Umsatzsteuerliche Behandlung der Überlassung eines Rennpferdes an einen Rennveranstalter
Kernaussage:
Die entgeltliche Überlassung eines Pferdes durch dessen Eigentümer, der umsatzsteuerpflichte Umsätze erbringt, an einen Veranstalter von Pferderennen, ist keine gegen ein Entgelt erbrachte Dienstleistung, wenn weder ein Antrittsgeld noch eine andere unmittelbare Vergütung gezahlt wird und nur der Eigentümer des Pferdes ein Preisgeld erhält. Eine entgeltliche Leistung liegt jedoch dann vor, wenn der Veranstalter für die Überlassung des Pferdes eine von der Platzierung des Pferdes unabhängige Vergütung zahlt.
Steuerpflichtige, die eigene Rennpferde und die von Dritten halten und ausbilden, können einen Vorsteuerabzug für die Vorbereitung und Teilnahme der Pferde an Pferderennen geltend machen, wenn die Aufwendungen einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit der Tätigkeit aufweisen.
Der ermäßigte Umsatzsteuersatz kann nicht angewendet werden, wenn eine komplexe einheitliche Dienstleistung, die mehrere Elemente, wie die des Trainings von Pferden, die Überlassung von Sportanlagen, die Unterbringung von Pferden im Rennstall und die Fütterung der Pferde umfasst, wenn die Überlassung der Sportanlagen i.S.d. Anhang III Nr. 14 von Art. 98 Richtlinie 2006/112 und das Training der Tiere zwei gleichwertige komplexe Dienstleistungen darstellen oder das Training das Hauptelement der Dienstleistung darstellt.
Sachverhalt:Die Steuerpflichtige betrieb einen Rennstall mit 25 Plätzen in Tschechien, in denen sie ihre eigenen Pferde und Pferde von Dritten hielt und ausbildete. Die Steuerpflichtige erzielte zwei verschiedene Arten von Einkünften. Ein Teil der Einkünfte bezog sie aus Preisgeldern für die Platzierung der eigenen Pferde, der andere Teil stammt aus Zahlungen für das Renntraining sowie für die Unterbringung und Fütterung der Pferde von Dritten. In der Umsatzsteuervoranmeldung für das Jahr 2010 machte die Klägerin den vollen Vorsteuerabzug aus sämtlichen Leistungen für die Unterbringung und Fütterung der Pferde geltend. Ihre Ausgangsleistungen für den Betrieb des Rennstalls versteuerte sie mit dem ermäßigten Steuersatz in Höhe von 10 %.
Das tschechische Finanzamt versagte der Klägerin das Recht auf den vollen Vorsteuerabzug, weil ein Teil der erhaltenen Leistungen für die Teilnahme des Pferdes an Rennen verwendet wurde, die umsatzsteuerfrei seien. Darüber hinaus versagte das Finanzamt die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für den Betrieb des Rennstalls. Die Steuerpflichtige legte Klage ein. Das oberste Verwaltungsgericht der Tschechischen Republik legte dem Gerichtshof daraufhin einen Fragenkatalog zur Vorabentscheidung vor.
Entscheidung:Nach den Feststellungen des EuGH ist Art. 2 Abs. 1 c) Mehrwertsteuerrichtlinie so auszulegen, dass die Überlassung eines Pferdes durch seinen Eigentümer, der umsatzsteuerpflichte Umsätze erbringt, zum Zweck der Teilnahme des Pferdes an dem Rennen, keine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung darstellt, wenn weder ein Antrittsgeld noch eine andere unmittelbare Vergütung gezahlt wird. Zahlt der Veranstalter hingegen für die Überlassung eines Pferdes eine von der Platzierung unabhängige Vergütung, liegt eine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung vor.
Weiterhin wurde entschieden, dass Steuerpflichtige die eigene Rennpferde und die von Dritten halten und ausbilden, einen Vorsteuerabzug für die Vorbereitung und Teilnahme der Pferde an Pferderennen geltend machen können, wenn die Aufwendungen einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit der Tätigkeit aufweisen. Gemäß Artikel 167 und 168a Mehrwertsteuerrichtlinie haben Steuerpflichtige ein Recht auf den gesamten Vorsteuerabzug für Aufwendungen, die für die Vorbereitung und Teilnahme der Pferde an den Rennen aufgewendet wurden, wenn die Pferde tatsächlich für den Verkauf bestimmt sind oder die Teilnahme objektiv ein Mittel zur Förderung der wirtschaftlichen Tätigkeit des betriebenen Rennstalls ist.
Auf eine komplexe einheitliche Dienstleistung, die mehrere Elemente umfasst, die sich auf das Training von Pferden, die Überlassung von Sportanlagen, die Unterbringung von Pferden im Rennstall und die Fütterung der Pferde bezieht, kann der ermäßigte Umsatzsteuersatz nicht angewendet werden, wenn die Überlassung der Sportanlagen i.S.d. Anhang III Nr. 14 von Art. 98 Richtlinie 2006/112 und das Training der Tiere zwei gleichwertige komplexe Dienstleistungen darstellen oder das Training das Hauptelement der Dienstleistung darstellt. Der Begriff „Überlassung“ sieht dabei die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes vor, wenn die Nutzung durch einen Dritten, nicht jedoch durch den Betreiber der Sportanlage erfolgt. Die Überlassung von Sportanlagen ist dahin zu verstehen, dass das Recht auf die Nutzung der Anlagen, dem Sport und der Köperertüchtigung dienen sollen. Daraus folgt, dass Leistungen im Zusammenhang mit der Überlassung für die Ausübung des Pferdesports benötigten Anlagen unter Anhang III Nr. 14 Mehrwertsteuerrichtlinie fallen können. Nicht unter Anhang III Nr. 14 fallen Leistungen im Zusammenhang mit der Überlassung von Anlagen zum passiven Aufenthalt der Pferde im Stall, zur ihrer Fütterung und zur ihrer Versorgung.
Für die Beurteilung, ob für die Überlassung von Sportanlagen der ermäßigte Steuersatz Innanspruch genommen werden kann, ist jede Leistung als eigene und selbständige Leistung zu betrachten. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs geht hervor, dass unter bestimmten Umständen mehrere formal unterschiedliche Einzelumsätze, die getrennt erbracht werden, als einheitlicher Umsatz anzusehen sind, wenn sie unselbständig sind. Dabei liegt ein einheitlicher Umsatz vor, wenn zwei oder mehre vom Steuerpflichtigen erbrachte Handlungen so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Kann die Leistung nicht in ein Haupt- und ein Nebenelement differenziert werden, sind die Elemente als gleichwertig anzusehen.
Hinweise:Damit bestätigt der EuGH auch die umsatzsteuerliche Beurteilung der Pferdepensionsleistungen in Deutschland.
Hinsichtlich der Beurteilung der Teilnahme der Pferde an Rennveranstaltungen gegen Preisgeld als nicht steuerbaren Umsatz, widerspricht der EuGH jedoch der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 09.03.1972 – VR 32/69, BStBl. 1972 II S. 556).