Regelbesteuerung bei Aufforstungsleistungen im Rahmen von Ersatzmaßnahmen

Kernaussage

Führt ein Land- und Forstwirt auf eigenen oder gepachteten Grundstücken entgeltlich eine Wiederaufforstung gegenüber Auftraggebern durch, die aufgrund einer Abholzung an anderer Stelle von einer Behörde zur Ersatzaufforstung nach bestimmten behördlichen Vorgaben (z. B. Verwendung bestimmter Pflanzen) verpflichtet worden sind, und dürfen die Auftraggeber diesen neu hergestellten Wald als Ersatzaufforstung gegenüber den Behörden angeben, so unterliegen die Aufforstungsleistungen nicht der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG.

Sachverhalt

Der Kläger betrieb in den Streitjahren eine gemischte Landwirtschaft in mehreren Einzelbetrieben im Zuständigkeitsbereich mehrerer Finanzämter. Diese bestanden überwiegend aus Waldflächen. Die Einkommensteuer lag im Zuständigkeitsbereich des beklagten Finanzamtes (FA).

Die Umsatzsteuerfestsetzungen der Jahre 2011-2013 ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Das Finanzamt B… führte im land- und forstwirtschaftlichen (luf) Betrieb des Klägers eine Außenprüfung für die Jahre 2011 bis 2013 durch. Der Prüfer stellte fest, dass der Kläger Leistungen für Ersatzaufforstungen der Besteuerung nach Durchschnittssätzen unterworfen hatte. Der Prüfer hielt die Besteuerung mit dem Regelsteuersatz für zutreffend und ermittelte die Bemessungsgrundlage im Wege der Schätzung. Als Vorsteuer berücksichtigte der Prüfer 20 % der ermittelten Umsatzsteuer. Das FA folgte den Feststellungen und Einschätzungen des Prüfers und setzte die Umsatzsteuer 2011 bis 2013 entsprechend geändert fest. Den Vorbehalt der Nachprüfung hob es jeweils gemäß § 164 Abs. 3 AO auf. Der dagegen eingelegte Einspruch wurde als unbegründet abgewiesen. Woraufhin Klage eingereicht wurde.

Entscheidung

Die zulässige Klage ist unbegründet. Das FA hat zu Recht die Gegenleistung für die Leistungen des Klägers für Ersatzaufforstungen, vermindert um den herausgerechneten Steuerbetrag zur Ermittlung der Nettoentgelte, dem Regelsteuersatz unterworfen.

Die Leistungen des Klägers unterliegen nicht gemäß § 24 UStG der Besteuerung mit Durchschnittssätzen für luf Betriebe. Der Kläger führt einen luf Betrieb im Sinne von § 24 UStG und ist somit grundsätzlich ein für die Anwendung der Durchschnittssätze geeigneter Unternehmer. Allerdings unterliegen in einem solchen Fall nicht alle Umsätze des Betriebes der Besteuerung mit Durchschnittssätzen. Dies gilt nur für die in § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 UStG genannten Leistungen, die im Rahmen des luf Betriebes ausgeführt werden. Insgesamt muss es sich um luf Leistungen handeln. Die Vorschrift muss EU-rechtskonform restriktiv dahingehend ausgelegt werden, dass darunter nur die in Art. 300 MwStSystRL genannten Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse und landwirtschaftliche Dienstleistungen fallen. Dazu gehören die vom Kläger ausgeführten Leistungen der Erstaufforstung nicht.

Ob es sich bei den vom Kläger erbrachten Leistungen um luf Dienstleistungen im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG handelt, ist nach dem Inhalt der jeweiligen Leistung zu bestimmen. Bei diesem muss es sich gerade um die Erbringung einer landwirtschaftlichen Dienstleistung handeln.

Landwirtschaftliche Dienstleistungen im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG sind gemäß Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 MwStSystRL Dienstleistungen, die landwirtschaftlichen Zwecken dienen und von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mit Hilfe seiner Arbeitskräfte und/oder der normalen Ausrüstung seines land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betriebes vorgenommen werden und die normalerweise zur landwirtschaftlichen Erzeugung beitragen. Dies gilt insbesondere für die in Anhang VIII zur MwStSystRL aufgeführten Dienstleistungen.

Der Vorteil, der zu einem Verbrauch im Sinne des Mehrwertsteuerrechts führt, bestimmt sich aus der Sicht des Leistungsempfängers. Denn nur dieser nimmt einen Verbrauch vor. Eine landwirtschaftliche Dienstleistung liegt dann vor, wenn dieser Verbrauch normalerweise zur landwirtschaftlichen Erzeugung beiträgt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Leistungsempfänger selbst Land- und Forstwirt ist.

Inhalt der vom Kläger erbrachten Leistungen ist die Stellung einer Ersatzaufforstung. Die streitigen Aufforstungsleistungen sind über die Herstellung des Waldes hinaus die besondere Herstellung in dem Sinne, den die Behörde beschrieben hat, die vom Leistungsempfänger eine Ersatzaufforstung verlangt. Diese besondere Herstellungsverpflichtung ist in ihrer sachlichen Ausgestaltung (zum Beispiel die zu verwendenden Pflanzen) Inhalt der Leistung geworden. Denn der Auftraggeber hat die ihm auferlegten Verpflichtungen dem Kläger gegenüber offengelegt und dieser hat sich dem Auftraggeber gegenüber bereit erklärt, sich bei der Aufforstung daran zu halten (ohne dass er die insoweit bestehende, von der Behörde dem Auftraggeber auferlegte Pflicht als eigene übernommen hätte). Zudem gehört zur vom Kläger erbrachten Leistung auch die Gestattung durch den Kläger, dass der Auftraggeber diesen neu hergestellten Wald als Ersatzaufforstung gegenüber den Behörden angeben darf, die auf einer Ersatzaufforstung bestanden haben.

