Endlich: Bundesfinanzministerium bezieht Stellung zur Neuregelung der Reihengeschäfte

Hintergrund

Die umsatzsteuerliche Erfassung von Reihengeschäften bereitete der Praxis bis zum 31.12.2019 erhebliche Probleme. So bestanden hierzu nicht nur unterschiedliche Regelungen in der EU, sondern auch eine erheblich von der Verwaltungsauffassung abweichende Rechtsprechung. Eine rechtssichere Abwicklung von Reihengeschäften war kaum möglich. Um diesen Zustand zu beenden, wurden die Reihengeschäfte zum 1.1.2020 erstmals gesetzlich in der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) kodifiziert und damit harmonisiert. Nun hat das BMF auf 17 Seiten hierzu Stellung bezogen.

Schreiben des BMF

Das BMF stellt zunächst den Begriff des Reihengeschäfts und die grundlegende Systematik der Besteuerung des Reihengeschäfts dar. Anschließend werden zahlreiche Fälle mit diversen Varianten und deren umsatzsteuerliche Erfassung aufgezeigt.

Was ist hervorzuheben?

Unverändert stehen gebrochene Beförderungen der Annahme eines Reihengeschäfts entgegen. Eine Beförderung oder Versendung gilt als gebrochen, wenn sie durch mehrere am Reihengeschäft beteiligte Unternehmer:innen erfolgt.

Die korrekte umsatzsteuerliche Behandlung des Reihengeschäfts setzt die zutreffende Bestimmung der sogenannten bewegten Lieferung voraus. Diese ist dem Unternehmen zuzuordnen, das für den Transport verantwortlich ist. Wird ein Spediteur eingeschaltet, ist entscheidend, wer diesen beauftragt hat. Eine hiervon abweichende Zuordnung ist nur zulässig, wenn nachgewiesen wird, dass die Beförderung bzw. Versendung auf Rechnung eines anderen Unternehmers erfolgt, der auch die Gefahr des Untergangs der Ware trägt. Ein konkretes Beispiel hierzu fehlt. In der Praxis dürfte sich so reichlich Interpretationsspielraum hinsichtlich der Bestimmung der bewegten Lieferung ergeben, was mit entsprechenden Risiken verbunden ist.

Befördert bzw. versendet ein Zwischenhändler die Ware, so stellt grundsätzlich die Lieferung an ihn die bewegte Lieferung dar. Der Zwischenhändler kann jedoch nachweisen, dass die Lieferung, die er ausführt, die bewegte Lieferung ist. Hierdurch eröffnet sich dem Zwischenhändler die Möglichkeit, Einfluss auf die umsatzsteuerliche Erfassung zu nehmen. Insbesondere kann hierdurch die Registrierung in einem anderen Mitgliedstaat vermieden werden. Das BMF zeigt dies an mehreren Beispielen ausführlich auf. Ferner werden die Voraussetzungen für die Ausübung des Wahlrechts dargestellt. Diese sind zu beachten.
Auf Lieferungen über elektronische Schnittstellen (z.B. über Amazon), die fiktiv als Lieferung des Unternehmers an die elektronische Schnittstelle sowie von dieser an den Kunden gelten (§ 3a UStG), ist das Schreiben nicht anzuwenden.

Bewertung und Konsequenzen

Die Ausführungen des BMF zu Inlandsreihengeschäften dürften für die Praxis kaum Relevanz entfalten, da Reihengeschäfte in der Regel nur Schwierigkeiten bereiten, wenn diese grenzüberschreitend erfolgen. Zu hinterfragen ist auch die Forderung des BMF zur Verwendung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) durch Zwischenhändler:innen als Nachweis, dass ihrer Lieferung die bewegte Lieferung zuzuordnen ist. Die MwStSystRL fordert hier lediglich die Mitteilung der USt-IdNr. Dies ist zu beachten, sollte es hier Diskussionen mit der Finanzverwaltung geben.

Positiv zu bewerten ist, dass das BMF nunmehr nahezu für jede Fallkonstellation alle Variationen, die sich durch die Zuordnung der bewegten Lieferung ergeben, darstellt und durchdekliniert. Es bietet so eine gute Grundlage, um die angedachte Abwicklung des Reihengeschäfts zu prüfen. Dies setzt jedoch voraus, dass die bewegte Lieferung im Rahmen des Reihengeschäfts zutreffend lokalisiert wurde. Doch gerade bei dieser für die Erfassung des Reihengeschäfts elementaren Frage sind die Hinweise des BMF eher dürftig. Für Zeiträume, die vor der Veröffentlichung des Schreibens (25.4.2023) liegen, lässt das BMF abweichende Zuweisungen der Transportverantwortlichkeit zu, sofern diese von den Beteiligten einheitlich erfolgt. Somit ist hier, zumindest für die Zukunft, Vorsicht geboten. 

Bundesfinanzministerium, Schreiben vom 25.4.2023

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