Bundesfinanzhof: Kaufpreisaufteilung bei Erwerb einer Immobilie

Kernaussage

Beim Erwerb einer vermieteten Eigentumswohnung kommt es zwischen Steuerpflichtigem und Finanzamt nicht selten zum Streit darüber, wie der Gesamtkaufpreis auf Gebäude und Grundstück zu verteilen ist. Dass der Steuerpflichtige daran interessiert ist, einen möglichst hohen abschreibungsfähigen Kaufpreisanteil für das Gebäude auszuweisen, weiß auch das Finanzamt und meldet daher regelmäßig Zweifel an einer im notariellen Kaufvertrag vorgenommenen Aufteilung an. Den „Beweis“ für die berechtigten Zweifel führt die Behörde nach gängiger Praxis auf Grundlage einer vom BMF im Internet bereitgestellten Excel-basierten Arbeitshilfe zur Kaufpreisaufteilung bei bebauten Grundstücken. Aber: Taugt die Arbeitshilfe als Beweis? Der Bundesfinanzhof schafft nun Klarheit.

Sachverhalt

Die Klägerin erwarb eine vermietete Eigentumswohnung in einer Großstadt. Nach der im notariellen Kaufvertrag festgelegten Aufteilung sollten rund 81 % des Kaufpreises auf das Gebäude entfallen. Diesen Betrag setzte die Klägerin als Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen in ihrer Steuererklärung an. Das Finanzamt kam unter Anwendung besagter BMF-Arbeitshilfe nur auf einen Gebäudeanteil von rund 31 %. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht mit der Begründung ab, dass die Arbeitshilfe des BMF ein geeignetes Verfahren sei, um die Marktangemessenheit der vertraglichen Kaufpreisaufteilung widerlegen zu können; zudem sei sie auch eine geeignete Schätzungshilfe.

Entscheidung des Bundesfinanzhofs

Der Bundesfinanzhof sah das anders. Wenn die Finanzverwaltung berechtigte Zweifel an der vorgenommenen Kaufpreisaufteilung des Steuerpflichtigen hegt (die nach Ansicht der Richter des Bundesfinanzhofs in vorliegendem Fall auch angebracht waren), bleibt es ihr unbenommen, eine eigene Aufteilung vorzunehmen. Aber bitte nicht mittels der Arbeitshilfe des BMF. Denn dieses standardisierte und vereinfachte Verfahren gewährleiste gerade keine sachgerechte Aufteilung von Grundstück und Gebäude auf Basis realer Verkehrswerte. So blieben z.B. zentrale Faktoren wie Lage und Ausstattung bei der Gebäudewertermittlung gänzlich außen vor. Finanzverwaltung und Finanzgericht werden – so die Richter des Bundesfinanzhofs – bei streitigen Grundstücksbewertungen nicht umhinkommen, ein Sachverständigengutachten für die Bewertung von Grundstücken einzuholen.

Konsequenz

Klarer kann man wohl kaum formulieren, dass die BMF-Arbeitshilfe als Verfahren zur Kaufpreisaufteilung nicht taugt. Ob man sich als Steuerpflichtiger über das Ergebnis allerdings freuen soll, bleibt abzuwarten, denn dieses relativ einfache Berechnungsverfahren wurde eben nicht nur von der Finanzverwaltung genutzt, sondern auch von Steuerpflichtigen und Beratern. Wird die eigene Kaufpreisaufteilung vom Finanzamt mit Verweis auf die Berechnungsergebnisse der Arbeitshilfe allerdings abgelehnt, empfiehlt es sich – soweit möglich –, Einspruch einzulegen und auf das Urteil des Bundesfinanzhofs zu verweisen. Dann ist es am Finanzamt, zu entscheiden, ob es den beschwerlicheren Weg wählt und ein Wertgutachten durch einen Bausachverständigen in Auftrag gibt oder lieber doch die Kaufpreisaufteilung des Steuerpflichtigen akzeptiert.

Dr. Lutz Engelsing

Steuerberater

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Volker Latsch

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