Finanzverwaltung äußert sich zur ertragsteuerlichen Behandlung von PV-Anlagen

Neues Schreiben zu Abgrenzungsfragen

Über die wichtigsten umsatz- und ertragsteuerlichen Änderungen bei Erwerb und Betrieb kleiner Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) mit in der Regel nicht mehr als 30 kWp installierter Bruttoleistung im Sinne von § 3 Nr. 72 EStG durch das Jahressteuergesetz 2022 wurde viel berichtet. Zwischenzeitlich hat die Finanzverwaltung ein weiteres Schreiben zu verschiedenen Abgrenzungsfragen veröffentlicht. Doch die (neuen) Erkenntnisse lassen sich daraus für welche öffentliche Hand bzw. öffentlich beherrschte Unternehmen als PV-Anlagenbetreiber gewinnen?

Klargestellt wird – wenig überraschend –, dass Freiflächen-PV-Anlagen unabhängig von ihrer Größe nie ertragsteuerlich begünstigt sind. Der Begriff „Größe“ stellt wohl auf die maximale Leistung der PV-Anlage ab. Bedeutender ist der Hinweis, dass es für eine Steuerbefreiung nicht darauf ankommt, dass der PV-Anlagenbetreiber auch Eigentümer des Gebäudes ist, auf, an oder in dem sich die PV-Anlage befindet. Betreibt beispielsweise eine städtische Tochtergesellschaft eine kleine PV-Anlage auf dem Dach eines städtischen Schulgebäudes, sind die Einnahmen aus der Verwendung des von der kleinen PV-Anlage erzeugten Stroms bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen beim Anlagenbetreiber ertragsteuerfrei. Da es nicht von Bedeutung ist, wie der erzeugte Strom verwendet wird, zählen zu den ertragsteuerfreien Einnahmen nicht nur die Einspeisevergütungen für den in das öffentliche Netz eingespeisten Teil des Stroms, sondern auch die Einnahmen aus der Lieferung des Stroms an Dritte wie z.B. Mieter, die Einnahmen für Stromlieferungen zum Aufladen von E-Fahrzeugen oder die unentgeltliche Überlassung des Stroms an Dritte. Korrespondierend dazu entfällt ein Betriebsausgabenabzug beispielsweise für Unterhaltungs- oder Wartungskosten, aber auch für Abschreibungen und Zinsen auf die Investitionskosten der Anlage. Etwas anderes gilt für den Teil des erzeugten Stroms, der im eigenen Betrieb verbraucht wird, denn insoweit entfällt das Betriebsausgabenabzugsverbot.

Betreibung von PV-Anlagen durch juristische Personen

Betreiben juristische Personen des öffentlichen Rechts selbst PV-Anlagen, ergeben sich ertragsteuerliche Pflichten aus der Stromeinspeisung, wenn die PV-Anlage einem Betrieb gewerblicher Art (BgA) zuzuordnen ist. Das ist immer dann der Fall, wenn Betriebseinnahmen von mehr als 45.000 € p. a. erzielt werden oder ein entsprechender Antrag beim Finanzamt gestellt wurde. 

Wird der erzeugte Strom aus dem Betrieb kleiner, ertragsteuerbefreiter PV-Anlagen aus dem BgA beispielsweise an den hoheitlichen Bereich wie den Schul- oder Verwaltungsbereich abgegeben und dort verbraucht, liegt eine ertragsteuerfreie Entnahme für diese Stromlieferungen vor. 

Erfolgt die Einspeisung des erzeugten Stroms aus kleinen PV-Anlagen in das öffentliche Netz oder wird der Strom an andere Dritte verkauft, ist zu beachten, dass die daraus resultierenden Einnahmen zwar ertragsteuerfrei sind, aber spätestens ab dem 1.1.2025 trotzdem der Umsatzsteuer unterliegen, es sei denn, die Kleinunternehmerregelung käme zur Anwendung. 

Anschaffungsdatum der PV-Anlagen in der Praxis

Zusammenfassend ist festzustellen, dass es in der Praxis künftig Situationen geben wird, in denen sowohl PV-Altanlagen (Anschaffung vor dem 1.1.2022) als auch nach dem 1.1.2022 angeschaffte PV-Anlagen mit bis zu 30 kWp Leistung oder PV-Anlagen mit mehr als 30 kWp Leistung nebeneinander betrieben werden. Erinnert sei an dieser Stelle auch daran, dass es bereits für kleine PV-Altanlagen, die vor dem 1.1.2022 in Betrieb genommen wurden und deren Leistung bis zu maximal 10 kWp beträgt, die Möglichkeit gab, beim Finanzamt einen Antrag auf Ertragsteuerfreiheit zu stellen. 

Um bei dieser Mischung aus steuerbefreiten und steuerpflichtigen PV-Anlagen den Steuererklärungspflichten ordnungsgemäß nachkommen zu können, bedarf es erhöhter Sorgfalt im Rechnungswesen bei der Aufzeichnung, Abgrenzung und gegebenenfalls Aufteilung der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben im Zusammenhang mit den verschiedenen PV-Anlagenarten, um die zutreffende Abgrenzung der steuerpflichtigen und steuerbefreiten Betriebseinnahmen einerseits und der abzugsfähigen und nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben andererseits sicherzustellen. Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 72 EStG ist kein Wahlrecht! Die Aufnahme und Dokumentation entsprechender Regelungen zu den PV-Anlagen im betrieblichen Tax-CMS ist ratsam.
 

Oliver Stoffers

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