Gefährdung des Vorsteuerabzugs bei Sportanlagen – viel Lärm um nichts!
Bereits in der ersten Jahreshälfte tauchte im Jahressteuergesetz 2024 eine neue Umsatzsteuerbefreiung für „in engem Zusammenhang mit Sport oder Körperertüchtigung stehenden sonstigen Leistungen von Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen, die Sport oder Körperertüchtigungen ausüben“ auf. Schon die Wortwahl zeigt, dass es sich dabei nicht um eine Regelung handelt, die auf den Grundgedanken des deutschen Umsatzsteuerrechts fußt – so wären beispielsweise die „Einrichtungen ohne Gewinnstreben“ eine Neuerung gewesen.
Die Regelung entspringt der europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie und hätte insbesondere Streitigkeiten zwischen deutschen Sportvereinen und ihren Finanzämtern vermeiden sollen, weil die Befreiungsmöglichkeiten in diesem Bereich ausgeweitet würden. Für Sportvereine, die entgeltliche Leistungen in Zusammenhang mit der Sportausübung (z. B. Materialverleih) erbringen, eine gute Nachricht. Die öffentliche Hand wäre demgegenüber mit ihren Schwimmbädern, Turnhallen und anderen Sportanlagen von der geplanten Steuerbefreiung betroffen gewesen.
Im kommunalen Bereich hat die geplante Regelung stellenweise deshalb für Aufruhr gesorgt. Ausweislich der Gesetzesbegründung hätte die Steuerbefreiung nämlich auch für die Überlassung von Sportanlagen und auch wenn die Überlassung nicht direkt an die Sporttreibenden selbst, sondern an eine andere juristische Person erfolgt, gegolten. Das steht der aktuell gelebten Praxis entgegen: Üblicherweise werden kommunale Sportanlagen gegen ein – wenn auch eher geringes – Entgelt überlassen, beispielsweise an Sportvereine. Bei sorgfältiger Gestaltung wird dadurch der Vorsteuerabzug aus dem Bau und dem Unterhalt der Sportanlage ermöglicht.
Für viele Kommunen ist das ein wesentlicher Finanzierungsbaustein. Nicht nur, weil der Vorsteuerabzug zu einer sofortigen Entlastung führt und Umsatzsteuer aus den Entgelten erst im Laufe der Zeit abgeführt wird, sondern auch, weil die Entgelte in aller Regel insgesamt unter den Kosten für die Anlage liegen. Da die Umsatzsteuerbarkeit keine Gewinnerzielungsabsicht, sondern nur Einnahmenerzielungsabsicht voraussetzt, ist dieser Effekt systemgerecht. Kommt es zu einer zwingenden Steuerbefreiung, entfällt der Vorsteuerabzug. Für geplante Projekte steht damit eine erhebliche Steigerung der Baukosten im Raum. Die Änderung hätte das Gegenteil dessen bewirkt, was bezweckt war. Sie hätte erhebliche finanzielle Risiken mit sich gebracht, insbesondere für Kommunen als Betreiber von Sportanlagen – und somit auch für die Menschen und Vereine als Nutzer der Sportstätten. Gerade bei sehr teuren Projekten wie der Errichtung, Instandsetzung oder Erneuerung von Turnhallen oder Schwimmbädern hätte die angedachte Neuregelung deshalb zu erheblichen Finanzierungslücken führen können.
Noch schlimmer für kürzlich fertiggestellte Projekte: Die Gesetzesänderung innerhalb des Berichtigungszeitraums von bis zu 10 Jahren hätte dazu geführt, dass bereits erstattete Vorsteuern (anteilig) wieder an das Finanzamt zurückbezahlt werden müssen. Anders als bei neuen Projekten hätten die betroffenen Kommunen keinen Entscheidungsspielraum mehr gehabt, sondern hätten sich mit überraschenden zusätzlichen Kosten konfrontiert gesehen.
Große Ratlosigkeit herrschte, weil unklar war, inwiefern Kommunen diesen unerwünschten Effekt vermeiden können. Insbesondere die Einordnung als Einrichtung ohne Gewinnstreben wurde zumeist als möglicher Hebel angesehen. Gleichzeitig wurden von verschiedenen Seiten erhebliche politische Bemühungen unternommen, die nachteilige Neuregelung abzuwenden. Trotz allem ist es lange sehr ruhig um das Thema geblieben. Das hat sich Ende September geändert: Der Bundesrat hat sich mit Verweis auf die nachteiligen Wirkungen bei den Kommunen dafür ausgesprochen, die Einführung der Regelung nochmals fachlich zu prüfen und beispielsweise juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht pauschal als Einrichtungen ohne Gewinnstreben anzusehen oder jedenfalls eine Übergangsregelung vorzusehen, die zumindest eine Vorsteuerkorrektur bereits verwirklichter oder begonnener Projekte vermeidet. Der Bundestag hat der Prüfbitte sowie einer Zurückstellung zugestimmt, sodass nach einigen bangen Monaten nun die berechtigte Hoffnung bestand, dass die Regelung zumindest noch nicht so schnell kommt und vielleicht sogar eine Umgestaltung stattfindet, die das Finanzierungsmodell aufseiten der Kommunen unangetastet lässt. Inzwischen hat sich die Bundesregierung nunmehr selbst dafür ausgesprochen, die Regelung wieder zu streichen. Im Ergebnis also: Entwarnung auf ganzer Linie!