Verlust des Vorsteuerabzugs aus Geschäften mit Steuerbetrügern?
Rechtlicher Hintergrund
§ 25f UStG sieht Sanktionen für Unternehmer vor, die wussten bzw. hätten wissen müssen, dass sie mit ihrer Leistung oder ihrem Leistungsbezug an einem Umsatz beteiligt sind, der auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe von einem anderen Unternehmer zur Hinterziehung der Umsatzsteuer geführt hat. Als Sanktion ist u. a. die Versagung des Vorsteuerabzugs aus den erhaltenen Leistungen vorgesehen, unabhängig von der Höhe der tatsächlich hinterzogenen Umsatzsteuer.
Fall
Die Klägerin, eine GmbH, handelte mit Edelmetallen, u. a. kaufte sie Edelmetalle von der E-GmbH ein; die Bezahlung erfolgte überwiegend bar. Die E-GmbH täuschte nach den Feststellungen der Steuerfahndung Geschäftsabläufe mittels sog. Abdeckrechnungen vor, um zu verbergen, dass es sich um Hehlerware handelte. Im Jahr 2014 erfolgte deshalb eine Durchsuchung der Geschäftsräume der Klägerin, um Unterlagen über die Edelmetalllieferungen der E-GmbH zu finden.
Nach einer Umsatzsteuersonderprüfung versagte das zuständige Finanzamt der Klägerin den Vorsteuerabzug aus den Lieferungen der E-GmbH, da diese hätte wissen müssen, dass sie sich mit dem Kauf der Edelmetalle an einem Umsatz beteiligt, der in eine Umsatzsteuerhinterziehung einbezogen ist.
Die Klägerin war hiermit nicht einverstanden, da sie ihren Sorgfaltspflichten nachgekommen sei, u. a. durch Einholung von Bescheinigungen des Finanzamtes der E-GmbH, wonach die E-GmbH weitestgehend ihren steuerlichen Pflichten nachgekommen sei.
Finanzgericht (FG) Thüringen versagt den Vorsteuerabzug
Das FG weist zunächst darauf hin, dass § 25f UStG im Streitfall noch nicht galt, wohl aber eine entsprechende Rechtsprechung. Anschließend erläutert das FG die Rechtslage. Demnach ist der Vorsteuerabzug zu versagen, wenn die Klägerin von der Steuerhinterziehung der E-GmbH hätte wissen müssen. Ob die Klägerin bösgläubig war, sich am Betrug aktiv beteiligt oder hierdurch einen Vorteil verschafft hat ist insoweit irrelevant. Weiterhin kann von der Klägerin gefordert werden, im Rahmen ihrer Sorgfaltspflichten Erkundigungen über die E-GmbH einzuholen. Komplexe und umfassende Prüfungen dürfen aber nicht gefordert werden.
Nach Ansicht des FG hätte die Klägerin seit der Durchsuchung misstrauisch sein müssen. Zudem sei die Klägerin bösgläubig gewesen, da sie weiterhin die Rechnungen bar bezahlte. Auch den Hinweis des Vertreters der Klägerin, dass diese hinsichtlich der Versagung des Vorsteuerabzuges ein „gebranntes Kind“ sei, wertete das FG gegen die Klägerin. Die von der Klägerin vorgelegten Nachweise sind nach Ansicht des FG unzureichend; vielmehr hätte die Klägerin u. a. Auskunft über die Herkunft der Edelmetalle von der E-GmbH einholen und die Barzahlungen sofort einstellen müssen.
Das FG versagt demnach den Vorsteuerabzug.
Fazit: Augen auf bei unseriösen Geschäftspartnern
Dass Geschäfte mit Kriminellen nicht die beste Idee sind, dürfte klar sein. Unabhängig wird spannend sein, wie der BFH hier entscheidet. Denn selbst wenn die Vorgehensweise der Klägerin nicht unbedingt als seriös zu bezeichnen ist, so weist das FG lediglich daraufhin, dass die E-GmbH Umsatzsteuer hinterzogen hat und der Verdacht besteht, dass dies auch bei den Lieferungen an die Klägerin der Fall sein dürfte. Ein konkreter Nachweis, dass die Lieferungen an die Klägerin tatsächlich in einen Umsatzsteuerbetrug involviert sind, fehlt. Der EuGH hatte jedoch gefordert, dass die Finanzverwaltung hier einen Nachweis erbringen muss. Die Klägerin verwies auch im Verfahren darauf, dass Verdacht nicht mit Wissen gleichzusetzen ist.
Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens sollten Sie, wenn Zweifel an der Steuerehrlichkeit Ihrer Kunden oder Lieferanten aufkommen, sich entweder durch entsprechende Maßnahmen absichern oder die Geschäftsbeziehung beenden.
Thüringer FG vom 22.08.2023, 3 K 332/22
BFH, anhängiges Verfahren vom 21.10.2024, XI R 3/24
EuGH, Urteil v. 11.1.2024 C-537/22