Werden Veranstaltungen von Unternehmen teurer?
Hintergrund
Hat ein Unternehmen, welches für seine Mitarbeiter ein Betriebsfest veranstaltet und hierfür eine Agentur für die Durchführung und Planung beauftragt, bereits eine Reiseleistung in Anspruch genommen, keinen Vorsteuerabzug aus der Rechnung der Eventagentur? Das klingt schon ziemlich absurd. Allerdings sind im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) unter dem Begriff der Reise folgende Leistungen aufgeführt:
„1. Beförderung zu den einzelnen Reisezielen, Transfer;
2. Unterbringung und Verpflegung;
3. Betreuung durch Reiseleiter;
4. Durchführung von Veranstaltungen (z.B. Stadtrundfahrten, Besichtigungen, Sport- und sonstige Animationsprogramme).“
Jetzt herrscht in der Praxis große Unsicherheit hinsichtlich der Abgrenzung der Reiseleistungen von anderen Leistungen. So ist z.B. unklar, ob eine Reiseleistung immer das Angebot eines Bündels von Leistungen erfordert oder auch eine einzelne dieser aufgeführten Leistungen darstellen kann (z.B. bei der Vermietung eines Ferienhauses).
Die Folge dieser steuerlichen Änderung ist: Es wird teurer!
So muss z.B. die Eventagentur die Preise anheben, um die gleiche Marge wie bisher zu erzielen; dem Kunden steht hingegen kein Vorsteuerabzug zu, wie das nachfolgende Beispiel zeigt.
Rechenbeispiel
Unternehmer A kauft für 100 € netto zzgl. 19 % Umsatzsteuer Reiseleistungen ein, die er seinem Kunden, Unternehmer B, für 200 € netto anbietet. A und B sind zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt.
Alte Regelung:
Für A: Gewinn = 100 € (200 € – 100 €); Umsatzsteuer = 38 %; Vorsteuerabzug = 19 %
Für B: Aufwand = 200 €; Vorsteuerabzug = 38 %
Neuregelung:
Will A den gleichen Gewinn wie bisher erzielen, muss er den Preis auf 238 € erhöhen und es ergibt sich folgende Rechnung:
Für A:
Marge = 119 € (238 € – 119 €) abzüglich 19 % enthaltener Umsatzsteuer = 100 €; Umsatzsteuer = 19 %, kein Vorsteuerabzug aus der Eingangsleistung
Für B: Aufwand = 238 €; kein Vorsteuerabzug aus der Rechnung von A.
Fraglich ist nun, ob A diesen Preis am Markt erzielen kann; wenn nicht, wird sich sein Gewinn verringern. Die Neuregelung führt damit definitiv zu einer geringeren Marge bei A und/oder zu höherem Aufwand für B, was in der Kalkulation zu berücksichtigen ist.
Konsequenzen
Die Unterscheidung, ob eine Reiseleistung vorliegt, ist von erheblicher Bedeutung, da sich die umsatzsteuerliche Erfassung gegenüber „normalen“ Leistungen grundlegend unterscheidet hinsichtlich Ortsbestimmung, Berechnung der Umsatzsteuer und Vorsteuerabzug.
Obwohl die Finanzverwaltung schon seit geraumer Zeit wusste, dass diese Neuregelung kommen wird, fehlt es bisher an einer Stellungnahme, die Rechtssicherheit für die betroffenen Unternehmer bieten könnte.
Das Bundesministerium der Finanzen hat hierzu nur verlauten lassen, dass es jetzt (!) an einem Schreiben arbeitet. Dies soll u.a. den Übergang zur Neuregelung klären. Eine zeitliche Übergangsregelung soll es hingegen nicht geben. Grund hierfür ist – vereinfacht gesagt – der Druck der EU, die eine weitere Verzögerung der Umsetzung nicht dulden wird.
Für die Unternehmen ist dies bitter. Nicht nur, dass die künftige Deklaration mit Unsicherheiten belastet ist, sondern es ist auch vollkommen unklar, wie Anzahlungen, die vor der Neuregelung vereinnahmt wurden, aber Reisen im Jahr 2020 betreffen, nun abzurechnen sind.
Es bleibt zu hoffen, dass das Bundesministerium der Finanzen dies nun zügig klärt. Wir halten Sie auf dem Laufenden.