Besteuerung eines Aufgabegewinns bei Ausscheiden eines Gesellschafters im Wege der Realteilung zu Buchwerten

Kernaussage

Das FG hatte zu entscheiden, ob das Ausscheiden eines Gesellschafters gegen Abfindung eines Teilbetriebs sowie Zahlung einer Abfindung und anschließender Fortführung der GbR durch die verbleibenden Gesellschafter eine Realteilung darstellt.

Sachverhalt

H, A, B und C gründeten im Jahr 1993 die HABC Partner GbR. Im Streitjahr 2003 kam es zwischen H und den anderen Mitgesellschafter zu Unstimmigkeiten, sodass mit Gesellschafterbeschluss vom 31.10.2013 H aus der Gesellschaft ausgeschlossen wurde. H schied dabei unter Anwachsung seiner Anteile auf die verbleibenden Gesellschafter im Wege der Realteilung zu Buchwerten ohne Aufdeckung der stillen Reserven aus. H behielt sich die bei der Gründung der GbR ursprünglich eingebrachte Kanzlei mit Mitarbeiter, Anlage- und Umlaufvermögen, Rückstellungen, Verbindlichkeiten und die von ihm betreuten Mandanten zurück. Die Sozietät wurde von den verbliebenen Gesellschaftern fortgeführt.

Zum 31.10.2003 wurde eine Auseinandersetzungsbilanz zu Buchwerten erstellt. Im schiedsgerichtlichen Verfahren verglichen sich die Parteien im Jahr 2008 derart, dass der H zustehende Abfindungsanspruch durch die übernommenen Mandanten, das übernommene Anlage- und Umlaufverfahren, den Verzicht auf Ausgleich des negativen Kapitalkontos (ca. – 35.000 €), Verzicht zum Ausgleich von Verrechnungskonten und einer Zahlung i.H.v. 50.000 € an H ausgeglichen wurde.

In der gesondert und einheitlichen Feststellungserklärung für das Jahr 2003 wurde der auf H entfallene Gewinn mit 198.230,14 € zugerechnet. Die berichtigte Feststellungserklärung aus dem Jahr 2009 ermittelte einen zusätzlichen Veräußerungsgewinn i.H.v. 461.656,78 €, der H zugerechnet wurde. Gegen den geänderten Feststellungsbescheid für das Jahr 2003 legte H Einspruch ein und verwies auf das Vorliegen einer Realteilung. Nach der Betriebsprüfung für das Streitjahr 2003 erging ein weiterer geänderter Feststellungsbescheid gegen den H ebenfalls Einspruch einlegte. Der erste Einspruch blieb dabei erfolglos. Dem FA zufolge sei H mangels Betriebsaufgabe nicht im Rahmen einer Realteilung zu Buchwerten aus der GbR ausgeschieden. Das Ausscheiden aus der GbR sei daher steuerrechtlich als Verkauf bzw. Aufgabe eines Mitunternehmeranteils i.S.d. § 16 EStG zu werten. Gegen die Einspruchsentscheidung legte H Klage ein.

Entscheidung

Das FG hat entschieden, dass die Klage teilweise begründet ist. Das Ausscheiden des H aus der GbR gegen Übernahme der Steuerkanzlei zu Buchwerten erfüllt die Voraussetzungen einer Realteilung i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG. Auf der Ebene der Gesellschaft ist jedoch durch die Zahlung des Abfindungsbetrags sowie durch den Verzicht auf Ansprüche gegen den ausgeschiedenen Gesellschafter bei diesem ein nicht tarifbegünstigter Aufgabegewinn entstanden.

Nach der neueren BFH-Rechtsprechung erfüllt das Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer fortbestehenden Gesellschaft gegen eine Sachwertabfindung in Gestalt eines Teilbetriebs unmittelbar die Voraussetzungen einer Realteilung i.S.d.§ 16 Abs. 3 Satz 2 EStG. Dies gilt nicht nur bei Sachwertabfindungen mit Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen, sondern in allen Fällen einer Sachwertabfindung, bei dem das Ausscheiden des Mitunternehmers als Aufgabe seines Mitunternehmeranteils zu behandeln ist.

Nach neuerer Rechtsprechung finden demnach die Regelungen über die Realteilung (§ 16 Abs. 3 Sätze 2 bis 4 EStG) sowohl bei Auflösung der Mitunternehmerschaft und Verteilung des Betriebsvermögens ("echte Realteilung") als auch dann Anwendung, wenn (mindestens) ein Mitunternehmer unter Mitnahme von mitunternehmerischem Vermögen aus einer zwischen den übrigen Mitunternehmern fortbestehenden Mitunternehmerschaft ausscheidet ("unechte Realteilung"). Ob im Einzelfall eine echte oder eine unechte Realteilung vorliegt, richtet sich also danach, ob die Mitunternehmerschaft aufgelöst wird (echte Realteilung) oder ob sie fortbesteht und nur (mindestens) ein Mitunternehmer unter Mitnahme von mitunternehmerischem Vermögen ausscheidet.

