Vorsteuerabzug bei Wechsel zur Regelbesteuerung
Fall: Klägerin wendet sich gegen die Auffassung der Finanzverwaltung
Die Klägerin betrieb ein landwirtschaftliches Unternehmen. Im Jahr 2021 unterlag die Klägerin der Besteuerung nach Durchschnittsätzen, musste aber im Jahr 2022 zur Regelbesteuerung wechseln, da sie die maßgebliche Umsatzgrenze (600 T€) überschritten hatte. Aufgrund der Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung ergab sich für die Klägerin in den Jahren 2019 und 2020 eine Umsatzsteuer von jeweils 0 €. Für das Jahr 2021 gab die Klägerin eine Umsatzsteuervoranmeldung ab und machte einen Vorsteuerabzug geltend. Sie verwies hierbei darauf, dass dies kein Antrag zum Wechsel zur Regelversteuerung für das Jahr 2021 ist. Vielmehr resultiert der Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen, die mit Umsätzen in Zusammenhang stehen, die im Jahr 2022 erzielt werden, dem Jahr, in dem sie aufgrund des Wechsels zur Regelbesteuerung zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Hieraus stünde ihr, entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung zu (Abschn. 15.1 Abs. 5 S. 1 UStAE), der Vorsteuerabzug zu. Das Finanzamt lehnte dies ab, das Finanzgericht gab der Klägerin Recht.
BFH bestätigt die Auffassung der Finanzverwaltung
Besteht im Jahr des Leistungsbezugs nur ein landwirtschaftliches Unternehmen, dass der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegt, so kommt statt des Abzugs der Vorsteuer nur eine Vorsteuerentlastung gem. den Regeln der Durchschnittssatzbesteuerung in Betracht. Der Klägerin stand frei, schon im Jahr 2021 zur Regelbesteuerung zu optieren, um den tatsächlichen Vorsteuerabzug geltend zu machen. Hiervon hat sie jedoch keinen Gebrauch gemacht. Zudem verweist der BFH auf die Möglichkeit mit Übergang zur Regelbesteuerung die Vorsteuer nach § 15a UStG zu berichtigen, so dass Inkongruenzen ausgeglichen werden.
Konsequenzen
Das Urteil klärt eine rechtliche Frage, bei der durchaus vernünftige Argumente für die Auffassung der Klägerin bestanden. Die Entscheidung dürfte nicht nur Land- und Forstwirte, sondern auch Kleinunternehmer, die zur Regelbesteuerung wechseln, betreffen. Wichtig ist, dass der BFH ausdrücklich darauf hinweist, dass das Jahr des Leistungsbezugs und nicht der Zeitpunkt der Rechnungsstellung entscheidend ist. Somit ist es nicht möglich, durch eine Verlagerung der Rechnungsstellung in den Zeitraum der Regelbesteuerung, den Vorsteuerabzug zu generieren. Wer damit den vollen Vorsteuerabzug geltend machen möchte, muss die Leistung während der Regelbesteuerung beziehen, soweit möglich. Auch gelten die Grundsätze des Urteils entsprechend für den umgekehrten Fall, also den Wechsel von der Regelbesteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung. Erfolgt der Leistungsbezug in der Phase der Regelbesteuerung, so ist ein Vorsteuerabzug zulässig, wenn die Rechnung während der Durchschnittssatzbesteuerung ausgestellt wird. Auch hier ist die Vorsteuer nach § 15a UStG zu berichtigen.
BFH v. 12.7.2023 XI R 14/22