Drittvergleich kann durch Ratinganalyse erbracht werden
Gewinnminderung aus Darlehensforderungen im Regelfall nicht abzugsfähig
Innerhalb eines Konzernverbundes sind Gewinnminderungen auf Ebene der Muttergesellschaften im Zusammenhang mit den Anteilen an der Tochtergesellschaft in Form von Teilwertabschreibungen oder Veräußerungsverlusten steuerlich nicht abzugsfähig – wie im umgekehrten Fall Veräußerungsgewinne nahezu vollständig (zu 95 %) steuerfrei gestellt werden. Diese gesetzliche Regelung hat in der Vergangenheit zu Ausweichgestaltungen geführt, indem Muttergesellschaften ihre Tochtergesellschaften durch Darlehen finanziert haben, da diese Forderungen im Verlustfall steuerlich abzugsfähig waren. Diese Gestaltungsoption hat der Gesetzgeber blockiert, da seit 2008 Gewinnminderungen im Zusammenhang mit Darlehensforderungen des Gesellschafters den Beteiligungen gleichgestellt sind und im Verlustfall steuerlich nicht abgezogen werden dürfen. Eine Ausnahme gilt allerdings dann, wenn nachgewiesen werden kann, dass auch ein fremder Dritter das Darlehen bei sonst gleichen Umständen gewährt oder nicht zurückgefordert hätte.
Berufung auf den Drittvergleich möglich
Im Streitfall hatte die deutsche Muttergesellschaft (GmbH) zwei Darlehen in Schweizer Franken an ihre 100%ige Tochtergesellschaft in der Schweiz vergeben. Im Jahr 2016 wurden diese Darlehen teilweise zurückgezahlt, wobei Währungskursverluste entstanden. Das Finanzamt behandelte diese Verluste als steuerlich nicht abzugsfähig. Die GmbH berief sich dagegen auf die Ausnahmeregelung und legte zum Nachweis der Fremdüblichkeit eine Kreditwürdigkeitsanalyse der Schweizer Tochtergesellschaft vor, die mithilfe einer Ratingsoftware erstellt wurde. Nach erfolglosem Einspruch erhob die GmbH Klage gegen das Finanzamt.
Finanzgericht senkt die Hürden für den Drittvergleich
Das angerufene Finanzgericht Münster gab der Klage statt und sah die Voraussetzungen für den Drittvergleich im vorliegenden Fall als gegeben an. Dabei machte das Gericht auch deutlich, dass an den Nachweis des Drittvergleichs keine zu hohen Anforderungen zu stellen sind. Im vorliegenden Fall sah das Finanzgericht den Drittvergleich insbesondere aufgrund folgender Umstände als gegeben an:
- Das Währungsrisiko wurde von der GmbH abgesichert, indem diese Kurssicherungsgeschäfte abschloss. Zwingend erforderlich sollen solche Sicherungsgeschäfte indes nicht sein.
- Weder die Tatsache, dass die Darlehen in (aus Sicht der GmbH) fremder Währung vergeben wurden, noch die fehlende Besicherung sprächen gegen den Fremdvergleich. Die fehlende Besicherung wurde fremdüblich eingepreist.
- Die Schweizer Gesellschaft hatte nur etwa ein Jahr zuvor – und damit aus Sicht des Gerichts in nicht zu großem zeitlichem Abstand – Bankdarlehen zu vergleichbaren Konditionen erhalten.
- Die von der Klägerin erstellte Kreditwürdigkeitsanalyse mithilfe einer marktgängigen Ratingsoftware, die für die Darlehensnehmerin ein Investment-Grade-Rating ermittelt hatte, ist als Fremdvergleich anzuerkennen.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das Gericht die Revision zugelassen, die inzwischen unter dem Aktenzeichen I R 6/25 anhängig ist.
Unsicherheit verbleibt vor allem in Krisenfällen
Die Entscheidung des Finanzgerichts ist aus Sicht der Unternehmen zu begrüßen, da hiernach an einen Drittvergleich keine zu hohen Maßstäbe anzulegen und insbesondere Analysen mittels marktgängiger Ratingsoftware anzuerkennen sind. Es bleibt zu hoffen, dass der Bundesfinanzhofs diese Entscheidung bestätigen wird. Zu beachten ist allerdings, dass die Entscheidung nur bedingt auf andere Anwendungsfälle übertragbar ist. Zum einen betraf der Fall „nur“ einen Währungsverlust, nicht dagegen einen Substanzverlust aus der Darlehensforderung. Solche Währungsverluste sind seit 2022 durch eine Gesetzesänderung von der Abzugsbeschränkung nicht betroffen und daher immer abzugsfähig. Andererseits lag im Urteilsfall gerade keine Krise oder Sanierung des Konzerns vor, sondern die Finanzierung einer Tochtergesellschaft mit sehr guter Bonität. Dies lässt erahnen, dass in wirtschaftlich schwierigeren Situationen, in denen eine Finanzierung durch die Muttergesellschaft häufig die einzige realistische Option darstellt, der Nachweis des Drittvergleichs ungleich schwerer zu erbringen sein dürfte.
Finanzgericht Münster, Urteil vom 20.2.2025 – 10 K 764/22 (Rev. BFH I R 6/25)