Beiträge für ein Fitnessstudio sind keine außergewöhnlichen Belastungen

Steuerliche Abzugsfähigkeit von Mitgliedsbeiträgen fürs Fitnessstudio

Aufwendungen für die Ausübung eines Sports gehören grundsätzlich zu den steuerlich nicht abzugsfähigen Kosten der Lebenshaltung. Im Zusammenhang mit Mitgliedsbeiträgen für ein Fitnessstudio haben die Finanzgerichte in der Vergangenheit bereits einige Urteile gesprochen. Unter folgender Voraussetzung sieht das Finanzgericht München den Abzug der Aufwendungen für ein Herz-Kreislauf-Training in einem Fitness-Center als außergewöhnliche Belastung an: Durch eine im Vorhinein ausgestellte amts- oder vertrauensärztliche Bescheinigung wird nachgewiesen, dass das Training notwendig ist, um eine Krankheit oder ein Gebrechen zu heilen oder zu dessen Besserung oder Linderung beizutragen. Das Training muss außerdem nach Einzelverordnung unter Verantwortung eines Arztes oder einer sonst zur Ausübung der Heilkunde zugelassenen Person betrieben werden.

Den gleichen Nachweis forderte das Sächsische Finanzgericht im dortigen Streitfall anlässlich der Teilnahme an einer „Krankenkasse-Aktivwoche“ mit Rückenschule, Gesundheitssport und Krankengymnastik. Auch das Finanzgericht Nürnberg stellte im Fall eines attestierten Besuchs eines Thermalbads mit spezieller Gymnastik im Bewegungsbad, Schwimmtraining und Aquajogging auf die Einzelverordnung eines Arztes, Heilpraktikers oder einer sonst zur Ausübung der Heilkunde zugelassenen Person ab. Der Bundesfinanzhof hat jetzt seine Rechtsprechung zur Behandlung von Mitgliedsbeiträgen für ein Fitnessstudio erweitert; der Urteilsfall betraf die Teilnahme an einem dort angebotenen und ärztlich verordneten Funktionstraining, das die Mitgliedschaft in dem Fitnessstudio voraussetzte.

Streit um steuerliche Anerkennung von Fitnessstudio-Beiträgen bei ärztlich verordnetem Funktionstraining

Einer kaufmännischen Angestellten mit einem Grad der Behinderung von 30 wurde ein Funktionstraining in Form von Wassergymnastik ärztlich verordnet. Derartige Trainings werden von verschiedenen Betreibern mit entsprechend qualifiziertem Personal angeboten. Die Patientin entschied sich für das Training bei einem Reha-Verein, der die Kurse in einem für sie verkehrsgünstig gelegenen Fitnessstudio abhielt. Voraussetzung für die Kursteilnahme war neben dem Kostenbeitrag für das Funktionstraining und der Mitgliedschaft im Reha-Verein auch die Mitgliedschaft in dem Fitnessstudio. Die Mitgliedschaft berechtigte auch zur Nutzung des Schwimmbads und der Sauna sowie zur Teilnahme an weiteren Kursen. Die Krankenkasse erstattete lediglich die Kursgebühren für das Funktionstraining. Als Krankheitskosten berücksichtigte das Finanzamt nur die Mitgliedsbeiträge für den Reha-Verein. Einen Abzug der Mitgliedsbeiträge für das Fitnessstudio als außergewöhnliche Belastung lehnten das Finanzamt und auch das Finanzgericht ab. Wegen der großen Breitenwirkung wurde die Revision zugelassen. 

Bundesfinanzhof: Mitgliedsbeiträge fürs Fitnessstudio keine außergewöhnlichen Belastungen

Der Bundesfinanzhof hat klargestellt, dass Mitgliedsbeiträge für ein Fitnessstudio grundsätzlich nicht zu den als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennenden zwangsläufigen Krankheitskosten zählen. Nach Auffassung der Richter:innen wird das mit der Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio einhergehende Leistungsangebot auch von gesunden Menschen in Anspruch genommen, um die Gesundheit zu erhalten, das Wohlbefinden zu steigern oder die Freizeit sinnvoll zu gestalten. Die Mitgliedsbeiträge seien auch nicht zwangsläufig erwachsen, weil die Klägerin dem Fitnessstudio als Mitglied beitreten musste, um an dem ärztlich verordneten Funktionstraining teilnehmen zu können. Die Entscheidung, das Funktionstraining in dem Fitnessstudio zu absolvieren, sei in erster Linie Folge eines frei gewählten Konsumverhaltens, das nach Auffassung des Senats eine steuererhebliche Zwangsläufigkeit nicht begründen kann. Zudem stehe dem Abzug der Mitgliedsbeiträge der Umstand entgegen, dass die Klägerin die Möglichkeit erhielt, auch weitere Leistungsangebote (wie die Nutzung der Sauna und des Schwimmbads für Aqua-Fitnesskurse jenseits des medizinisch indizierten Funktionstrainings) zu nutzen. Dies gilt auch dann, wenn hiervon kein Gebrauch gemacht werde. 

Konsequenz

Es bleibt bei dem Grundsatz, dass nur solche Aufwendungen steuerlich als Krankheitskosten zu berücksichtigen sind, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglich zu machen. Beim Bundesfinanzhof sind derzeit zwei weitere Revisionsverfahren im Zusammenhang mit außergewöhnlichen Belastungen mit allgemeinem Interesse anhängig: Zum einen geht es um die Zwangsläufigkeit von Nahrungsergänzungsmitteln bei Krebserkrankungen, zum anderen um Mehraufwendungen für einen behindertengerechten Um-/Neubau eines Hauses oder einer Wohnung. 


Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.11.2024 – VI R 1/23

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