Virtuelle Hauptversammlungen auch im Jahr 2021
Hintergrund
Aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie ist auch im Jahr 2021 die Möglichkeit zur Durchführung einer Hauptversammlung in Präsenz für viele Unternehmen nicht gegeben. Bereits während der ersten Corona-Welle hatte der Gesetzgeber erkannt, dass das Erfordernis von Präsenzversammlungen mit den coronabedingten Versammlungsverboten unvereinbar ist, und hatte durch das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27.3.2020 („COVID-19-Gesetz“) die rechtlichen Grundlagen für die virtuelle Hauptversammlung in Pandemiezeiten – unabhängig von bestehenden Satzungsregelungen – geschaffen. Die befristete, zunächst auf das Jahr 2020 beschränkte Geltungsdauer des Gesetzes wurde nunmehr verlängert und auf das Jahr 2021 ausgeweitet. Außerdem wurden punktuelle Änderungen zur Stärkung der Aktionärsrechte beschlossen.
Was ist neu?
Im Wesentlichen wird das Fragerecht der Aktionäre gestärkt und das Vorstandsermessen in Bezug auf die Fragenbeantwortung beschränkt. Der Vorstand muss nunmehr die eingereichten Fragen, vorbehaltlich etwaiger Auskunftsweigerungsrechte, beantworten. Ein Ermessen dahingehend, „ob“ er die Fragen beantwortet, ist damit nicht mehr gegeben. Er kann nur nach freiem Ermessen entscheiden, „wie“ er die Fragen beantwortet. Darüber hinaus ist die Frist zur Einreichung der Fragen auf einen Tag verkürzt. Ferner gelten Anträge oder Wahlvorschläge von Aktionären, die 14 Tage vor der Hauptversammlung übersandt wurden, künftig als in der Hauptversammlung (nochmals) gestellt, sofern der Aktionär seine Legitimation nachgewiesen und sich zu der Versammlung angemeldet hat. Durch diese sogenannte Fiktionslösung muss die Hauptversammlung über den Antrag abstimmen, auch wenn der Aktionär nicht an der Versammlung teilnimmt.
Was bleibt?
Im Übrigen bleibt es für die durch das COVID-19-Gesetz eingeführten Regelungen für die Aktiengesellschaften. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass die Einberufungsfrist auf 21 Tage verkürzbar und die Anfechtung von Beschlüssen beschränkt ist und der Vorstand über Abschlagszahlungen auf den Bilanzgewinn entscheiden kann. Die Regelungen gelten weiterhin für Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien oder Europäische Gesellschaften (SE). Des Weiteren werden die Regelungen für Vereine, Stiftungen und Genossenschaften an die für Aktiengesellschaften geltenden Regelungen angeglichen. Für die GmbH bedarf die im „Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung“ (GmbHG) verankerte Abstimmung im Umlaufverfahren nicht der Einstimmigkeit.
Fazit
Mit den Anpassungen hat der Gesetzgeber auf die Erfahrungen aus den virtuellen Hauptversammlungen im Jahr 2020 reagiert und Klarheit für die Rechte der Aktionäre geschaffen. Allerdings kann die Verkürzung der Fragefrist die Gesellschaften vor besondere Herausforderungen stellen. Insgesamt ist die Entwicklung jedoch weitgehend zu begrüßen und es bleibt zu hoffen, dass auch nach der Corona-Pandemie die virtuellen Hauptversammlungen in dauerhaft geltendes Recht transportiert werden.