EuGH erleichtert Rechnungskorrekturen gegenüber Endverbrauchern

Gesetzliche Regelung – Steuerschuld bei Gefährdung des Steueraufkommens

Wird Umsatzsteuer in einer Rechnung unrichtig oder unberechtigt offen ausgewiesen, so schuldet der Rechnungssausteller die entsprechende Umsatzsteuer (§ 14c UStG). 

Rechtsprechung des EuGH – keine Gefährdung bei Rechnungen an Endverbraucher

Entgegen der bisherigen Praxis der Finanzverwaltung hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass Rechnungen an Endverbraucher:innen mit unrichtigem (zu hohen) Ausweis der Umsatzsteuer keine Gefährdung des Steueraufkommens darstellen, da die Endverbraucher:innen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.

Finanzverwaltung wendet Urteil restriktiv an

Mit Schreiben vom 27.2.2024 hat die Finanzverwaltung das Urteil anerkannt. Es soll jedoch nur Anwendung finden, wenn die fakturierte Leistung mit hoher Wahrscheinlichkeit für den privaten Verbrauch bestimmt war. Eine Ermittlung des Anteils der betroffenen Rechnungen mittels Schätzung lehnt das BMF ab. Dies schränkt die Anwendung des Urteils in der Praxis erheblich ein, da Unternehmer:innen regelmäßig nicht wissen, ob ihre Kunden Endverbraucher:innen sind.

Alter Fall – neues EuGH-Urteil

Das ursprüngliche Urteil des EuGH betraf die Betreiberin eines Indoor-Spielplatzes in Österreich, die in ihren Rechnungen einen zu hohen Steuersatz auswies. Im Anschluss an das Urteil des EuGH schätzte das zuständige Finanzgericht zur Sicherheit, dass 0,5 % der Rechnungsempfänger:innen zum Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmer:innen sind, und setzte insoweit eine Steuerschuld fest. Das betroffene Finanzamt legte Revision gegen das Urteil ein, da eine Aufteilung der Steuerschuld mittels Schätzung nicht durch die Rechtsprechung des EuGH gedeckt sei. Der Fall wurde dem EuGH erneut vorgelegt.

Klarstellung durch den EuGH

Der EuGH weist die Klage ab. Demnach gelten folgende Grundsätze:

  • Ein Unternehmer schuldet die zu Unrecht gegenüber Endverbraucher:innen ausgewiesene Umsatzsteuer nicht, selbst wenn er gleichartige Leistungen an Unternehmen erbringt, die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.
  • Unter den Begriff des Endverbrauchers fallen ausschließlich Nichtsteuerpflichtige. Steuerpflichtige, die in bestimmten Konstellationen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, z.B. weil die Eingangsleistung für Zwecke genutzt wird, die den Vorsteuerabzug ausschließen, gelten nicht als Endverbraucher:innen.
  • Der Anteil der Rechnungen, die Endverbraucher:innen betreffen, darf geschätzt werden.

Konsequenzen: Schätzung als praktikable Lösung

Das Urteil ist für die Unternehmen erfreulich. Die Finanzverwaltung wird nun objektive Schätzungen akzeptieren müssen. Dies ist auch nötig, da solche Fälle häufig eine hohe Anzahl von Rechnungen betreffen, bei denen im Einzelfall der Status des Kunden (Endverbraucher oder nicht?) unklar ist. Es bleibt abzuwarten, wie das BMF reagiert. Unabhängig hiervon sollten solche Fälle durch eine ordnungsgemäße Rechnungsstellung grundsätzlich vermieden werden.

Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 1.8.2025 – C-794/23

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