Umsatzsteuerfreiheit bei landwirtschaftlicher Betriebshilfe
Kernaussage
Landwirtschaftliche Betriebshelfer, die an landwirtschaftliche Betriebe ausgeführte Leistungen erbringen, können sich unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL und mithin für die Steuerfreiheit ihrer Leistungen unmittelbar auf diese Richtlinienbestimmung berufen.
Sachverhalt
Der Kläger ist seit 2007 als nebenberuflicher landwirtschaftlicher Betriebshelfer tätig. Ein landwirtschaftlicher Sozialversicherungsträger (LSV-Träger) schloss mit dem landwirtschaftlichen Maschinenring (LMR) 2006 einen Vertrag, in dem sich der LMR verpflichtete, den LSV-Träger bei der Erbringung und Durchführung von Betriebs- und Haushaltshilfe durch Zurverfügungstellung geeigneter Ersatzkräfte zu unterstützen. Anfang 2007 schlossen der Kläger und der Maschinenring eine als Bereitschaftserklärung bezeichnete Vereinbarung, in der sich der Kläger verpflichtete für die Mitglieder des Maschinenrings die Tätigkeit eines nebenberuflichen Betriebshelfers zu übernehmen.
Im Anschluss an eine beim Kläger durchgeführte Außenprüfung ging das FA davon aus, dass der Maschinenring im eigenen Namen und für eigene Rechnung die Gestellung von Betriebshelfern gegenüber dem LSV-Träger erbringe. Der Kläger erbringe keine Leistungen gegenüber dem LSV-Träger, weil zwischen beiden keine vertraglichen Beziehungen bestünden. Der Kläger habe nur Anspruch auf eine Vergütung durch den Maschinenring. Das FA unterwarf daraufhin die Umsätze des Klägers aus der Tätigkeit als Betriebshelfer dem Regelsteuersatz. Das FG gab der Klage des Klägers statt. Der Kläger habe als nebenberuflicher Betriebshelfer steuerfreie Umsätze geführt.
Entscheidung
Der BFH wies die dagegen eingelegte Revision des FA als unbegründet zurück. Das FG habe zu Recht entschieden, dass die Leistungen des Klägers, soweit er sie an den LSV-Träger erbracht haben sollte, von der Umsatzsteuer befreit sind.
Nach § 4 Nr. 27 Buchst. b UStG ist u.a. die Gestellung von Betriebshelfern an die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung steuerfrei. Leistungen, die der Kläger an den LSV-Träger ausgeführt hat, sind daher gemäß § 4 Nr. 27 Buchst. b 2. Alternative UStG umsatzsteuerfrei.
Steuerfrei sind aber auch die Leistungen des Klägers, die er an die in Not geratenen landwirtschaftlichen Betriebe ausgeführt hat. Der Kläger kann sich unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL berufen. Aus dem Wortlaut von Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ergibt sich, dass diese Bestimmung auf Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen anwendbar ist, die zum einen von \"Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen\" erbracht werden, und die zum anderen \"eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden\" sind. Insoweit sei die MwStSystRL weit auszulegen. Die vom Kläger erbrachten Leistungen als Betriebshelfer sind eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden, weil sie nach § 9 KVLG 1989 i.V.m. §§ 28 ff. der Satzung der Landwirtschaftlichen Krankenkasse in der in den Streitjahren geltenden Fassung ausgeführt wurden.
Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das FG die Anerkennung zu Recht bejaht. Für die Betriebshilfe bestehen in § 9 KVLG 1989 und in §§ 28 ff. der Satzung der Landwirtschaftlichen Krankenkasse, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, regionale spezifische Vorschriften des Sozialrechts, in denen die Voraussetzungen und die Durchführung der Betriebshilfe als Krankenversicherungsleistung im Einzelnen geregelt sind. An der Tätigkeit von Betriebshelfern besteht auch ein hohes Gemeinwohlinteresse, denn deren Einsatz stellt eine Sonderform des Krankengeldes und damit eine soziale Leistung dar. Ferner beruhte der Einsatz der nebenberuflichen Einsatzkräfte --und damit auch des Klägers-- auf dem Vertrag zwischen dem Maschinenring und dem LSV-Träger.
Hinweis
Nach der Entscheidung fiel der Kläger unter den Begriff \"andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen\", so dass die Steuerbefreiung zu gewähren war. Soweit sich aus Abschnitt 4.27.2. des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses etwas anderes ergibt, ist der 5. Senat des BFH dem nicht gefolgt.