschaft
Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil nochmals klargestellt, dass die Abfärbewirkung bei ansonsten rein vermögensverwaltenden oder freiberuflichen Personengesellschaften durch Gründung einer weiteren, personenidentischen Schwester-Personengesellschaft vermieden werden kann (sogenanntes Ausgliederungsmodell). Nach Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs übt jede Personengesellschaft als eigenständiges Einkünfteerzielungsobjekt auch eigenständig zu qualifizierende Tätigkeiten aus. Demnach steht es der zivilrechtlichen und steuerlichen Betrachtung nicht entgegen, wenn eine weitere, personenidentische Schwester-Personengesellschaft gegründet und nur dort die gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird. Im Streitfall war eine solche Schwester-Personengesellschaft durch die Vorinstanz verneint worden, da eine von der ersten Gesellschaft abgrenzbare zweite Personengesellschaft nicht festgestellt werden konnte und auch die übrigen Beweisanzeichen dagegensprachen, wie z.B. keine getrennten Bankkonten und Kassen, keine verschiedenen Rechnungsvordrucke, keine eigenständige Buchführung.