Was Arbeitgeber über die „1a-Kündigung“ wissen müssen
Was bedeutet eine 1a-Kündigung?
Auch wenn die Bezeichnung vermuten lässt, dass mit einer 1a-Kündigung umgangssprachlich eine besonders gelungene Kündigung gemeint sein könnte, trügt dieser erste Gedanke. Als 1a-Kündigung wird vielmehr eine Kündigung bezeichnet, die sich auf die Vorschrift des § 1a des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) stützt. Diese Vorschrift regelt den Fall, dass Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse kündigen und den betroffenen Mitarbeiter:innen zugleich eine Abfindung für den Fall anbieten, dass diese keine Kündigungsschutzklage erheben.
Diese Vorschrift wurde als Reaktion auf die arbeitsrechtliche Praxis eingeführt. Denn häufig kommt es vor allem nach der betriebsbedingten Kündigung recht rasch zum Vergleich, in dem die Mitarbeiter:innen ihr Arbeitsverhältnis gegen Abfindung aufgeben. Ein Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag gefährdet aber den Bezug von Arbeitslosengeld, weshalb nicht selten der Umweg gewählt wurde, dass Kündigungsschutzklage erhoben und dann die Einigung protokolliert wird. In manchen Fällen lässt sich dieser Umweg durch einen Sozialplan vermeiden. Für die übrigen Fälle soll § 1a KSchG nach der Gesetzesbegründung eine „einfach zu handhabende, moderne und unbürokratische Alternative zum Kündigungsschutzprozess“ schaffen.
Voraussetzungen der 1a-Kündigung
Arbeitgeber müssen die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse stützen und dies den jeweiligen Arbeitnehmer:innen ausnahmsweise auch in der Kündigungserklärung mitteilen. In der Regel raten Arbeitsrechtler:innen davon ab, den Kündigungsgrund im Kündigungsschreiben zu benennen; auch hier ist nicht der genaue Grund, wohl aber die Angabe erforderlich, dass es sich um eine betriebsbedingte Kündigung handelt. Kündigungen, die aus personen- oder verhaltensbedingten Gründen ergehen, können nicht auf die Vorschrift des § 1a KSchG gestützt werden; dann bleibt für eine Abfindungslösung nur die einvernehmliche Regelung, ob nun per Aufhebungsvertrag oder erst im Prozess. Auch auf außerordentliche Kündigungen findet § 1a KSchG keine Anwendung. Eine Ausnahme davon gilt in bestimmten Fällen lediglich für ordentlich unkündbare Arbeitnehmer:innen.
Gleichzeitig müssen Arbeitgeber die Abfindung anbieten und dies mit dem schriftlichen Hinweis verbinden, dass ein Anspruch auf die Zahlung allein davon abhängt, dass die Arbeitnehmer:innen die dreiwöchige Klagefrist verstreichen lassen. Auf die konkrete Höhe der Abfindung müssen Arbeitgeber nicht bereits in der Kündigung hinweisen. Ausreichend ist es, wenn auf die gesetzliche Abfindung verwiesen wird. Es mag sich aber anbieten, dies – gegebenenfalls außerhalb des eigentlichen Kündigungsschreibens – zu kommunizieren, um für die Mitarbeiter:innen Klarheit zu schaffen und sie so zu motivieren, das Angebot anzunehmen.
Gekündigte Arbeitnehmer:innen kommen bereits dann – aber auch nur dann – in den Genuss des Abfindungsanspruchs, wenn sie keine Kündigungsschutzklage erheben. Der Anspruch auf die Abfindung entfällt auch dann, wenn die gekündigten Arbeitnehmer:innen eine bereits erhobene Kündigungsschutzklage rechtswirksam wieder zurücknehmen.
Die Abfindung
Die Höhe der Abfindung ist für diesen besonderen Fall gesetzlich geregelt und beträgt für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit einen halben Monatsverdienst. Eine Höchstgrenze besteht nicht. Beschäftigungszeiten von mehr als sechs Monaten sind nach der gesetzlichen Regel auf ein volles Jahr aufzurunden.
Die 1a-Kündigung in der Praxis
Die Kündigung nach § 1a KSchG bietet für Arbeitgeber sowie auch für Arbeitnehmer:innen einige Vorteile. Arbeitnehmer:innen erhalten auch ohne aufwühlenden Prozess und selbst in Fällen, in denen die Arbeitgeberseite gute Gründe für die Kündigung hat, eine Kompensation für den Verlust des Arbeitsplatzes, und zwar ohne Aufwand und ohne eigenes Kostenrisiko. Auch für Arbeitgeber reduziert sich das Risiko teurer und lästiger Kündigungsschutzprozesse erheblich; sie erlangen schnell Rechtssicherheit über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dies ist offenkundig dann von Vorteil, wenn Zweifel an der Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung bestehen und die Höhe einer Abfindung im Rahmen eines Aufhebungsvertrags im Vorfeld nur schwer kalkulierbar ist. Je schwächer die Begründung der Kündigung ausfällt, desto weniger wahrscheinlich werden sich die Arbeitnehmer:innen allerdings auch mit dem dann eher bescheidenen Abfindungsangebot begnügen.
Arbeitgeber werden deshalb gerade dann über 1a-Angebote nachdenken, wenn sie gute Kündigungsgründe haben und entsprechend gute Prozesschancen sehen. Auf den ersten Blick mag das sinnwidrig erscheinen; mit der Vorgehensweise verbinden sich aber gegebenenfalls. zwei handfeste Vorteile:
- Zum einen ist die Vermeidung von Kündigungsschutzprozessen auch dann Geld wert, wenn man die Prozesse gewinnen kann. Denn auch dann kosten sie Zeit und Geld, erschweren die kurz- und mittelfristige Personalplanung und bringen womöglich auch noch größere Unruhe in die verbleibende Belegschaft.
- Zum anderen ergibt sich im Falle größerer Personalmaßnahmen, in denen mehrere oder zahlreiche betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden, ohne allgemeine Abfindungsangebote das oftmals unerwünschte Bild, dass diejenigen Arbeitnehmer:innen, die sich per Klage zur Wehr setzen und womöglich vehement auf ihren Rechtspositionen beharren, Abfindungen zwecks Beendigung der Prozesse erhalten (oder gar ihren Arbeitsplatz retten), während diejenigen, die still die Kündigung akzeptieren, leer ausgehen. Die 1a-Kündigung belohnt gerade umgekehrt hingegen diejenigen, die sich nicht wehren.
Ein Drittes kommt hinzu: Die starre Berechnungsvorschrift in § 1a KSchG ist nicht nur nachteilig, sondern vermeidet auch manche ausufernde Verhandlung über die Höhe der Abfindung.
Fazit
Obwohl inzwischen wegen geänderter Verwaltungspraxis auch der Aufhebungsvertrag nicht mehr zwingend zur Sperrfrist beim Bezug von Arbeitslosengeld führt, ist die 1a-Kündigung für zahlreiche Fälle ein geeigneter – und eher zu selten als zu oft gewählter – Weg, Personalreduzierungen mit einem sozialen Ausgleich und auch deshalb mit deutlich geringerem Prozessrisiko durchzuführen.
Ob der Weg auch für Sie der richtige sein kann, besprechen wir immer gern mit Ihnen.