Umwandlungssteuergesetz: Antragsfrist für abweichenden Wertansatz bei Einbringung und Anteilstausch
Hintergrund
Sowohl bei der Einbringung (§ 20 UmwStG) als auch beim Anteilstausch (§ 21 UmwStG) hat die übernehmende Gesellschaft das eingebrachte Vermögen grundsätzlich mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist jedoch auch ein davon abweichenden Wertansatz möglich (Buch- oder Zwischenwert). Dies setzt einen Antrag der übernehmenden Gesellschaft voraus. Der Antrag ist „spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz“ bei dem für die übernehmende Gesellschaft zuständigen Finanzamt zu stellen. Der Bundesfinanzhof hat mit seinem Urteil I R 69/15 vom 15.6.2016 die Anforderungen an diesen Antrag konkretisiert.
Sachverhalt
Der Gesellschafter einer US-amerikanischen Inc. hatte im August 2008 seine Anteile an dieser Gesellschaft im Zuge einer Kapitalerhöhung gegen Gewährung neuer Anteile in eine GmbH eingebracht. Im Mai 2009 reichte die GmbH ihren handelsrechtlichen Jahresabschluss auf den 31.12.2008 sowie eine Überleitungsrechnung nach § 60 Abs. 2 EStDV beim Finanzamt ein. Den Unterlagen ließ sich jedoch weder ein ausdrücklicher Antrag auf Buchwertfortführung noch ein konkludenter Antrag durch Ansatz der Beteiligung mit dem Buchwert entnehmen. In der Handelsbilanz war die Beteiligung mit einem über dem Buchwert liegenden Wert angesetzt. Erst im Rahmen einer Außenprüfung, im März 2010, reichte die GmbH eine Steuerbilanz auf den 31.12.2008 nach, aus der sich die Buchwertfortführung ergab.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof stellt klar, dass der Antrag auf abweichenden Wertansatz nur bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz zulässig ist. Mit der steuerlichen Schlussbilanz sei die nächste auf den Einbringungszeitpunkt folgende steuerliche Jahresschlussbilanz der übernehmenden Gesellschaft gemeint, in der der Einbringungsgegenstand erstmals anzusetzen sei. Dies könne (i) eine Einheitsbilanz, bei der die Wertansätze in Handels- und Steuerbilanz übereinstimmen, (ii) eine Handelsbilanz mit steuerrechtlichen Zusätzen bzw. Anmerkungen oder (iii) eine eigenständige Steuerbilanz sein. Für den Ablauf der Frist komme es nicht darauf an, ob die eingereichte Bilanz den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung oder den steuerbilanzrechtlichen Sonderregeln entspreche. Die Kläger hatten nämlich argumentiert, die im Mai 2009 eingereichte Bilanz mit Überleitungsrechnung sei (noch) nicht als steuerliche Schlussbilanz im Sinne des Umwandlungssteuergesetzes anzusehen gewesen.
Auswirkungen für die Praxis
Die Entscheidung entspricht der gängigen Praxis der Finanzverwaltung und ist wenig überraschend. Sie verdeutlicht jedoch eindrucksvoll, dass im Zuge einer Umwandlung auch bei den formalen Anforderungen an die Buchwertfortführung größte Sorgfalt walten zu lassen ist. Aus Gründen größtmöglicher Vorsicht ist daher stets zu empfehlen, zeitlich bereits vor der Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz einen eigenständigen Antrag auf Buchwertfortführung bei dem für die übernehmende Gesellschaft zuständigen Finanzamt einzureichen und dies zu dokumentieren (Eingangsbestätigung, Fax-Bericht).