Die Gesellschafter der GbR verständigten sich darauf, dass der Gesellschafter H im Rahmen einer Realteilung zu Buchwerten und damit ohne Aufdeckung etwaiger stiller Reserven zum 31.10.2003 aus der GbR ausscheidet und sein Anteil den verbleibenden Gesellschaftern A, B und C zuwächst. Dies bestätigten die Parteien auch im Schiedsgerichtsvergleich, sodass H mit Ablauf des 31.10.2003 aus der Sozietät ausgeschieden ist und die verbliebenen Gesellschafter die Sozietät unter geändertem Namen fortgeführt haben und die Anteile des H den Mitgesellschaftern A, B und C angewachsen sind.

Demnach hat der H durch sein Ausscheiden aus der Gesellschaft unter Übernahme seiner ursprünglich eingebrachten Steuerkanzlei seinen Mitunternehmeranteil auf die verbliebenen Gesellschafter der HABC übertragen. Entgegen der ursprünglichen Ansicht des FA handelt es sich nach Auffassung des FG bei dem Ausscheiden des H aus der Mitunternehmerschaft unter Mitnahme von mitunternehmerischem Vermögen nicht um eine Veräußerung seines Mitunternehmeranteils i.S. des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, sondern um dessen Aufgabe. Denn gemäß der neuen Rechtsprechung stellt das Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer Mitunternehmerschaft unter Mitnahme von Gesellschaftsvermögen die Aufgabe eines Mitunternehmeranteils dar („unechte Realteilung“).

Da die verbliebene Mitunternehmerschaft und auch der ausgeschiedene Mitunternehmer H mit dem mitunternehmerischen bzw. übertragenen Vermögen die jeweilige selbständige Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Satz 2 EStG fortgeführt haben, wurden auch die weiteren Voraussetzungen einer Realteilung i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG erfüllt.


Die Übertragung der Wirtschaftsgüter der Steuerkanzlei zu Buchwerten ist im Streitfall nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG zulässig, weil die Versteuerung der übergegangenen stillen Reserven der Wirtschaftsgüter durch deren Behandlung als Betriebsvermögen sichergestellt ist. Demnach sind die Voraussetzungen für ein erfolgsneutrales Ausscheiden des H aus der HABC durch Übertragung einer Sachgesamtheit (Teilbetrieb) zu Buchwerten erfüllt.

Eine Gewinnrealisierung ist jedoch nach Auffassung des FG insoweit gegeben, als der H anlässlich seines Ausscheidens aus der HABC von den Gesellschaftern der ABC Leistungen erhalten hat bzw. von auf gesellschaftsrechtlicher Ebene bestehenden Verpflichtungen freigestellt wurde.

Ist im Gesellschaftsvertrag vereinbart, dass beim Ausscheiden eines Gesellschafters die Gesellschaft unter den Verbleibenden fortgesetzt wird, so wächst der Anteil des Ausscheidenden den Verbleibenden zu. Hat der Ausscheidende Anspruch auf eine Abfindung, so stellt diese gemäß BFH Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 15.04.1993 - IV R 66/92) ein Entgelt für den Übergang seines Gesellschaftsanteils auf die Verbleibenden dar.

Im Streitfall erhielt gemäß § 16 Abs. 3 des Sozietätsvertrags der Gesellschafter ein Partner, der aus der Partnerschaft ausscheidet, als Abfindung den tatsächlichen Wert seiner Beteiligung unter Berücksichtigung der stillen Reserven und des Firmenwerts. Entsprechend gehört nach Auffassung des Senats der im Schiedsgerichtsverfahren dem ausgeschiedenen H zugesprochene Abfindungsanspruch, der aus mehreren Einzelleistungen (Barzahlung, Übernahme neg. Kapitalkonto sowie Verrechnungskonten) besteht, gegen die verbliebenen Gesellschafter der HABC zum Veräußerungspreis i.S. des § 16 Abs. 2 EStG.

Hinweis

Die gegen das Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde mit Beschluss vom 03.07.2019 (Az.: VIII B 86/18) als unbegründet zurückgewiesen.

Besonders sei darauf hingewiesen – weil in der Literatur umstritten -, dass nach Auffassung des FG auch Geld und Forderungen als Teil des (unentgeltlichen) Betriebsvermögen wie andere materielle und immaterielle Wirtschaftsgüter im Zuge einer Realteilung der Gesellschafter frei zugeordnet werden können. Dabei führt die Zuordnung von liquiden Mitteln anlässlich des Ausscheides eines Gesellschafters nicht zu einem Veräußerungserlös.

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