Die entscheidende Frage: Grundstücksbezug ja oder nein?
Hintergrund
Sonstige Leistungen zwischen Unternehmen werden in der Regel dort besteuert, wo die Leistungsempfängerin bzw. der Leistungsempfänger sitzt. Eine wichtige Ausnahme hiervon bilden Dienstleistungen in Zusammenhang mit einem Grundstück. Diese werden dort besteuert, wo das Grundstück liegt. Insbesondere wenn sich Leistende:r, Leistungsempfänger:in und Grundstück nicht im gleichen Mitgliedstaat befinden, ist die zutreffende Abgrenzung Voraussetzung für die korrekte umsatzsteuerliche Erfassung. Das betrifft nicht nur den Ort der Besteuerung, sondern auch die Frage der Schuldnerin bzw. des Schuldners der Umsatzsteuer.
Fall (vereinfacht)
Die Klägerin erwarb, teils fremdfinanziert, eine Immobilie im Inland zwecks Vermietung. Hierzu schloss sie mit der T Ltd. einen „Identification & Acquisition, Disposition Fee Agreement“ (ITF-Vertrag) sowie mit der B s.a.r.l. einen „Management and Coordination Agreement“ (MCF-Vertrag). Sowohl die T Ltd. als auch die B s.a.r.l. hatten ihren Sitz im Ausland. Gegenstand des ITF-Vertrags waren Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Anschaffung des Grundstücks (u.a. Verhandlungen über Bankdarlehen). Der MCF-Vertrag betraf den laufenden Betrieb der Immobilie (u.a. die Auswahl externer Dienstleistungsunternehmen und ihre Koordinierung, Maßnahmen zur Vermietung, Finanzanalysen). Strittig war, ob und in welchem Umfang die der Klägerin gegenüber erbrachten Leistungen in Verbindung mit einem Grundstück im Inland steuerbar waren – mit der Folge der Steuerschuldnerschaft der Klägerin (§ 13b UStG).
Entscheidung des Bundesfinanzhofs
Zunächst bestätigt der Bundesfinanzhof die Vorinstanz, wonach sowohl der ITF-Vertrag als auch der MCF-Vertrag jeweils mehrere eigenständige Leistungen umfassen, also jeweils nicht als einheitliche Leistung zu qualifizieren sind. Demnach ist beim ITF-Vertrag zwischen der Vermittlung des Grundstücks und der Finanzierung zu unterscheiden. Der Bundesfinanzhof weist insofern auf die eigenständige Bedeutung der Finanzierungsvermittlung und auf den Umstand hin, dass die Vertragspartner (Verkäufer Grundstück, Kreditgeber) unterschiedlich sind.
Laut Bundesfinanzhof sprechen beim MCF-Vertrag folgende Umstände für das Vorliegen eigenständiger Leistungen: Zum einen hat die Klägerin selbst und nicht die B s.a.r.l. als Leistende die Verträge mit den Dienstleistungsunternehmen abgeschlossen und war in die wesentlichen Entscheidungen bei der Verwaltung des Objekts einbezogen. Zum anderen handelte es sich um heterogene Tätigkeiten (klassische Hausverwaltung, typische Eigentümerfunktionen, Abwicklung gesellschaftsrechtlicher Angelegenheiten, Erarbeitung marktstrategischer Überlegungen), die sich von normalen Aufgaben der Immobilienwirtschaft unterscheiden. Dem steht nicht entgegen, dass beide Verträge pauschal vergütet werden.
Von diesen eigenständigen Leistungen sind die Finanzierungsvermittlung nach dem ITF-Vertrag sowie die im Interesse der Gesellschafter:innen und zur Erfüllung steuerrechtlicher Verpflichtungen (u.a. Einkünfteermittlung) erbrachten Leistungen des MCF-Vertrags nicht im Inland steuerbar. Sie werden zwar durch den Erwerb des Grundstücks ausgelöst, stehen jedoch nicht im ausreichend direkten Bezug zum Grundstück. Ein lediglich mittelbarer Bezug zum Grundstück reicht jedoch für die Annahme grundstücksbezogener und damit im Inland steuerbarer Leistungen nicht aus.
Konsequenzen
Der Fall zeigt eins: Vorsicht bei Verträgen in Verbindung mit Grundstücken: Irrtümer können teuer werden. Zwar hilft das Urteil, grundstücksbezogene Leistungen abzugrenzen, in der Praxis sind die Fälle allerdings selten vergleichbar. Holen Sie sich Rat ein – unsere Expert:innen unterstützen Sie gern.