Arbeitnehmer im Homeoffice: Betriebsstätten-Risiko?
Spätestens seit der Corona-Pandemie ist in vielen Unternehmen das Homeoffice nicht mehr wegzudenken. Steuerlich stellt sich jedoch die Frage, ob die Arbeitnehmer durch ihre Tätigkeit gegebenenfalls eine Betriebsstätte des Arbeitgebers an ihrem Wohnort begründen. National hat dies besondere Bedeutung im Bezug auf eine mögliche Gewerbesteuerzerlegung. Im internationalen Bereich kann dies mannigfache Auswirkungen haben, beispielsweise auf die Besteuerung der Arbeitslöhne der Mitarbeitenden oder auch eine mögliche (beschränkte) Körperschaftsteuerpflicht im Ausland.
Neuregelung des AEAO
Die Finanzverwaltung sieht in der Tätigkeit des Arbeitnehmers im Homeoffice regelmäßig keine Betriebsstätte des Arbeitgebers. Als Hauptgrund hierfür wird im AEAO angeführt, dass der Arbeitgeber nicht über eine ausreichende Verfügungsmacht über die häuslichen Räumlichkeiten des Arbeitnehmers verfügt.
Die soll sogar in den Fällen gelten, in denen
- die Übernahme der Kosten für das Homeoffice und dessen Ausstattung durch den Arbeitgeber erfolgt.
- ein Mietvertrag über häusliche Räume des Arbeitnehmers zwischen Arbeitgeber (Mieter) und Arbeitnehmer (Vermieter) abgeschlossen wird, außer der Arbeitgeber ist im Einzelfall tatsächlich befugt, die Räume anderweitig zu nutzen (etwa durch ein Recht zum Entsenden anderer Arbeitnehmer in die Räume oder ein Recht zum Betreten der Räume außerhalb von Prüfungen zur Arbeitssicherheit).
- dem Arbeitnehmer kein anderer Arbeitsplatz durch den Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wird.
Eine Ausnahme sollen lediglich Arbeitnehmer mit „Leitungsfunktionen“ darstellen.
Die Regelung im internationalen Vergleich
Im internationalen Bereich finden sich zum Thema Homeoffice-Betriebsstätten Ausführungen im OECD Musterkommentar von 2017. Es handelt sich bei dem Musterkommentar jedoch lediglich um eine grobe Richtlinie, weswegen viele Länder ihre eigenen Regelungen dazu getroffen haben. So soll der neue AEAO aus deutscher Sicht für alle Doppelbesteuerungsabkommen gelten.
Der OECD Musterkommentar definiert deutlich geringere Anforderungen an eine Homeoffice-Betriebsstätte als der AEAO. So ist zum Beispiel eine Betriebsstätte anzunehmen, wenn die Tätigkeit des Arbeitnehmers ausschließlich im Homeoffice ausgeführt wird und ihm kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt wird.
Einzelne Länder haben noch geringere Hürden für eine Betriebsstätte. So soll in Österreich bereits eine Tätigkeit von mehr als 25% der Arbeitszeit im Homeoffice ausreichend sein oder in Polen die Gestellung von IT-Equipment durch den Arbeitgeber zu einer Homeoffice Betriebsstätte führen.
Praxisfolgen
Die Aktualisierung des AEAO ist daher ein zweischneidiges Schwert. Die hohen Anforderungen an eine Homeoffice-Betriebsstätte sind aus nationaler Sicht auf der einen Seite zu begrüßen, da sie das Betriebsstätten-Risiko in diesem Bereich deutlich entspannen. Auf der anderen Seite dürfen sich Unternehmen im internationalen Bereich jedoch nicht in „falscher Sicherheit“ wägen. Die Beurteilung von möglichen ausländischen Homeoffice-Betriebsstätten muss, wie bisher, in dem jeweiligen Tätigkeitsstaat erfolgen und ist somit unter Umständen nicht mit den deutschen Maßstäben vergleichbar. Hier drohen Doppelbesteuerungsrisiken bzw. eine Notwendigkeit für ein Verständigungsverfahren sollte das Ausland eine Betriebsstätte sehen, die nach den Maßgaben des AEAO in Deutschland nicht anerkannt wird.