Bundesfinanzministerium bezieht Stellung zum Vorsteuerabzug der öffentlichen Hand
Hintergrund
Zum 1.1.2017 wurde die Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand neu geregelt (§ 2b UStG). Um den hiervon betroffenen juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) den Übergang zu erleichtern, wurde diesen zunächst eine Übergangsregelung bis zum Ende des Jahres 2020 gewährt. Aufgrund der unverändert bestehenden Probleme, die Regelungen in der Praxis umzusetzen, wurde die Frist mehrfach verlängert. Ein Grund für diese Entwicklung dürfte auch dem BMF zuzuschreiben sein, dass sich zu wichtigen Fragen, die die Umsatzbesteuerung jPdöR betreffen, bisher nicht positioniert hat. Nun - nach mehrjähriger Verspätung - nimmt das BMF endlich Stellung zum Vorsteuerabzug unternehmerisch tätiger jPdöR.
Kernaussagen des BMF
Anwendung der allgemeinen Regelungen
Für jPdöR gibt es kein lex specialis. Der Vorsteuerabzug richtet sich nach den allgemeinen Regelungen.
Zuordnung der Eingangsleistungen
Zunächst ist zu unterscheiden, ob die Eingangsleistung für unternehmerische oder nichtunternehmerische Tätigkeiten bezogen wird. Nichtunternehmerisch ist z. B. der Bezug für den hoheitlichen Bereich unter Beachtung des § 2b UStG. Nur Eingangsleistungen für das Unternehmen der jPdöR berechtigen unter den übrigen Voraussetzungen zum Vorsteuerabzug. Dies setzt voraus, dass die jPdöR beabsichtigt, die Eingangsleistung für Zwecke ihrer besteuerten Ausgangsumsätze einzusetzen. Fehlt ein solcher Zusammenhang kann die jPdöR zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, sofern die Kosten für die Eingangsleistung zu ihren allgemeinen Aufwendungen gehören und – als solche – Bestandteile des Preises der von ihr erbrachten steuerbaren Leistungen sind.
Wird die Eingangsleistung sowohl für den unternehmerischen als auch für den nichtunternehmerischen Bereich bezogen, ist die Vorsteuer aufzuteilen (Aufteilungsgebot). Allerdings lässt das BMF unverändert im Billigkeitswege zu, abweichend vom Aufteilungsgebot, den Gegenstand vollständig dem nichtunternehmerischen Bereich zuzuordnen, wobei der Vorsteuerabzug entfällt.
Der Erwerb von Gegenständen, die zu weniger als 10 % für den unternehmerischen Bereich genutzt werden, berechtigt nicht zum Vorsteuerabzug.
Besondere Regelungen für die Aufteilung der Vorsteuer
Grundsätzlich ist die Vorsteuer gemäß dem Prinzip der wirtschaftlichen Zurechnung aufzuteilen. Sofern sich dies bei jPdöR schwierig gestaltet, lässt das BMF folgende Vereinfachungen zu:
Aufteilung nach Einnahmeschlüssel
Hierbei werden die Netto-Einnahmen aus dem unternehmerischen Bereich ins Verhältnis zu den Gesamteinnahmen gesetzt. Mittels des so gewonnenen Einnahmenschlüssels werden in einem ersten Schritt die Vorsteuerbeträge ermittelt, die dem unternehmerischen Bereich zuzuordnen sind. Falls erforderlich, erfolgt dann in einem zweiten Schritt die Aufteilung der Vorsteuer entsprechend den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen und solchen, die hierzu nicht berechtigen (z. B. steuerfreie Umsätze).
Aufteilung bei Grundstücken
Ist ein sachgerechter Aufteilungsschlüssel (z. B. Flächenschlüssel) zu ermitteln, ist dieser der Aufteilung zugrunde zu legen. Ist dies nicht möglich, erfolgt die Aufteilung nach der Methode, die die jPdöR ansonsten anwendet (also z. B. der Einnahmeschlüssel).
Pauschaler Vorsteuerabzug für jPdöR mit geringen Umsätzen
JPdöR mit einem Vorjahresumsatz von max. 45.000 € können den Vorsteuerabzug pauschal mit einem bestimmten Prozentsatz der steuerpflichtigen Ausgangsumsätze vornehmen. Der pauschale Satz ermittelt aus dem Verhältnis der übrigen Ausgaben (Gesamtausgaben abzüglich Personalausgaben, Ansatz zu 80%) zu den Gesamtausgaben.
Behandlung der Gebietskörperschaften Bund und Länder
Zuletzt nimmt das BMF Stellung zum Vorsteuerabzug für Organisationseinheiten der Gebietskörperschaften Bund und Länder. Für diese gelten ebenfalls die zuvor aufgeführten Regelungen, abgesehen vom pauschalen Vorsteuerabzug. Zu beachten ist, dass es auf die Verhältnisse der gesamten Gebietskörperschaft ankommt.
Konsequenzen
Das BMF bietet den JPdöR im Hinblick auf den Vorsteuerabzug zahlreiche Vereinfachungen. Diese greifen aber erst für Besteuerungszeiträume, in denen die jPdöR § 2b UStG unterliegt. Auch wenn der Entwurf des JStG 2024 eine nochmalige Verlängerung der Übergangsfrist bis zum 31.12.2026 vorsieht, sollten sich jPdöR frühzeitig mit dem Schreiben und dessen Umsetzung in der Praxis auseinandersetzen. Unsere Expert:innen unterstützen Sie gerne hierbei.
BMF, Schreiben v. 12.06.2024