Bundesfinanzhof: Wirtschaftlicher Arbeitgeber bei internationaler Entsendung im Konzern

Bedeutung des wirtschaftlichen Arbeitgebers für den Lohnsteuerabzug

Wird der Arbeitnehmer eines ausländischen Arbeitgebers an ein inländisches Unternehmen entsandt und für dieses tätig, ist zu prüfen, welches dieser Unternehmen als Arbeitgeber im Sinne des Doppelbesteuerungsabkommens – und damit als wirtschaftlicher Arbeitgeber – anzusehen ist. Das hat insbesondere Bedeutung für den Lohnsteuerabzug des inländischen Unternehmens. Einen solchen Fall hatte nun der Bundesfinanzhof zu entscheiden.

Entsendung eines Geschäftsführers durch eine Schweizer AG

Im Urteilsfall ging es um einen Geschäftsführer einer deutschen GmbH, der ausschließlich bei der Schweizer Muttergesellschaft (AG) angestellt war und zur GmbH entsandt wurde, um dort die Geschäftsführung zu übernehmen. Die Besonderheit bestand darin, dass zwischen Schweizer AG, deutscher GmbH und dem Geschäftsführer (der gleichzeitig auch an der Schweizer AG wesentlich beteiligt war) keine Entsendevereinbarung geschlossen wurde, sondern nur eine Dienstleistungsvereinbarung zwischen AG und GmbH bestand. Nach dieser Vereinbarung hatten AG und GmbH vereinbart, dass die AG der GmbH einen Geschäftsführer zur Verfügung stellt und die GmbH der AG hierfür eine fremdübliche Vergütung zahlt, wobei sich die Höhe der vereinbarten Vergütung offenbar an dem Bruttogehalt zzgl. Sozialabgaben des vorherigen, direkt bei der GmbH angestellten Geschäftsführers orientierten sollte. Weiterhin wurde vereinbart, dass alle Risiken aus der Tätigkeit des Geschäftsführers durch die GmbH getragen werden sollten.

Streitpunkt war, ob die GmbH zum deutschen Lohnsteuerabzug für die Vergütung des Geschäftsführers verpflichtet war. Als weitere Besonderheit ergab sich, dass das Finanzamt als Bemessungsgrundlage für die Lohnsteuerhaftung der GmbH die von dieser an die AG gezahlte Dienstleistungspauschale herangezogen hatte.

Bundesfinanzhof gibt Kriterien für die Zuordnung des wirtschaftlichen Arbeitgebers vor

Der Bundesfinanzhof bemängelte zum einen, dass weder das beklagte Finanzamt noch die Vorinstanz ermittelt habe, ob die vereinbarte und gezahlte Dienstleistungspauschale auch den tatsächlichen Lohnkosten entsprach, die der AG aus der Beschäftigung des Geschäftsführers entstanden. Des Weiteren habe die Vorinstanz nicht ermittelt, ob der Geschäftsführer während des fraglichen Zeitraums ausschließlich für die GmbH oder gegebenenfalls nicht auch teilweise weiterhin für die AG tätig war. Für den Bundesfinanzhof lag der Schluss nahe, dass der Geschäftsführer im Interesse der GmbH tätig gewesen sei, weil dies üblicherweise bei Geschäftsführer:innen so sei und diese in der Regel nicht in erster Linie im Interesse des Gesellschafters tätig seien.

Weiterhin beanstandete der Bundesfinanzhof, dass nicht ermittelt worden sei, ob der Geschäftsführer in die Arbeitsabläufe der GmbH eingebunden und der GmbH gegenüber weisungsgebunden war. Er wies darauf hin, dass allein die Bestellung als Geschäftsführer der GmbH nicht als Beweis tauge, dass der Geschäftsführer in die Arbeitsabläufe der GmbH eingebunden war und deren Weisungen unterlag.

Zurückverweisung an das Finanzgericht

Aufgrund der oben angeführten Mängel in der Sachverhaltsermittlung hat der Bundesfinanzhof das Verfahren an die Vorinstanz zur Sachverhaltsaufklärung zurückverwiesen. Sollte sich im zweiten Rechtszug herausstellen, dass der Geschäftsführer annähernd Vollzeit für die GmbH tätig gewesen ist, so ist zu erwarten, dass das Finanzgericht die Eingebundenheit des Geschäftsführers in die Organisation und Abläufe der GmbH ermittelt und bejaht.

Steuerliche Konsequenzen im Vorfeld der Entsendung prüfen

Auch wenn der Fall eine nicht alltägliche Sachverhaltskonstellation zum Gegenstand hatte, zeigt das Urteil, welche steuerlichen Risiken aus einer nicht sauber aufgesetzten Arbeitnehmerentsendung resultieren können und dass die (hier: deutsche) Finanzverwaltung willens und in der Lage ist, solche Fälle in den Lohnsteueraußenprüfungen aufzugreifen und auszufechten.

Im Urteilsfall hätten durch eine entsprechende Vorbereitung der Entsendung (Gestaltung der Verträge) und gegebenenfalls Lohnsteueranrufungsauskunft das streitige Verfahren, ein hohes Haftungsrisiko sowie eine mögliche Doppelbesteuerung wohl vermieden werden können. Es zeigt sich auch, dass „Dienstleistungsvereinbarungen“, die faktisch die „Gestellung von Personal“ zum Inhalt haben, mit Vorsicht zu behandeln sind, da es in der Praxis in solchen Fällen schwierig ist, eine fremdübliche, echte Dienstleistung darzustellen und umzusetzen.

Bemerkenswert ist zudem die Aussage des Bundesfinanzhofs, dass allein die Bestellung als Geschäftsführer einer GmbH nicht zum Beweis tauge, dass der Geschäftsführer auch in die Arbeitsabläufe eingebunden sei und deren Weisungen unterliege. Dies könnte zur Abwehr von Lohnsteuerhaftungsfällen bei Entsendungen von Geschäftsführern hilfreich sein. Der Bundesfinanzhof bleibt allerdings recht vage, wie in der Praxis konkret die Prüfung der Eingebundenheit eines Geschäftsführers erfolgen soll.

Marko Müller

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

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Björn Spilles

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Wilma Koch

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