Ausgehend davon ist im Streitfall die Erfüllung der behördlichen Auflagen Leistungsinhalt, nicht die Waldherstellung an sich.

Dem entspricht auch die Sicht des Auftraggebers als Leistungsempfänger. Die Abholzung eines Waldes (Altbestand), die nicht im Rahmen einer forstwirtschaftlichen Maßnahme erfolgt (wie zum Beispiel das Fällen von Bäumen zur Holzverwertung) dient dem Zweck, den der Leistungsempfänger mit der freien Fläche verwirklichen will, zum Beispiel die Nutzung als Bauland. Dies unterscheidet sich nicht von dem Zweck des Abrisses einer störenden oder nicht mehr nutzbaren Altbebauung auf dem für eine Neubebauung vorgesehenen Grundstück. Die Aufforstung von Wald an anderer Stelle (Neubestand) dient lediglich dazu, dem Leistungsempfänger die Erlaubnis seitens der zuständigen Behörden dafür zu geben, die für seine Zwecke notwendige Fläche auch abholzen und anderweitig nutzen zu dürfen. Damit dient die Aufforstung an anderer Stelle dem Zweck der Abholzung. Dieser ist aber – in aller Regel und auch im Streitfall – kein land- oder forstwirtschaftlicher Zweck.

Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass es dem Kläger gerade auf die Herstellung von Wald auf seinen eigenen oder von ihm gepachteten Grundstücken ankam, weil er diesen neu hergestellten Wald als seinen Wald nutzen wollte. Denn der Wille des Klägers bestimmt nicht den vom Leistungsempfänger verwirklichen Verbrauch im mehrwertsteuerlichen Sinne.

Der wirtschaftliche Vorteil, den der Kläger seinem Auftraggeber gegenüber erbracht hat, liegt in der für den Auftraggeber bewirkten Erfüllung der behördlichen Auflagen (Herstellung von Wald auf klägereigenem Grundstück nach behördlicher Anordnung und Gestattung der Angabe des so bearbeiteten Grundstücks gegenüber den Behörden als Erfüllung der Auflage zur Neuaufforstung).

Das Motiv des Klägers, selbst mehr Wald zu erlangen und sich die Aufforstungen, die nur mit Geldmitteln durchzuführen sind, durch die Auftraggeber finanzieren zu lassen, wird nicht zum Leistungsinhalt. Denn die Auftraggeber wollen keine Leistung des Inhalts, dass der Kläger sich selbst Wald herstellt. Denn dies kommt ihnen als Nichteigentümer des betreffenden Grundstücks auch nicht zugute. Die Auftraggeber wollen die Neuherstellung in der Weise, wie die Behörden dies festgelegt haben, und das Recht, diesen neuhergestellten Wald als Ersatzaufforstung angeben zu dürfen. Denn damit erfüllen sie die Voraussetzungen für das Vernichten von Waldbestand an für sie und ihre Zwecke störenden Stellen. Dieser von den Leistungsempfängern bestimmte Leistungsinhalt ist auch aus Sicht des Klägers ganz offensichtlich erkennbar und gewollt. Ausweislich der Vertragsunterlagen hat er sich auf dieses Interesse eingestellt und verfolgt es bei der Leistungserbringung ebenfalls.

Als nichtlandwirtschaftliche Leistungen gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG unterliegen die streitigen Leistungen des Klägers dem Regelsteuersatz.

Hinweis

Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die Behandlung von Aufforstungsleistungen auf Grundstücken des Leistenden und die Gestattung der Angabe dieser Flächen als Ersatzaufforstungsflächen im Rahmen von den Auftraggebern von Behörden auferlegten Pflichten zur Ersatzaufforstung hat grundsätzliche Bedeutung.

Fundstelle

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.08.2022 - 7 K 7201/19 

Andrea Köcher

Steuerberaterin

Zum Profil von Andrea Köcher

Kontakt

Nehmen Sie mit uns Kontakt auf

Mail Kontaktformular Telefon +49 228 81000 0 Newsletter Newsletter
Durch das Laden des YouTube Videos erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies durch YouTube und Google gesetzt werden, und dadurch Daten an diese Anbieter übermittelt werden. Wir verarbeiten die Daten um die Zugriffe auf unsere YouTube-Videos analysieren zu können oder die Wirksamkeit unserer Werbung und Anzeigen auszuwerten. YouTube und Google verarbeiten die Daten auch zu eigenen Zwecken. Zudem erklären Sie sich auch damit einverstanden, dass Ihre Daten in die USA übermittelt werden, obwohl in den USA das Risiko besteht, dass US-Behörden zu Überwachungszwecken Zugriff auf Ihre Daten erhalten und Ihnen dagegen möglicherweise keine ausreichenden Rechtsschutzmöglichkeiten zustehen. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
YouTube Video laden