Fortsetzung: Überwachung von digitalen Hochschulprüfungen
Hintergrund
Die Covid-19-Pandemie und der digitale Wandel haben auch die Prüfungspraxis der Hochschulen verändert: Prüfungen werden digital abgenommen. Zur Verhinderung von Täuschungsversuchen setzen die Hochschulen auf Spähsoftware.
In jüngster Vergangenheit ist der Einsatz solcher Spähsoftware von verschiedenen Verwaltungsgerichten für zulässig erachtet worden; sehen Sie hierzu unseren Blogbeitrag „Überwachung von digitalen Hochschulprüfungen“ vom 19. März 2021.
Nun geht der baden-württembergische Landesdatenschutzbeauftragte Stefan Brink gegen den Einsatz von Spähsoftware bei Online-Hochschulprüfungen vor.
Massive Eingriffe in die Freiheit von Studierenden
Um an Prüfungen von zuhause teilnehmen zu können, waren zahlreiche Studierende gezwungen, eine Spähsoftware auf ihren Rechner zu spielen. Mit der Software soll z.B. verhindert werden, dass die Prüflinge Suchmaschinen benutzen oder etwas aus der Zwischenablage in die Klausur hineinkopieren. Während des Examens mussten die Studierenden dann Kamera und Mikrofon anlassen und durften ihren Platz vor dem Rechner nicht verlassen. "Das sind massive Eingriffe in die Freiheit der Studentinnen und Studenten", sagte Brink.
Datenschützer geht gegen Spähsoftware vor
Als bundesweit erster Datenschützer geht Brink gegen den Einsatz von Spähsoftware bei Online-Prüfungen in Hochschulen vor. Brink erklärte, bei einer Reihe von Examen mit Fernaufsicht über das Internet sei an Hochschulen im Südwesten in der Zeit des Corona-Lockdowns gegen Recht und Gesetz verstoßen worden. "Dauerhafte Kontrolle von Studierenden in Prüfungssituationen durch technische Tools, die zu stark ins Private gehen, ist nicht akzeptabel", so Brink.
Um künftig Verstöße gegen Datenschutz und die IT-Sicherheit zu verhindern, hat Brink nach eigenen Angaben einen ab sofort geltenden Vorgabenkatalog erarbeitet. Hiernach soll zwar Videoaufsicht nach wie vor erlaubt sein; es soll aber ein Aufzeichnungsverbot gelten. Auch soll der Einsatz von Plattformen zur Fernaufsicht, die den Rechner des Prüflings scannen und so auch Zugang zu persönlichen Daten erhalten, zukünftig nicht mehr erlaubt sein.
Kritik auch von der Gesellschaft für Freiheitsrechte
Auch die Gesellschaft für Freiheitsrechte in Berlin hat bereits ein Gutachten vorgelegt, in dem ebenfalls auf unzulässige Eingriffe in die Rechte der Studierenden hingewiesen wird. Die Grundrechte der Studierenden seien bei der raschen Digitalisierung des Prüfungswesens unter die Räder geraten, sagte der Anwalt David Werdermann von der Gesellschaft für Freiheitsrechte. Das Gutachten soll als Grundlage möglicher Klagen fungieren. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte sucht mittlerweile nach Studierenden, die gegen die Überwachungspraxis der Hochschulen rechtlich vorgehen wollen.